Borderline ein Narco-Thriller
Lexus. Genervt von dem von draußen hereindröhnenden Lärm der permanent über seinem Kopf startenden und landenden Flieger. Und vor allem genervt davon, dass er seit einer Stunde tatenlos in seinem Auto sitzt, und durch den Rückspiegel die Einfahrt der Coast Guard-Zentrale im Auge behält.
Weil. Er. Kindermädchen. Spielen. Muss.
Wütend bläst er den Rauch gegen die Windschutzscheibe, fährt dann trotz des Krachs das Seitenfenster ein Stück hinunter, um wenigstens etwas frische Luft hereinzulassen. Gelangweilt starrt er auf den vorbeifließenden Verkehr und schnippt den Zigarettenstummel aus dem Fenster. Sein Blick schweift über den hohen Zaun und die Bürogebäude und Hangars der Küstenwache dahinter.
Wenn ihr wüsstet
, denkt er verächtlich, zupft mit den Fingern ein hängengebliebenes Stückchen Tabak von den Lippen und lehnt den Kopf zurück. Er stellt sich auf einen langen Tag ein, sucht verdrossen einen passenden Musiksender und bleibt schließlich bei
Latino FM
hängen. Gerade will er sich erneut eine Zigarette anzünden, als er Claire in Begleitung eines Mannes über den Parkplatz schlendern sieht. Mit einem Ruck richtet sich Pablo auf, greift nach der Kamera. Durch das Teleobjektiv zoomt er an das in ein Gespräch vertieftes Paar heran. Den Mann an Claires Seite schätzt er auf Mitte vierzig. Untersetzte Statur, salopp in Polo und Jeans gekleidet, dazu Sneakers.
Pablo drückt den Auslöser, schießt eine Reihe Fotos von den beiden und dem Wagen, in den der Mann gerade steigt. Keine Umarmung, kein Kuss.
Wird Diego freuen
, denkt Pablo spöttisch. Er beobachtet den Mann dabei, wie er das Auto startet und losfährt. Claire bleibt einen Moment regungslos stehen, dreht sich dann um und geht zurück ins Gebäude.
Unschlüssig überlegt Pablo, was er tun soll. Wie beauftragt weiter den ganzen Tag rumstehen und warten, bis Madame Feierabend macht? Oder dem Fremden folgen? Er entschließt sich für die zweite Möglichkeit, lässt den Motor an und rollt aus der Parkbucht. Ein paar Autos hinter dem Ford fädelt er sich in den Verkehr ein und folgt ihm in geruhsamen Tempo in Richtung Norden.
Zwanzig Minuten später beobachtet Pablo, wie sein Zielobjekt auf das Gelände der DEA-Zentrale abbiegt und nach kurzem Stopp die Einlasskontrolle passiert. Ihm scheint, dass er die richtige Entscheidung getroffen hat. Zufrieden wendet er und fährt zurück zum Hafen. Dabei überlegt er schmunzelnd, wie wohl Diego auf die Neuigkeit reagieren wird.
Und was wohl der Colonel dazu sagen würde …
* * *
Um Punkt fünf schaltet Claire den Computer aus, spült ihren Kaffeebecher in der Teeküche aus und verschwindet aus dem Büro. Beim Hinausgehen ist sie sorgsam darauf bedacht, Doug nicht in die Arme zu laufen.
Was für ein Tag. Nach dem Meeting vom Morgen hat ihr Chef sie beiseite genommen und erklärt, dass die Zusammenarbeit mit Jack auf DEA-Seite und Kollegen von Border Patrol und Heimatschutz von nun an absolute Priorität haben. Was sich für sie nach nichts anderem anhörte als haufenweise neue Dokumentenstapel, nicht enden wollende Konferenzen und Meetings. Genug, um sie gar nicht mehr aus dem Büro herauszulassen. Die Patrouillenfahrten vor der Küste kann sie sich also abschminken. Und das wohl für Wochen oder Monate.
Warum macht sie überhaupt diesen Job?
Aber sie ist selbst schuld. Hat sie doch auf Dougs Ankündigung hin bloß genickt und ist davongeeilt, anstatt ihre
tatsächliche
Meinung dazu loszuwerden. Noch immer wütend steigt sie in ihren Chrysler und prescht mit dem betagten Auto vom Gelände. Den hinter ihr auf die Straße einscherenden Lexus bemerkt sie nicht.
So rasch es der einsetzenden Feierabendverkehr zulässt, fährt sie über den Midway Drive zum Mission Beach. Dort parkt sie den Chrysler in einer Seitenstraße, kramt von der Rückbank ihre Reeboks und Laufshorts. Auf dem Sitz hin und her rutschend, zwängt sie sich in die Klamotten, hüpft aus dem Wagen und joggt erleichtert los in Richtung Strand.
Einige Autos dahinter steigt Pablo aus dem Wagen und sieht der über die Straße davonlaufenden Claire stumm nach.
* * *
Ihre Lungen brennen, und der Puls hämmert im Stakkato gegen ihre Schläfen, trotzdem läuft sie stoisch an der Wasserlinie entlang. Angesichts des missratenen Arbeitstags hat sie ihre Route um fünf zusätzliche Kilometer ausgedehnt, ist wie besessen bis zum Ende des Strands durch den tiefen Sand gerannt und dort erst wieder zum Mission Beach Park
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