Born to Run: Ein vergessenes Volk und das Geheimnis der besten und glücklichsten Läufer der Welt (German Edition)
Erklärung zu sein – aber das ist schon in Ordnung, denn diese Entwicklung ist größtenteils wirklich ihre Schuld. Die Gründer des Unternehmens waren Phil Knight, ein Läufer an der University of Oregon und Verkaufsgenie, und Bill Bowerman, der Coach der University of Oregon, der sich für allwissend hielt. Als diese beiden Männer sich zusammentaten, gab es noch keinen modernen Laufschuh. Dasselbe galt auch für die meisten modernen Laufverletzungen.
Für einen Mann, der so vielen Leuten sagte, wie sie laufen sollten, tat Bowerman selbst nicht besonders viel. Erst mit 50 Jahren fing er ein bisschen zu joggen an, nachdem er in Neuseeland mit Arthur Lydiard zusammengekommen war, dem Vater des Fitnesslaufens und einflussreichsten Langstreckencoach aller Zeiten. Lydiard hatte Ende der 1950er Jahre den Auckland Joggers Club gegründet, um Herzinfarktpatienten bei der Rehabilitation zu unterstützen. Das war damals heftig umstritten. Ärzte waren sich sicher, dass Lydiard damit zum Massenselbstmord aufrief. Aber als die vormals kranken Männer merkten, wie großartig es ihnen nach ein paar Laufwochen ging, luden sie ihre Frauen, Kinder und Eltern ein, sie auf den zweistündigen Querfeldeintouren zu begleiten.
Bill Bowermans erster Besuch fiel in das Jahr 1962, und da war Lydiards Sonntagmorgen-Laufgruppe die größte Party von ganz Auckland. Bowerman wollte sich anschließen, war aber in so lausiger Verfassung, dass er die Unterstützung eines 73-jährigen Mannes benötigte, der drei Herzinfarkte überlebt hatte. »Mein Gott, der einzige Gedanke, der mich am Leben hielt, war die Hoffnung, dass ich sterben würde«, sagte Bowerman später.
Aber er kam als Bekehrter in die Heimat zurück und schrieb wenig später einen Bestseller, dessen Ein-Wort-Titel der amerikanischen Öffentlichkeit ein neues Wort und eine neue Besessenheit gab: Jogging .
Neben dem Schreiben und Coachen gab sich Bowerman alle Mühe, seine Nerven und das Waffeleisen seiner Frau mit Kellerbasteleien zu ruinieren, bei denen er mit geschmolzenem Gummi eine neue Art von Schuh zu entwickeln versuchte. Die Experimente strapazierten sein Nervenkostüm erheblich, aber das Ergebnis war der am besten gepolsterte Laufschuh, den es bis dahin gab. In einem Anflug finsterer Ironie gab Bowerman ihm den Namen Cortez – nach dem spanischen Conquistador, der die Neue Welt auf der Suche nach Gold plünderte und nebenbei eine fürchterliche Pockenepidemie auslöste.
Bowermans geschicktester Schachzug aber war die Propagierung eines neuen Laufstils, der nur mit diesem neuen Schuhtyp möglich war. Der Cortez ermöglichte es den Menschen, so zu laufen, wie es zuvor niemand gekonnt hatte: indem sie auf ihren knochigen Fersen landeten.
Läufer aller Zeitalter pflegten vor der Erfindung des gepolsterten Schuhs denselben Stil: Jesse Owens, Roger Bannister, Frank Shorter, ja selbst Emil Zátopek, sie alle liefen mit geradem Rücken und gebeugten Knien, und die Beine wurden unter den Hüften nach hinten geführt. Sie hatten keine andere Wahl: Die einzige Stoßdämpfung ergab sich aus der Kompression ihrer Beine und aus dem dicken Fettpolster des Mittelfußes. Fred Wilt zeigte dies 1959 in seinem Laufbuchklassiker How They Train, in dem er die Lauftechnik von über 80 Weltklasseläufern detailliert beschrieb. »Der vordere Teil des Fußes nähert sich der Laufbahn in einer abwärts-rückwärts gerichteten ›streichenden‹ Bewegung (nicht schlagend oder stampfend), und die Außenseite des Fußballens setzt zuerst auf der Bahn auf«, schreibt Wilt. »Der Vortrieb beim Laufen resultiert aus diesen Kräften, die hinter dem Körperschwerpunkt ansetzen …«
Als der Biomedizin-Designer Van Phillips 1984 eine Prothese für beinamputierte Läufer schuf, die sich am modernsten Stand der Technik orientierte, stattete er sie nicht einmal mit einer Ferse aus. Phillips, ein Läufer, der den linken Unterschenkel bei einem Wasserskiunfall verloren hatte, wusste, dass die Ferse nur zum Stehen benötigt wurde, nicht für die Bewegung. Phillips’ C-förmiger »Cheetah foot« (Gepardenfuß) ahmt die Funktionsweise eines echten Beines so wirkungsvoll nach, dass diese Prothese dem beidbeinig amputierten südafrikanischen Läufer Oscar Pistorius Wettkämpfe gegen die besten Sprinter der Welt ermöglichte.
Aber Bowerman hatte eine Idee: Vielleicht konnte man die Schrittlänge etwas erweitern, wenn man den Fuß vor dem Körperschwerpunkt aufsetzte. Unterlege die Ferse mit einem Stück Gummi,
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