Bordeuax
Schwäche habe ich
zugelassen, dass sie mir das einzige wirklich Gute in meinem Leben weggenommen
hat«, fuhr Francis fort. »Das habe ich nie verwunden. Lass dir nicht auch deine
Chancen im Leben entgehen, so wie ich.« Es klang traurig.
»Ich kenne keine, die mich heiraten
will«, sagte ich.
»Eigentlich bist du doch ein kluger
Mensch, Wilberforce«, sagte Francis mit kräftigerer Stimme. »Und mittlerweile
kennst du dich gut mit Wein aus, wie ich dir schon gesagt habe. Aber in anderer
Hinsicht bist du wirklich erstaunlich schwer von Begriff.«
Ich sah ihn an, erwiderte aber
nichts.
»Ich habe dir neulich schon mal
gesagt, dass du noch vor Ende des Jahres verheiratet bist, und auch, dass du
die Frau, die du heiraten wirst, längst kennst.«
»Ich habe dich damals nicht
verstanden, und jetzt verstehe ich dich auch nicht.«
Francis stellte sein Glas so heftig
auf der Kiste neben sich ab, dass der Wein überschwappte. Campbell hob eine
Pfote und schaute zu seinem Herrn auf, falls seine Hilfe benötigt wurde.
»Jetzt sieh dir an, was du
angerichtet hast. Sei nicht so begriffsstutzig! Catherine natürlich. Wen
könnte ich wohl sonst gemeint haben?«
»Catherine heiratet doch Ed
Simmonds.«
»Klar, so wird es kommen - wenn du
fauler Sack nicht deinen Hintern hochkriegst und was dagegen unternimmst! Ich
dachte, ich hätte oft genug mit dem Zaunpfahl gewinkt!« Francis war jetzt in
Schwung, regelrecht wütend.
»Aber ...«
»Nichts aber! Gieß mir noch etwas
Wein ein.«
Ich schenkte ihm so viel nach, wie
er verschüttet hatte. » Catherine und Ed, das ist eine arrangierte Ehe. Das
haben Robin Plender und der alte Simon Hartlepool schon Vorjahren bei einem Glas Portwein zwischen sich ausgemacht, und
Helen Plender hat sie dabei unterstützt. Ed tut immer brav, was man von ihm
verlangt, und Ed würde sich mit jeder Frau zufriedengeben, einer wie der
anderen, Hauptsache, sie ist hübsch, und das ist Catherine, und sie ist
unterhaltsam, und das ist Catherine auch. Ed heiratet jede, die in diese
Schublade passt und die mehr oder weniger tut, was man ihr sagt.«
»Und warum sollte sich Catherine
diesem Arrangement nicht fügen?«
»Weil sie nicht mit Ed Simmonds
verheiratet sein will. Er wird sie genauso behandeln, wie sein Vater seine
Mutter behandelt hat. Simon hat seine Frau in Hartlepool Hall gefangen
gehalten, damit sie sich um die Kinder kümmert. Er hat sich dagegen eine
Freundin in London zugelegt und noch eine in Paris, und den Rest der Zeit ist
er zwischen Pferderennen und Moorhuhnjagd hin- und hergependelt. So hat es die
Familie immer gehalten, und das weiß Catherine so gut wie ich. Ein halbes Jahr
herrscht eitel Sonnenschein, dann wird Ed sagen: >Ich muss unbedingt nach
London zu unseren Vermögensverwaltern< oder sich irgendeine andere faule
Ausrede ausdenken, und das ist der Anfang vom Ende. Nur dass Catherine nie
eine Scheidung einreichen wird, so ist sie eben.«
Eine Zeit lang schwiegen wie vor uns
hin. Ich goss mir noch etwas Wein nach.
»Was kümmert dich Catherine?«,
fragte ich ihn. »Sie könnte dir doch egal sein.«
»Ich kenne sie, seit sie ein kleines
Kind war. Ich mag sie sehr gerne.«
»Wie kommst du bloß darauf, dass sie
mich je heiraten will?«
»Mir wird langsam kalt hier unten«,
sagte Francis. »Nimm meinen Arm. Mal sehen, ob wir es die Treppe hoch
schaffen.«
Wir schafften es die Treppe hoch,
dann schlossen wir den Laden ab. Mit einiger Mühe und sich an meinem Arm
festhaltend gelang es Francis, über die Pflastersteine im Hof zu schlurfen, bis
zu seiner Wohnung, wo er sich mit einem Seufzer der Erleichterung in einen
Lehnsessel fallen ließ. Als ich mir sicher sein konnte, dass er es bequem
hatte, setzte ich mich ihm gegenüber. Campbell sprang auf seinen Schoß.
Ich wiederholte meine Frage. »Warum
sollte Catherine den Wunsch haben, mich zu heiraten?«
»In erster Linie, weil sie neugierig
auf dich ist. Du bist anders als die Leute, die sie sonst kennt. Ich glaube,
sie fühlt sich zu dir hingezogen.«
»Und das soll ein Grund sein,
jemanden zu heiraten?«
»Grund genug. Aber du stellst die
falsche Frage.«
»Oh, entschuldige. Und wie lautet
die richtige Frage?«
Nachdem er eine Weile geschwiegen
hatte, sagte Francis: »Auf dem Küchentisch liegt der Daily Telegraph. Bring ihn mal her.«
Ich holte die Zeitung und gab sie
Francis, ohne einen Blick auf sie zu werfen. Er nahm sie, schlug sie auf und
knickte sie auf der gesuchten Seite um.
»Die richtige Frage ist:
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