Boomerang
wäre, hätten sie gesagt: ›Hey, Mann, das hast du dir verdient. Du bist in ein brennendes Haus gerannt.‹ Weil alle einen Job hatten. Und über unseren Job wussten sie nur, dass er gefährlich ist. Aber kaum |237| bahnte sich der wirtschaftliche Zusammenbruch an, fingen die Leute an, sich gegenseitig zu beäugen.«
Heute wäre es viel weniger wahrscheinlich, dass die Verstärkung, die ihm das Leben gerettet haben mag oder auch nicht, kommen würde. Als Vallejo ins Insolvenzverfahren ging, wurde die Zahl der Feuerwehrleute von 121 auf 67 reduziert, für eine Stadt mit 112 000 Einwohnern. Bei der Feuerwehr von Vallejo gehen jährlich etwa 13 000 Notrufe ein, was sehr viel ist, gemessen an der Einwohnerzahl. Wenn sich jemand durch irgendetwas außer durch einen anderen Menschen bedroht fühlt, ruft er die Feuerwehr. Die meisten dieser Anrufe sind von der Katze-im-Baum-Sorte – einfach sinnlos. (»Ich habe noch nie ein Katzenskelett in einem Baum gesehen.«) Manchmal rufen Leute an, weil sie Kopfschmerzen haben. Manchmal rufen Leute an, weil es sie an einer Stelle juckt, an der sie sich nicht kratzen können. Wir müssen jeden Anruf annehmen. (»Der beste Notruf, den ich je bekommen habe, kam von einem beinamputierten Typen, der Phantomschmerzen in den Beinen hatte.«) Um auf die vielen Notrufe reagieren zu können, verfügte die städtische Feuerwehr ehemals über acht Wachen, acht Löschfahrzeuge mit dreiköpfiger, eines mit vierköpfiger Besatzung (ausschließlich für den Einsatz bei Bränden und Notrufen bestimmt), ein Feuerlöschboot und eine Sondereinsatzgruppe für die Beseitigung von Gefahrenstoffen. Heute gibt es nur noch vier Feuerwachen, vier Löschfahrzeuge und ein Einsatzleitfahrzeug.
Für Paige Meyer ist dies besonders wichtig, weil er seit zwei Monaten Feuerwehrchef von Vallejo ist. Es kam überraschend für ihn: Er hatte sich nicht einmal für den Posten beworben. Der Stadtdirektor, Phil Batchelor, bat ihn eines Tages einfach, in sein Büro zu kommen. »Er hat mich nicht einmal gefragt, |238| ob ich den Job haben wollte«, erzählt Meyer. »Er erkundigte sich nur nach der Familie, sagte mir, dass er mir den Job gibt, und fragte, ob ich ein Problem damit habe.«
Nein, hatte er nicht. Er setzte sich hin und machte eine Liste der Dinge, die zu tun waren, um die Situation der städtischen Feuerwehr zu verbessern. Es war eine ganz neue Herausforderung für ihn: Wie konnte man Dienstleistungen anbieten, die so gut wie oder sogar besser waren als zuvor, aber nur mit der Hälfte an Personal und Ausrüstung? Wie ging man mit einer Situation um, die von einem allgemeinen Mangel bestimmt war? Er fing an, Faktoren zu berechnen, die noch nie berechnet worden waren. Die Todesursache Nummer eins bei Feuerwehrleuten waren Herzinfarkte. An zweiter Stelle folgten Unfälle mit den Löschfahrzeugen. Er leitete jetzt eine Abteilung, in der die Mitarbeiter ständig überarbeitet waren und unter Druck standen. Wenn weniger Leute die doppelte Arbeit zu bewältigen hatten, würde sich vermutlich auch die Zahl der Verletzungen verdoppeln. Er beschloss, ein speziell auf die Anforderungen zugeschnittenes Fitnesstraining einzuführen. Wenn es weniger Wachen gab und weniger Leute, die darin Dienst taten, würde sich die Zeit zwischen einem Notruf und dem Ausrücken der Mannschaft verlängern. Also musste er Möglichkeiten finden, die Abläufe zu beschleunigen. Längere Reaktionszeiten hieß, dass weniger Zeit für Fehler und Irrtümer blieb; längere Reaktionszeiten hieß auch, dass die zu löschenden Brände größer wurden. Er machte sich Gedanken darüber, wie man solche Großbrände am effizientesten bekämpfen konnte. Er fing, kurz gesagt, an, die Brandbekämpfung neu zu definieren.
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|239| Wenn Menschen Schulden anhäufen, die sie nur mit Schwierigkeiten oder sogar überhaupt nicht zurückzahlen können, sagen sie damit mehrere Dinge gleichzeitig. Sie sagen offensichtlich, dass sie mehr haben wollen, als sie sich im Moment leisten können. Sie sagen, vielleicht weniger offensichtlich, dass ihre augenblicklichen Wünsche so wichtig sind, dass es sich lohnt, künftige Probleme in Kauf zu nehmen, um sie zu befriedigen. Aber indem sie sich auf diesen Handel einlassen, setzen sie voraus, dass sie, wenn die künftigen Probleme auftauchen, schon irgendwie damit fertig werden. Das schaffen sie nicht immer. Allerdings kann man nie die Möglichkeit ausschließen, dass es ihnen gelingt. So blödsinnig eine solche
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