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Bordsteinkönig: Meine wilde Jugend auf St. Pauli (German Edition)

Bordsteinkönig: Meine wilde Jugend auf St. Pauli (German Edition)

Titel: Bordsteinkönig: Meine wilde Jugend auf St. Pauli (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulf Meyer zu Kueingdorf , Michel Ruge
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würde, um mir zu zeigen, dass ich auf einen ihrer Scherze reingefallen war. Aber zu meiner Überraschung sagte sie: »Hier. Nimm. Ich bin nicht so. Ich schenke gerne.«
    »Geil. Danke!«, rief ich voller Freude und setzte die Mütze auf. Das Krokodil natürlich vorne. Die Enden rollte ich nach oben. Stolz sprang ich von der Treppe, stapfte vor den anderen auf und ab.
    »Und? Und?«, wollte ich meine Eitelkeit bestätigt wissen. Die anderen sahen mich gelangweilt an. Sie kannte meine eitlen Showeinlagen zur Genüge. Claudia lächelte mich an. Ich schmolz dahin. Sie mochte mich. Sie fand mich niedlich, auch irgendwie cool und sogar anrüchig. Aber nicht anrüchig genug. Aber das war mir in diesem Moment des Glücks und der Eitelkeit egal. Ich trug einen Jogginganzug, Boxerstiefel und die neue Mütze mit dem Kroko vorne drauf. Ich war der Bordsteinkönig, und in meinen Träumen war Claudia meine Prinzessin.
    »Auf geht’s, Claudia!«, rief ich und blinzelte meiner Traumfrau zu. »Ich will meine neue Mütze ausführen, und dazu brauche ich eine schöne Frau an meiner Seite! Die schönste!«
    »Aber gern!«
    »Habe die Ehre!«, rief ich den anderen Jungs entgegen, die nur die Augen verdrehten.
    Mit Claudia am Arm marschierte ich los – auf den Kiez. Vor Freude wusste ich nicht, wohin mit mir! Ich war überwältigt. So sollte es sein. Claudia und ich – und ich mit Mütze. In diesem Moment kam ich mir vor wie der tollste Lude, der seine ertragreichste Frau ausführte. Arm in Arm auf St. Pauli. Der Kiez lag uns zu Füßen – in meinen Träumen. Dabei waren wir nichts anderes als zwei etwas zu selbstbewusste Halbstarke. St. Pauli gehörte ganz anderen Figuren – und die würdigten uns keines Blickes.
    Wir trafen noch andere im Kiez. Andere, die sich auch überlegt hatten, dass ein Tag ohne Schule kein schlechter Tag sein würde. Ab und zu blieben wir stehen, und Claudia schnackte mit ein paar Bekannten, während ich so erwachsen und selbstbewusst schaute wie möglich. Alle bewunderten meine Mütze, was sollten sie auch sonst tun: Die hatte das Zeichen des Krokodils und war von Claudia, was bleib ihnen also anderes übrig?! Schließlich landeten wir auf der Reeperbahn, die selbst vormittags von den skurrilsten Gestalten und den schönsten Bordsteinschwalben bevölkert war. Wir trafen auf eine Gruppe von sechs, sieben Mädchen, und Claudia war sofort in ihrem Element, zog die ganze Aufmerksamkeit auf sich. Sie führte nun das Gespräch. Ich stand neben ihr und beobachtete dieses Schauspiel – es war ihre Rolle.
    Zu der Gruppe, die wir trafen, gehörte auch eine Blonde, die sich trotz Claudias Anwesenheit als Alphaweibchen gab – offensichtlich war sie neu in der Gegend, sonst hätte sie es besser gewusst. Claudia fixierte sie wie der Wolf das Schaf, bevor er es reißt. Die Blonde schien das zu spüren. Sie schwieg. Claudia gab ihr zu verstehen, wer hier das Sagen hatte. Es war eine letzte Chance für die Blonde, ihren Fehler wiedergutzumachen und sich zu retten. Doch eigentlich war es schon zu spät. Claudia provozierte die Blonde, versuchte sie aus der Reserve zu locken, sie sollte einen zweiten Fehler machen, einen letzten. Claudia kannte keine Angst. Aber sie kannte ihre Stärken und die Schwächen ihrer Gegnerinnen zu gut. Allmählich ging sie über zu Stufe zwei ihrer Strategie. Sie würdigte die Blonde keines Blickes, sah an ihr vorbei. Doch ihr kleines Schauspiel und ihre Rhetorik galten nur noch der Gegnerin. Ohne dass Claudia im Geringsten daran interessiert gewesen wäre, was die Blonde zu ihrem Gespräch zu sagen hatte, fragte sie: »Was meinst du, Yvonne?« Mit ihren Sticheleien wollte Claudia nur eines zum Ausdruck bringen: »Was willst du eigentlich hier, wenn du dich nicht einmal mehr traust, etwas zu sagen?! Sag was, los! Komm schon! Trau dich! Du gehst mir richtig auf den Zeiger. Weißt du das eigentlich?«
    Ich konnte beobachten, wie Claudias Taktik aufging. Yvonnes Mädchen liefen allmählich eine nach der anderen zu Claudia über. Sie fingen an und kicherten über Claudias verbale Spielereien. Eine Schmach für Yvonne und ein großes Zeichen des Respekts vor Claudia. Yvonne hatte ihrer endgültigen Niederlage nichts mehr entgegenzusetzen. Egal, was sie tat, sie hatte verloren. Nun ging es für sie nur noch darum, sich nicht vollkommen lächerlich zu machen. Ihre Augen waren feucht und verrieten eine tiefe Verletztheit. Schließlich trat sie den Rückzug an. Ohne ein Wort des Abschieds

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