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Bordsteinkönig: Meine wilde Jugend auf St. Pauli (German Edition)

Bordsteinkönig: Meine wilde Jugend auf St. Pauli (German Edition)

Titel: Bordsteinkönig: Meine wilde Jugend auf St. Pauli (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulf Meyer zu Kueingdorf , Michel Ruge
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schemenhaft. Ich spürte meinen eigenen warmen Atem auf dem Gesicht. Mein Herz raste, meine Brust brannte. »Okay. Du ziehst das jetzt durch, klingelst, hältst ihm die Knarre vor die Brust und sackst die Ringe ein. Und schon bist du wieder weg, Michel! Ab ins Auto zu Fritz und Boris.«
    Jetzt stand ich vor der mächtigen Wohnungstür aus Holz. Sie kam mir vor wie das Tor zu einer anderen Welt. Mein Zeigefinger bewegte sich mechanisch auf die Klingel zu. »Nun gilt’s!«
    Es läutete. Ein dumpfes Bim-Bam, als wäre es sehr, sehr weit entfernt. Ich machte drei Schritte zurück, damit der Klempner nicht sofort auf mich losgehen konnte, wenn er mich sah. Seine Schritte näherten sich von der anderen Seite der Tür. Ein Krachen, das schwere Schloss öffnete sich. Die Tür ging auf. Da stand er: Klaus, der Klempner. Mit weitaufgerissenen Augen starrte er mich an. Nur das Geräusch der Luft, nach der er schnappte, war zu hören. Mich durchzuckte ein Schrecken. Ich schämte mich. Ich war mir sicher, dass Klaus der Klempner es durch die Tüte hindurch sehen konnte. Bei all der Angst hatte ich vollkommen vergessen, die Waffe auf ihn zu richten. Hektisch hob ich meinen Arm und fuchtelte vor seiner Brust mit der Pistole herum. Da stand ich nun und zielte auf einen Menschen. Und da stand der Klempner. Er musterte mich. Sekunden vergingen. Dann plötzlich schoss es aus ihm heraus: »Michel?!?!? Bist du das? Michel?!?!« Es durchfuhr mich wie ein Blitz. Hatte er wirklich meinen Namen gesagt? Panik erfasste mich. Dann wieder: »Michel?!?!«
    Scheiße, er wusste, dass ich es bin. Da stand ich: eine Knarre in der Hand, eine durchnässte Papiertüte auf dem Kopf und eine schiefe Sonnenbrille auf der Nase. Mit allem hatte ich gerechnet, einem Kampf, dass ich ihn würde niederschlagen müsse, dass er versuchen würde, sich zu wehren. Aber doch nicht damit, dass er mich fragte: Michel?!?! Wie auf einem Maskenball. Was für ein großartiger erster Überfall! Was sollte ich nun bloß tun?
    Abhauen!, schoss es mir durch den Kopf. Ich raste die Treppen runter, nahm drei, vier Stufen auf einmal. Ich flog über die Stufen. Riss mir die Tüte vom Kopf. Erwachte aus der Trance! Es war vorbei. Ich war froh, dass ich entkommen war. Fritz und Boris starrten mich mit großen Augen an. Eine Mischung aus Neugierde und Angst stand ihnen ins Gesicht geschrieben. Boris startete den Wagen, der Motor heulte auf. Fritz riss die hintere Tür auf, ich sprang auf den Rücksitz. Boris drückte aufs Gas, der Wagen schoss los.
    »Scheiße!«, schrie ich. »Der hat mich erkannt. Der hat mich erkannt.«
    »Wie, Aller? Der hat dich erkannt? Aber du hattest doch ’ne Papiertüte überm Kopp.«
    »Keine Ahnung. Der hat mich erkannt.«
    »Echt, Aller?«
    »Wenn ich’s dir doch sage.«
    Mit einem Affentempo heizten wir durch das abendliche St. Pauli nach Eppendorf. Wie spät war es? Ich hatte jedes Gefühl für die Zeit verloren. Boris stoppte den Wagen in einer Seitenstraße. Fritz starrte mich an. Sein Blick verriet, was jetzt kommen würde.
    »Das hat ja ewig gedauert. Aller, hast du mit dem gefickt?«
    »Na, gib’s schon zu«, krächzte Boris. »Du hast dich ordentlich ficken lassen. Wie war’s denn?« Boris grinste hämisch.
    Fassungslos sah ich sie an. »Habt ihr sie noch alle beisammen? Ihr Arschlöcher!«, schrie ich.
    »Hey, beruhig dich, Aller. Wir haben uns Sorgen gemacht, du warst länger als eine halbe Stunde da drin!«, sagte Fritz.
    »Was? Wie lange soll ich mit dieser dämlichen Tüte auf dem Kopf da drin gewesen sein??« Ich konnte es nicht fassen. Die ganze Aktion war mir wie ein Augenblick vorgekommen, ein schnelles Manöver, so wie ich es geplant hatte.
    »Aller«, fing Fritz wieder an, »wenn wir dich das nächste Mal nur zum Ficken fahren sollen, dann nimmst du besser ’nen Gummi statt ’ne Papiertüte mit.« Wieder lachten beide. Und auch ich konnte mich nicht mehr halten, prustete los. Ich war erleichtert, dass es vorbei war und dass nichts passiert war. Auch wenn ich mich fragte, was Klaus der Klempner wohl nun meiner Oma erzählen würde. Egal, erst einmal war ich in Sicherheit. Das war das Wichtigste.
    »Du bist also ’ne Schwuchtel?« Fritz konnte es nicht lassen, er wusste nie, wann es genug war. Mir reichte es. Ich setzte ihm die Knarre auf die Brust. »Das nächste Mal kannst du ja so ’ne Nummer abziehen. Dann wird sich zeigen, ob du das auch kannst. Ich war da drin und habe es durchgezogen!«
    »Hast ja recht. Hast ja recht,

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