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Bordsteinkönig: Meine wilde Jugend auf St. Pauli (German Edition)

Bordsteinkönig: Meine wilde Jugend auf St. Pauli (German Edition)

Titel: Bordsteinkönig: Meine wilde Jugend auf St. Pauli (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulf Meyer zu Kueingdorf , Michel Ruge
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leuchtende, lange Narbe, die sicher von einem Messer stammte. Er gab mir die Hand, Claudia küsste ihn auf die Wange.
    »Kommt mit«, sagte Hakan, »wir regeln das kurz.«
    Schnurstracks marschierten wir in das Café neben dem Top Ten. Dorthin, so hofften wir, hatte sich Yvonne mit ihren Beschützern zurückgezogen. Hakan ging voran, Claudia an seiner Seite. Ich blieb etwas zurück. Als wir das Café betraten, hatte Hakan die Typen sofort geortet. Ohne zu zögern, ging er auf sie los. Er machte keine Ansage, er ging gleich in die Vollen. Er packte sich den Anführer, zog ihn über den Tisch, verpasste ihm einen kurzen Kinnhaken. Der Typ blieb am Boden liegen. Ich konnte gar nicht so schnell gucken, wie Hakan unter den Typen aufräumte. Er hatte schon den zweiten gepackt, verpasste ihm einen Kopfstoß, dass ein Knacken aus dem Schädel des Typen kam. Dann warf Hakan ihn mit einem kräftigen Stoß in eine Gruppe von Stühlen. Nachdem er auch noch die beiden anderen mit gekonnten Tritten ausgeschaltet hatte, baute Hakan sich auf: »Jungs! Macht ihr noch einmal meine Freundin an, bin ich nicht mehr so nett. Dann fließt Blut. Alles klar?«
    »Okay, okay«, stammelte der Anführer, der sich stöhnend vom Boden erhob. »Wegen der Mädchen wollen wir uns doch nicht in die Haare kommen.« Claudia stand neben Hakan, siegessicher. Ich stand hinter den beiden und kam mir dämlich vor. Von Hakans Vorführung war ich allerdings sehr beeindruckt. So wie Hakan wollte ich auch sein.
    Nachdem Hakan wieder verschwunden war – Claudia hatte ihm sehr lange nachgeschaut, während ich einfach nur danebenstand und wartete –, sagte Claudia zu mir: »Danke, dass du bei mir geblieben bist, Michel!«
    Ich lächelte. »Danke für die Mütze!«
    Sie lächelte. »Die Mütze steht dir wirklich gut. Pass gut auf sie auf!«
    Sie gab mir einen Kuss. Wieder begannen meine Knie zu zittern. Claudia ging, und ich sah ihr sehr lange nach. Sie mochte mich. Aber sie blieb unerreichbar.

    Die ganze Aufregung und das Adrenalin hatten mich hungrig gemacht. Und ich spürte, dass dieser Tag noch nicht zu Ende sein sollte. Ich lief zu einem Imbiss auf der Reeperbahn, wo sich meine Freunde von den Champs regelmäßig trafen. Ich hatte Glück. Kemal, Tom und Ali waren da. Ich bestellte Pommes und erzählte von Claudia, Hakan und den Luden. »Der hat es denen gezeigt. Allein gegen vier. Der hat keine Gefangenen gemacht.« Die Jungs hingen mir an den Lippen, machten große Augen. Solche Geschichten putschten uns auf. Ich war immer noch völlig aufgedreht. Meine Nerven brannten wie Stroh.
    »Lass uns die Typen doch noch mal vornehmen«, schlug Tom vor. »Die sollen wissen, mit wem sie es zu tun haben. Das vergessen die nie. Und der Kiez wird es auch nicht vergessen.«
    »Geile Idee!«, riefen die anderen in ihrem Übermut.
    Sofort schoss mir die nächste Ladung Adrenalin ins Blut. Wir liefen zum Pinnasberg (die Straße aus dem Siebziger-Erotik-Streifen »Das gelbe Haus am Pinnasberg«) am Park Fiction, wo wir noch andere Champs vermuteten. Dort trafen wir Thomas, Dirk und Jakob. Voller Übermut liefen wir wieder zur Reeperbahn zurück, stolzierten dort entlang. Sieben Champs, wir waren eine kleine Armee. Wir betraten das »Indianer Joe«, einen berüchtigten Laden, wo auch die Luden ihre Klamotten einkauften. Ich sah sie sofort: zwei der Typen. Auch sie sahen mich und die anderen sofort – und augenblicklich war ihnen klar, dass sie aus der Nummer nicht mehr heil herauskommen würden.
    »Ich bin also der Kleine«, warf ich ihnen entgegen. »Vielleicht erinnert ihr euch noch?! Der Kleine verpasst euch gleich ordentlich eine. Dann werdet ihr wissen, mit wem ihr’s zu tun habt.«
    »Okay. Beruhigt euch. Wir haben schon eingesteckt heute«, murmelte einer der beiden.
    Sie waren nicht nur ziemlich hilflos – sieben gegen zwei – sie hatten Angst, ich sah es, ich spürte es.
    »Wie viel Kohle habt ihr dabei?«, rief Jakob. »Gebt uns eure Kohle! Dann lassen wir euch vielleicht gehen.«
    Plötzlich hatte einer der beiden eine Dose Bier in der Hand und warf sie auf uns. Tom erwischte es am Kinn. Wir anderen griffen sofort an: Ich versetzte den Typen Tritte, landete einige Schläge. Die anderen verhakten sich mit ihnen in einem wüsten Gerangel. Puff! Bam! Die Typen wehrten sich. Sie waren geübt, ihre Schläge hart. Einer traf mich an der Stirn. Ich taumelte. Mein Kopf brannte. Meine Beine schmerzten.
    »Scheiße, ihr Bengel«, rief Joe, der Inhaber des Ladens.

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