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Bordsteinkönig: Meine wilde Jugend auf St. Pauli (German Edition)

Bordsteinkönig: Meine wilde Jugend auf St. Pauli (German Edition)

Titel: Bordsteinkönig: Meine wilde Jugend auf St. Pauli (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulf Meyer zu Kueingdorf , Michel Ruge
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falschen Waffe abzuziehen. Aber ich konnte nicht mehr zurück. Dann hätte ich wie eine Lachnummer dagestanden und St. Pauli gleich morgen verlassen müssen. Mit meiner verdammten Angeberei hatte ich mich ganz schön in die Scheiße geritten. Typisch!
    Wir verabredeten uns für 18 Uhr. Boris hatte schon den Führerschein. Er hatte sich den Firmen-Kombi von seinem Vater geliehen. Ich war nervös. Mir war übel. Mein Puls ratterte auf Hochtouren.
    »Aller, geile Nummer«, rief Fritz übermütig. »Das hätte ich wirklich nicht von dir gedacht, Aller. Respekt, Michel!«
    Ich bemühte mich, einen abgeklärten Eindruck zu machen. So wie ich es in Filmen oft genug gesehen hatte.
    »Hier, nimm die Brille, Aller!« Boris gab mir seine Ray Ban.
    »Aller, das langt nich. Der kennt mich doch. Hassu nich ’ne Maske oder so?«
    »Nee, hab ich nich. Lass uns zu ’ner Tanke fahren. Da besorg ich dir ’ne Tüte. Die kannst du dir übern Dötz ziehen. Hab ich schon mal in ’nem Filmen gesehen, Aller.«
    Eine Tüte war zwar kein Bekleidungsstück für einen werdenden Gangster wie mich – aber gut. Gesagt, getan. Wir fuhren zur nächsten Tankstelle. Fritz besorgte Cola und Chips (als würden wir ins Kino gehen) und ließ sich eine Papiertüte geben. Durchs Fenster beobachtete ich Fritz an der Kasse. Alles schien in Zeitlupe vor meinem inneren Auge abzulaufen. Quälend langsam. Ich wünschte mir, die Zeit anhalten zu können. Was war ich nur für ein Idiot! Wie ein langsam im Sumpf Versinkender, der mit letzter Kraft nach einem Ast greift, der ihm doch noch das Leben retten kann, klammerte ich mich an den Türgriff.
    Fritz stieg wieder ein, warf die Chips zu mir nach hinten auf den Rücksitz.
    »Na, Aller. Schiss?«
    »Nö«, entgegnete ich ihm rotzig. »Ich konzentrier mich bloß.«
    »Du musst ihm ja nur das Ding an den Kopf halten. Wenn er nicht pariert, dann haust du halt ab«, kommentierte Boris.
    HAHAHA! Boris und Fritz lachten. Ich aber schluckte nur. Während wir durch die Straßen von St. Pauli fuhren, rutschte ich immer tiefer in eine Art Trancezustand. Ich flüchtete, verließ das Hier und Jetzt. Morgen lache ich über den ganzen Blödsinn. Hoffentlich!
    »Hier, Aller!« Fritz reichte mir die Tüte. »Zieh das Ding über.«
    Ich riss zwei Löcher für die Augen rein, eins, um atmen zu können. Dann steckte ich den Kopf rein und zog die Sonnenbrille auf.
    »Yo, Aller! Aller, siehssu gefährlich aus. Der wird sich bepissen vor Angst.« Wieder lachten die beiden. Ich zog die Tüte wieder runter. Wir fuhren am Budapester Hof vorbei, ich musste an meine Oma denken, dann bogen wir in die Straße ein, wo der Klempner wohnte. Alles wirkte so friedlich. Noch einmal schoss es mir durch den Kopf, dass er vielleicht gar nicht zu Hause war, dass ich klingelte und niemand aufmachte. Ich rief mich selbst zur Ordnung. Das ist ein Abenteuer, jetzt kannst du zeigen, wer du bist, Michel! Plötzlich strömte Adrenalin durch meinen Körper. Ich war bereit.
    »Yo, da isses«, sagte ich.
    Boris und Fritz sahen stumm in Richtung des Hauses, auf das ich deutete. Ich packte die Brille und die Magnum in die Tüte und machte die Tür auf.
    Zum Abschied sagte Fritz: »Wenn er dich überwältigt, Aller! Dann lass dir wenigstens schön saftig die Rosette versilbern.«
    Ich lachte. War schließlich lustig, der Spruch. Ich ging zum Haus, suchte mir eine Klingel aus und drückte.
    »Hallo?« Eine Frauenstimme meldete sich. »Muss hier Werbung austragen.«
    Der Öffner summte, die Tür ging auf. Ich ging in den Hauseingang, wartete fünf Minuten, um sicherzugehen, dass von oben niemand hinunterschaute, der wissen wollte, wer da ins Haus gekommen war. Ich atmete tief durch und stieg langsam die Treppen hinauf. Es dämmerte bereits. Der Flur lag in einem diesigen Grau. Zwischen der zweiten und dritten Etage wurde mir schwindelig. Ich atmete wieder tief durch, schnappte nach Luft. Ein tiefes Gefühl der Einsamkeit überfiel mich. »Die Jungs sitzen im Auto, und du musst hier beweisen, was für ein knallharter Gangster du bist. Großartig!« Ich ging an der Wohnung des Klempners vorbei, schielte im Vorbeigehen ängstlich auf die Tür und ging bis zur nächsten halben Etage. Dann zog ich mir die Tüte über den Kopf, die mich schlagartig in einen Verbrecher verwandelte, setzte die Sonnenbrille auf und nahm die Magnum in die Hand. Die Sonnenbrille ließ nun endgültig alles dunkel werden um mich herum, was mir gelegen kam. Ich sah die Treppe nur noch

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