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Boomerang

Boomerang

Titel: Boomerang Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Lewis
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Doch auch Bertie Ahern glaubte offensichtlich an das irische Immobilienwunder. Nachdem Morgan Kelly seinen Artikel veröffentlicht hatte, der den Zusammenbruch der irischen Banken prophezeite, beantwortete Ahern eine Frage dazu mit dem berühmten Ausspruch: »Wer als Zuschauer untätig am Spielfeldrand sitzt und stänkert, der lässt Chancen verstreichen. Warum sich Menschen, die das tun, nicht gleich einen Strick kaufen, ist mir schleierhaft.«
    Jetzt ist Ahern nur mehr einer von vielen Hinterbänklern in Armesünderhaltung mit einem von geplatzten Äderchen marmorierten Gesicht. Um seine Tage zu füllen, hat er eine Nebentätigkeit aufgenommen und schreibt eine Sportkolumne für Rupert Murdochs Sonntagsblättchen
News of the World
– so ziemlich der anrüchigste Journalistenjob der Welt. 3 Aherns Stern strahlt nicht mehr so hell wie früher. Als der Landboom in Irland vom Wunder in die Katastrophe umschlug, geschah das gleiche mit dem Ansehen einiger wichtiger Leute – und womöglich auch mit ihrem Selbstwertgefühl. Ein irischer Börsenmakler hat mir erzählt, dass sich viele der ehemaligen Banker, von denen manche zu seinen Kunden zählen, »sogar physisch verändert« haben. Er hatte gerade erlebt, wie Eugene Sheehy, der ehemalige CEO von Allied Irish Banks, in einem Restaurant von anderen Gästen in die Enge getrieben worden war. Sheehy war einst ein glatter, von sich überzeugter Mensch gewesen, dessen Autorität außer Frage stand. »Wenn du ihn heute sehen würdest«, so mein Börsenmakler-Freund, »würdest du ihm eine Tasse Tee spendieren.«
    |126| Die irische Immobilienblase unterschied sich aber in mehrerlei Hinsicht von der amerikanischen. So war sie zum Beispiel in keiner Form getarnt. Sie ging nicht mit komplexem Financial Engineering einher, das einfache Sterbliche nicht mehr durchblickten. Und sie war auch nicht so zynisch. Die wenigsten irischen Finanziers oder Immobilienunternehmer haben jetzt noch eine Zukunft. In Amerika gingen die Banken in die Knie, doch ihre Topmanager verdienten trotzdem Millionen. In Irland gingen die großen Tiere mit ihren Banken unter. Sean Fitzpatrick, ein Kind aus der Arbeiterklasse, der sich zum Bankmanager hochgearbeitet und die Anglo Irish Bank praktisch aus dem Nichts aufgebaut hatte, gilt weithin als der Architekt des irischen Unglücks. Heute ist er nicht nur bankrott, sondern kann sich in der Öffentlichkeit auch nicht mehr blicken lassen. Wer seinen Namen erwähnt, erlebt, wie total Unbeteiligte empört anprangern, wie er Millionenkredite verschleierte, die seine Bank an ihn ausreichte. Unerwähnt bleibt, was er mit dem Geld anfing: Er investierte es nämlich in Anleihen von Anglo Irish! Als die Bank pleiteging, gehörte Fitzpatrick zu den Gläubigern. Er hatte (noch im April 2008!) für fünf Millionen Euro nachrangige variabel verzinsliche Schuldtitel von Anglo Irish gekauft.
    Die Spitzenmanager aller drei Großbanken verhielten sich ähnlich: Sie kauften bis kurz vor dem Zusammenbruch Aktien ihrer eigenen Unternehmen und zahlten weiter Dividenden aus, als hätten sie so viel Geld, dass sie es auch verbrennen könnten. Praktisch alle großen Bauträger, die leichtsinnig gehandelt hatten, unterzeichneten persönliche Bürgschaften für ihre Kredite. Weit verbreitet ist die Ansicht, sie müssten irgendwo Berge von Geld versteckt haben, doch die Beweislage spricht bislang eher dagegen. Das Irish Property Council |127| hat seit dem Crash 29 Selbstmorde von Bauträgern verzeichnet – in einem Land, in dem Selbstmord oft nicht öffentlich wird und die Dunkelziffer entsprechend hoch ist. »Ich habe immer allen geraten: ›Nehmt ein bisschen Geld vom Tisch.‹ Doch die Wenigsten haben das auch getan«, sagt Dermont Desmond, ein irischer Milliardär, der Anfang der 1990er Jahre mit Software ein Vermögen verdiente, was mittlerweile als altes Geld gilt.
    Die irischen Neureichen mochten ein Schneeballsystem angestoßen haben, doch immerhin hatten sie selbst daran geglaubt – so wie eine größere Anzahl irischer Normalbürger, die für astronomische Summen Häuser kauften. Mit 87 Prozent ist die Wohneigentumsquote in Irland eine der höchsten der Welt. So etwas wie regresslose Hypotheken gibt es in Irland nicht. Wer zu viel für sein Haus gezahlt hat, kann nicht einfach der Bank den Schlüssel auf den Tisch knallen und seiner Wege gehen. Er muss persönlich für das aufgenommene Geld geradestehen. In ganz Irland können sich Menschen nicht von Verpflichtungen durch

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