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Boomerang

Boomerang

Titel: Boomerang Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Lewis
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angesprochen wurden. Die Bürger von Kalifornien mochten verantwortungslos sein, aber immerhin war Verlass auf sie.
    In dem faszinierenden Buch
California Crackup
wird das Problem in einem allgemeineren Zusammenhang beschrieben. Die Autoren Joe Mathews und Mark Paul, Journalisten und Mitarbeiter einer parteiunabhängigen Denkfabrik, erklären unter anderem, warum Arnold Schwarzeneggers Erfahrungen als Gouverneur sich von allen anderen Erfahrungen, die er im Leben gemacht hatte, unterscheiden sollten: Er konnte nicht gewinnen. Die kalifornischen Wahlkreise waren nicht zufällig nach parteipolitischen Gesichtspunkten eingeteilt. Hier wurden überzeugte Parteimitglieder ins Abgeordnetenhaus gewählt, und dann mussten sie eine Zweidrittelmehrheit erreichen, um eine neue Steuer einführen oder über größere Haushaltsausgaben entscheiden zu können. Selbst wenn sie es gegen alle Erwartungen halbwegs schafften, auf einen gemeinsamen Nenner zu kommen, konnten die Wähler ihnen per Volksabstimmung immer noch den Boden unter den Füßen wegziehen. Nimmt man dann noch die Beschränkungen der Abgeordnetenmandate auf zwei Wahlperioden hinzu – kein Abgeordneter ist heute lange genug im Amt, um die Regierungsgeschäfte ganz zu durchschauen –, hat man das beste Rezept, um die größtmögliche Unzufriedenheit mit den gewählten Volksvertretern hervorzurufen. Politiker werden gewählt, |208| damit sie etwas tun, werden aber vom System daran gehindert, es zu tun, was dazu führt, dass die Bürger noch unzufriedener mit ihnen sind. »Der Teufelskreis der Wählerunzufriedenheit«, wie Mark Paul es ausdrückt. Das kalifornische Regierungssystem sorgte durch seine Beschaffenheit vor allem für die größtmögliche Wahrscheinlichkeit, dass die Wähler die Menschen, denen sie ihre Stimme gaben, auch weiterhin verachteten.
    Wenn man aber einmal genauer hinschaut und an der Oberfläche kratzt, fügt er hinzu, erweist sich das System hervorragend darin, den Kaliforniern zu geben, was sie haben wollen. »Alle Wählerumfragen zeigen«, erklärt Paul, »dass die Leute öffentliche Dienstleistungen in Anspruch nehmen möchten, ohne dafür bezahlen zu müssen. Und genau das haben sie jetzt bekommen.« So unzufrieden die Kalifornier auch mit ihrer Regierung sein mochten, teilten sie mit ihr doch einen wesentlichen Charakterzug: eine regelrechte Gier nach Schulden. Jeder Kalifornier hatte 2011 im Durchschnitt 78   000 Dollar Schulden, denen ein Jahreseinkommen von 43   000 Dollar gegenüberstand. Dieser Zustand war auf Dauer nicht haltbar, aber für die Bürger funktioniert die Sache auf ihre Weise hervorragend. Für ihre Vertreter funktioniert sie selbst auf kurze Sicht nicht ganz so gut. Sie werden von großen Hoffnungen in ihr Amt getragen, müssen aber sehr bald feststellen, dass sie nichts tun können, um diese Hoffnungen zu rechtfertigen.
    In Pauls Augen war Arnold Schwarzenegger das bisher beste Beispiel zur Überprüfung der Annahme, das Problem der kalifornischen Politik sei personeller Natur; alles, was das System brauche, um wieder in die richtige Spur zu kommen, sei eine unabhängig denkende Person an der Spitze, die bereit war, sich über politische Rangeleien hinwegzusetzen und den |209| Willen des Volkes auszuführen. »Das Volksbegehren bedeutete im Grunde einen Weg, den Bürgern zu sagen, ein neuer Gouverneur – jemand anders – könne das Problem lösen«, erklärt Paul. »Er hat versucht, die Krise im öffentlichen Dienstleistungssektor mit jedem ihm zur Verfügung stehenden Mittel in den Griff zu bekommen. Er hat versucht, wie ein Republikaner zu handeln. Er hat versucht, wie ein Demokrat zu handeln. Er hat versucht, sich bei den Abgeordneten lieb Kind zu machen. Als das nichts half, hat er sie als Weicheier beschimpft. Als das immer noch nichts half, hat er sich ans Volk gewandt. Und das Volk hat gegen ihn gestimmt.«
    Das Experiment war kein vollkommener Fehlschlag. Arnold Schwarzenegger konnte als Gouverneur einige wichtige Erfolge verzeichnen – berufsgenossenschaftliche Reformen, Verbesserung des öffentlichen Grundschulsystems und am Ende sogar eine Neueinteilung der Wahlbezirke durch ein unabhängiges Komitee statt wie bisher durch das Abgeordnetenhaus. Aber in den meisten Angelegenheiten und buchstäblich in allen Fragen, bei denen es darum ging, wie die Regierung zu Geld kommen und wie sie es ausgeben sollte, war er der Verlierer. Seine erste Amtszeit hatte Schwarzenegger mit dem Vorsatz angetreten, die Ausgaben

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