Borderlands
der
Stadt rosa färbten, stand ich draußen im letzten Licht der Straßenlaternen. Der
Regen ließ allmählich nach. Nach der Hitze in der Wache fühlte er sich
erfrischend auf meinem Gesicht an, und ich wäre am liebsten am Fluss entlang zu
der Stelle spaziert, wo man eine Woche zuvor Angelas Leiche abgeladen hatte. Doch
mir war klar, dass es bereits dämmerte und die Kinder bald aufstehen und nach
ihren Geschenken suchen würden.
Als ich in die Einfahrt bog, brannte im
Wohnzimmer Licht und ich dachte, dass ich den ersten Weihnachtsmorgen meines
Sohnes und Pennys Gesicht beim Öffnen der Geschenke verpasst hatte.
Ich lief ins Haus und hätte beinahe nicht
einmal die Haustür hinter mir geschlossen. Debbie stand im Wohnzimmer, Penny spähte vom
oberen Treppenabsatz herab.
»Was ist
los?«, fragte ich.
»Ich hab den
Kindern gesagt, ich muss zuerst nachsehen, ob der Weihnachtsmann schon da war.
Jetzt, wo er da war, können wir sie runterholen.« Man sah ihr die Enttäuschung
an. Ich wollte ihr danken, brachte aber nur unzusammenhängendes Gestammel
hervor. »Wir warten, bis die Kinder mit ihrem Spielzeug beschäftigt sind, dann
reden wir«, sagte sie. »Das ist ihr Tag – verdirb ihnen den nicht.«
Und so
beschäftigte ich mich eine Stunde lang nicht mit mir selbst, sondern spielte
mit meinen Kindern und meiner Frau, und ich erinnerte mich an die
Weihnachtsfeste meiner Kindheit und sehnte mich zurück nach deren Zauber.
Am
Frühstückstisch, während die Kinder spielten, erzählte ich Debbie dann alles:
von der Festnahme, dem Biss und meinem Übergriff auf McKelvey; dass ich
Williams beinahe mit der Faust geschlagen hätte; von dem Vorfall mit Miriam im
Auto, von McKelveys Tod, und dass Costello mich nach Hause geschickt hatte.
Während ich sprach, verspürte ich die vertraute kathartische Wirkung einer
Beichte und fühlte mich ein wenig besser – auch wenn mir bewusst war, dass
Versöhnung nicht nur ein Eingeständnis der Schuld, sondern darüber hinaus Buße
und Wiedergutmachung erfordert.
Debbie hörte
mir schweigend zu. Als ich von meiner Begegnung mit Miriam Powell berichtete,
rückte sie vom Tisch ab, nicht jedoch, als ich ihr von meinem Übergriff auf
McKelvey erzählte, nicht einmal, als ich ihr gestand, dass ich dabei instinktiv
ein prickelndes Gefühl verspürt hatte. Als ich fertig war, starrte sie eine
Weile auf ihre Hände, dann stand sie auf und schaltete den Wasserkessel an.
»Ich mache uns
noch mal Tee«, sagte sie, als ich auf meinem Stuhl herumfuhr und sie beim
Werkeln in der Küche beobachtete.
»Was denkst
du?«, fragte ich. Ich brauchte eine Reaktion von ihr, fürchtete ihre Antwort
aber zugleich.
»Du bist ein
verdammter Mistkerl, das steht fest. Ich kann es nicht fassen, dass du Miriam
Powell geküsst hast. Jede andere, aber doch nicht diese … Nutte!« Sie nahm die
Teekanne, stellte sie dann wieder ab und wandte sich mir zu, wobei sie sich an
den Herd lehnte. »Hast du das denn nicht kommen sehen? Bist du völlig blind?
Seid ihr Männer denn alle so? Ich meine, um Himmels willen, Ben, hätten die
Signale noch deutlicher sein können?«
»Es tut mir
leid, Debs«, sagte ich und widerstand dem Drang, mich damit zu entschuldigen,
dass Miriam angefangen hatte.
»Das weiß ich,
Ben. Aber das macht es nicht unbedingt wieder gut.«
»Ich weiß.«
»O Gott, ich
bin so wütend auf dich. Ausgerechnet Miriam Powell! Ich warne dich, Ben – halt
die Frau von mir fern, sonst hast du noch einen Mordfall am Hals, das schwöre
ich dir.«
Ich sagte
nichts mehr, und schließlich setzte sie sich wieder neben mich und schenkte uns
heißen Tee nach.
»Du wirst mit
Costello reden müssen. Sag ihm die Wahrheit.« Ich benötigte einen Augenblick,
bis ich begriff, dass wir nicht mehr über Miriam Powell sprachen. »Vielleicht
hättest du ihn nicht treten sollen, aber du bist auch nur ein Mensch – es hätte
mich gewundert, wenn du nicht irgendwie reagiert hättest. Aber du musst mit
Costello sprechen, womöglich denkt er, du bist tiefer darin verwickelt. Holmes
wird es ihm sowieso sagen. Das weißt du.«
»Vielleicht
auch nicht«, wandte ich lahm ein.
»Ach, komm
schon. Ein Streifenpolizist, der gerade erst anfängt? Und der soll seinen Kopf
für einen Inspector hinhalten? Der verpfeift dich doch bei der erstbesten
Gelegenheit, um die eigene Haut zu retten.«
»Aber deswegen
muss ich ihn ja nicht verpfeifen.«
»Das hab ich
auch nicht gesagt. Ich hab gesagt, du sollst Costello erzählen, was du
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