Boomerang
mir herüber, während ich so schnell strample, wie ich kann, um mit ihm Schritt zu halten, und lacht. »Wie zum Henker kann das sein?«
Wir haben den Strand jetzt hinter uns gelassen und fahren auf asphaltierten Straßen, wo schon dichter Verkehr herrscht. Er schwenkt nach links, quer über vier Fahrbahnen, kommt auf der anderen Straßenseite an und sagt: »Jeder wollte wissen: › |205| Was ist dein Plan? Wer sind deine Mitarbeiter?‹ Ich hatte keinen Plan. Ich hatte keine Mitarbeiter. Ich hatte nicht kandidiert, bis ich bei Jay Leno im Studio saß.«
Was er, ebenso wie seine engsten Mitarbeiter, über die sieben Jahre denkt, in denen er versucht hatte, den Staat Kalifornien zu regieren, lässt sich wie folgt zusammenfassen. Er kam zufällig an die Macht, hatte aber durchaus eine Vorstellung, was er tun wollte. Im tiefsten Innern war er der Meinung, dass die Regierung, statt Probleme zu lösen, inzwischen selbst zum Problem geworden war: eine Institution, die weniger zum Wohl der Bürger als zu dem der Politiker und anderer öffentlicher Bediensteter fungierte. Er verhielt sich im Wesentlichen so, wie sich der ideale Politiker in der Vorstellung der Amerikaner verhalten sollte: Er traf mutige Entscheidungen, ohne nach der Wählergunst zu schielen; er ließ sich nicht bestechen; er behandelte seine politischen Gegner fair; er war bereit, Fehler einzugestehen und aus ihnen zu lernen, und so weiter. Er stellte den seltenen Fall eines gewählten Volksvertreters dar, der, nicht zu Unrecht, glaubte, dass er nichts zu verlieren hatte, und sich entsprechend verhielt. Wenn er eine Gelegenheit sah, ein Ziel zu verfolgen, das seinen politischen Eigeninteressen zuwiderlief, packte er sie im Allgemeinen beim Schopf. »Wie oft haben wir gesagt: ›Das kannst du nicht machen‹«, erzählt seine Stabschefin Susan Kennedy, eine altgediente Demokratin, deren Berufung zu den Dingen gehörte, die ein republikanischer Gouverneur eigentlich nicht tut. »Er hat immer gesagt: ›Das ist mir egal‹, und in 90 Prozent aller Fälle war es richtig.«
Mitte 2005, knapp zwei Jahre nach seinem Antritt des Gouverneurspostens, tat er alles nur Erdenkliche, um jeden einzelnen Abgeordneten zu überreden, zum langfristigen Wohl |206| aller gegen die kurzfristigen Wünsche seiner Wähler zu votieren. »Es gab schockierende Momente für mich«, sagt er. Nachdem wir ein Verbotsschild für Radfahrer passiert haben, rasen wir jetzt über eine Kreuzung nach der anderen. Unwillkürlich geht mir der Gedanke durch den Kopf, dass wir ununterbrochen gegen das Gesetz verstoßen, sei es, indem wir in der falschen Richtung durch eine Einbahnstraße fahren, oder indem wir Stoppschilder ignorieren. »Wenn du eine Rentenreform für Gefängniswärter durchsetzen willst«, fährt er fort, »und plötzlich alle Republikaner wie ein Mann gegen dich sind. Es war wirklich unglaublich, und es ist immer wieder passiert. Die Leute haben zu mir gesagt: ›Ja, das ist die beste Lösung! Ich würde liebend gern zustimmen! Aber wenn ich zustimme, ist irgendeine Interessengruppe sauer auf mich, also tue ich es nicht.‹ Ich fand es unglaublich, dass die Leute tatsächlich so etwas sagen konnten. Da sterben Soldaten im Irak und in Afghanistan, und sie wollten ihre politischen Posten nicht dadurch riskieren, dass sie das Richtige taten.«
Als er sein Amt angetreten hatte, war er von einem grenzenlosen Glauben an das amerikanische Volk erfüllt – immerhin hatten sie ihn ja gewählt – und stellte sich vor, dass er sich immer direkt an die Bürger würde wenden können. Das war seine Trumpfkarte, und er spielte sie aus. Im November 2005 rief er zu einer Volksabstimmung auf, die über vier Reformvorschläge entscheiden sollte: Kürzungen im Haushaltsbudget, eine Neuregelung der Wahlbezirksgrenzen, eine Begrenzung der Wahlausgaben der Gewerkschaft für öffentliche Angestellte, eine Verlängerung der Beamtenanwartschaft für Lehrer an öffentlichen Schulen. Alle vier Reformvorschläge standen in direktem oder indirektem Bezug zur zunehmenden Finanzmisere des Bundesstaates. Alle vier wurden abgeschmettert: |207| Sie erhielten nicht einmal annähernd die benötigte Zahl von Stimmen. Von diesem Moment bis zu seinem Ausscheiden aus dem Amt waren ihm nun praktisch die Hände gebunden: Die Abgeordneten wussten jetzt, dass die Leute, die sie gewählt hatten, damit sie sich genau so verhielten, wie sie sich verhielten, ihnen nicht in den Rücken fallen würden, wenn sie direkt
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