Borderlands
Jeans und ein weißes Männerhemd,
bei dem am Hals so viele Knöpfe offenstanden, dass man die Röte unten am Hals
und die Wölbung ihrer gebräunten Brust sehen konnte. Sie schien sich meines
Blicks bewusst zu sein, denn als sie nun sprach, betastete sie den Hemdkragen
und strich mit dem Zeigefinger übers Schlüsselbein.
»Ich wollte
mich für mein Benehmen bei dir zu Hause neulich entschuldigen«, sagte sie und
lächelte mich mädchenhaft an.
»Ich muss mich
ebenfalls entschuldigen, Miriam, für den Vorfall im Auto.«
Sie machte
eine wegwerfende Handbewegung, als wollte sie meine Worte fortwedeln. »Das
brauchst du nicht, Ben. Stell dir einfach vor, zwei Freunde haben ihre alte
Bekanntschaft erneuert.«
»Du wolltest
mit mir über deinen Schwiegervater reden?«, unterbrach ich, denn die Richtung,
die unser Gespräch nahm, wurde mir ungemütlich.
»Er hat vorletzte
Nacht wieder jemanden gesehen«, sagte sie.
»In seinem
Zimmer?«, fragte ich nach.
»Nicht direkt.
Draußen. Er sagt, er hätte Schatten vor seinem Fenster gesehen, jemanden, der
versucht hat, durch den Schlitz zwischen den Vorhängen zu spähen.«
Ich erinnerte
mich an unser eigenes Erlebnis einige Nächte zuvor. Konnten die beiden Vorfälle
zusammenhängen? »Ein Gesicht konnte er nicht erkennen?«, fragte ich.
»Nein«,
antwortete Miriam. »Ich dachte bloß, es könnte wichtig sein.«
»Du hättest
mich einfach anrufen können, Miriam«, erklärte ich und stand auf.
»Ich weiß, du
bist sauer auf mich«, sagte sie rasch. »Ich weiß, du hasst mich für das, was
ich dir angetan habe. Mit Thomas.«
»Ich hasse
dich nicht, Miriam«, entgegnete ich.
»Doch. Und du
hast recht. Es war abscheulich von mir. Aber ich habe dafür bezahlt. Mein
toller Ehemann. Er kandidiert bei den nächsten Wahlen. Das wird das erste Mal
seit Jahren sein, dass er neben mir steht. Seine Kellnerinnen und
Krankenschwestern, die machen’s ihm. Er findet, ich bin verdorrt. Altes Eisen,
sagt er.« Die Worte sprudelten ohne Punkt und Komma hervor, als wüsste Miriam
irgendwie, wenn sie jetzt innehielte, würde sie nie wieder Gelegenheit
erhalten, ihr Herz auszuschütten. Oder vielleicht hatte sie auch nur gerne ein
Publikum. »Gehöre ich zum alten Eisen, Ben?«
»Ich muss
jetzt gehen, Miriam«, sagte ich und ging zur Tür.
»Früher warst
du ein richtiger Mann, Ben. Ich weiß es noch. Ich weiß noch, wie du mich
berührt hast. Du warst so erregt, dass du dich nicht beherrschen konntest. Ich
weiß das noch. Du auch. Ich weiß, du findest mich attraktiv. Debbie ist
bestimmt eine großartige Mutter, aber würde sie tun, was ich tue? Weißt du
noch, du und ich da unten am Wasserwerk? Du und ich, wir haben noch was zu
erledigen, Ben. Tun wir’s doch«, sagte sie neckisch. Sie kam auf mich zu und
schwankte dabei ein wenig hin und her, den Kopf leicht gesenkt, sodass sie mich
durch ihren Pony hindurch ansah. »Keiner braucht das je zu erfahren«, sagte
sie. »Nur ein bisschen harmloser Spaß.«
Sie stand nun
ganz dicht vor mir, und ich spürte die Hitze, die ihr Körper ausstrahlte. Von
ihrer Haut schien noch etwas anderes auszugehen: Ich roch wieder den exotischen
Kokosnussduft und schmeckte erneut ihren Mund, kalt und intensiv. Ich wollte
noch einmal das sanfte Zupfen ihrer Lippen spüren. Sie legte mir eine Hand auf
die Brust, eine Fingerspitze fand zwischen den Knöpfen hindurch und rieb über
die Haare auf meiner Brust. Sie fuhr mit dem Finger über meine Haut, und aus
meinem tiefsten Inneren begann etwas in mir aufzusteigen. Ihr Mund lächelte
mich an, doch ihre Augen blickten ein wenig diffus, als wäre sie nicht wirklich
da, und in der Leere ihrer Augen erblickte ich meine Kinder und meine Frau. Ich
spürte wieder Debs Nacken und ihr weiches Haar. Ich nahm Miriams Hand von
meiner Brust, dann trat ich zurück. Ihr Lächeln verrutschte, als könnte sie
nicht begreifen, was da geschah. Als ich rückwärts zur Tür ging, schwand es
vollständig.
»Auf
Wiedersehen, Miriam«, sagte ich. »Ich will nach Hause zu meiner Familie. Es tut
mir leid, wenn ich den Eindruck erweckt habe, dass da etwas zwischen uns wäre.«
Im Licht der
Wintersonnenstrahlen, die in den Flur fielen, setzte sie eine trotzige Miene
auf. »Raus hier, du jämmerlicher Scheißkerl!«, fauchte sie. »Mal sehen, ob deine
Frau für dich auf dem Rücksitz die Hure spielen mag.«
Als ich mich
zur Tür wandte, stand ich plötzlich Thomas Powell gegenüber, der sein
strahlendstes Politikerlächeln
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