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Born to Run: Ein vergessenes Volk und das Geheimnis der besten und glücklichsten Läufer der Welt (German Edition)

Born to Run: Ein vergessenes Volk und das Geheimnis der besten und glücklichsten Läufer der Welt (German Edition)

Titel: Born to Run: Ein vergessenes Volk und das Geheimnis der besten und glücklichsten Läufer der Welt (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christopher McDougall
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Abkühlung verschaffte hatte, und dachte dabei an die Zeit zurück, als er in Afrika nach Fossilien gesucht hatte. Er rief sich die flirrenden Hitzewellen über der von der Sonne ausgedörrten Savanne ins Gedächtnis, den trockenen Lehm, der die Hitze absorbierte und durch seine Schuhsohlen hindurch wieder abgab. Berichte von Ethnografen, die er vor Jahren gelesen hatte, kamen ihm wieder in den Sinn. Sie erzählten von afrikanischen Jägern, die Antilopen durch die Savannen hetzten, und von Tarahumara-Indianern, die ein Reh so lange zu jagen pflegten, »bis ihm die Hufe abfielen«. Lieberman hatte solche Erzählungen immer als Übertreibungen abgetan, als Märchen zu einem goldenen Heldenzeitalter, das es in dieser Form nie gegeben hatte. Jetzt geriet er ins Nachdenken …
    Wie lange würde es denn dauern, ein Tier tatsächlich zu Tode zu hetzen?, fragte er sich. Glücklicherweise sind die Biologielabors von Harvard in der Forschung zur Fortbewegungsfähigkeit weltweit führend (was schon die Versuchsanordnung mit einem Thermometer in einem Gepardenhintern deutlich machen sollte), deshalb konnte sich Lieberman alle benötigten Daten mühelos beschaffen. In seinem Büro tippte er dann die entsprechenden Zahlen und Daten ein. Mal sehen, sagte er sich zu Beginn. Ein Dauerläufer in sehr guter Verfassung kommt auf eine Durchschnittsgeschwindigkeit von drei bis vier Metern pro Sekunde. Ein Reh trabt mit nahezu derselben Geschwindigkeit.
    Aber hier kommt die Überraschung: Wenn ein Reh auf vier Meter pro Sekunde beschleunigen will, muss es in einen Galopp verfallen, der zu heftiger Atmung führt, während ein Mensch diese Geschwindigkeit erreichen und dabei immer noch im Dauerlaufbereich bleiben kann . Ein Reh ist im Sprint viel schneller, aber wir sind ihm im Dauerlauf überlegen. Wenn Bambi also bereits die anaerobe Schwelle erreicht, atmen wir immer noch nicht allzu heftig.
    Lieberman suchte weiter und stieß auf einen noch aufschlussreicheren Vergleich: Die Höchstgeschwindigkeit, die die meisten Pferde im Galopp erreichen, liegt bei 7,7 Metern pro Sekunde. Dieses Tempo halten sie etwa zehn Minuten lang durch, dann müssen sie auf 5,8 Meter pro Sekunde heruntergehen. Aber ein Spitzenmarathonläufer kann eine Geschwindigkeit von 6 Metern pro Sekunde durchhalten. Das Pferd wird von der Startlinie weg zunächst in Führung gehen, aber mit entsprechender Geduld und zunehmender Entfernung kann man, wie Dennis Poolheco beim Rennen Mensch gegen Pferd entdeckt hatte, den Abstand Stück für Stück verringern.
    Man muss nicht einmal schnell sein, erkannte Lieberman. Es genügt, wenn man Sichtkontakt zum Tier hält, und innerhalb von zehn Minuten hat man es eingeholt .
    Lieberman rechnete jetzt mit Temperaturen, Geschwindigkeit und Körpergewicht. Schon bald wurde er fündig: Die Lösung des Rätsels vom Laufenden Menschen lag vor ihm. Wollte man eine Antilope zu Tode hetzen, so stellte Lieberman fest, musste man sie nur an einem heißen Tag ständig zum Galopp antreiben. »Wenn man ihr einfach nur nahe genug bleibt, sodass sie einen sehen kann, wird sie immer wieder lossprinten. Nach einer Laufstrecke von etwa zehn bis fünfzehn Kilometern wird sie in einen Zustand der Hyperthermie verfallen und zusammenbrechen.« Im Klartext: Wer an einem Sommertag zehn Kilometer ohne Pause laufen kann, wird im Tierreich zur tödlich wirkenden Macht. Wir können beim Laufen Wärme abgeben, aber galoppierende Tiere können nicht hecheln.
    »Wir können unter Bedingungen laufen, unter denen kein anderes Tier mehr läuft«, erkannte Lieberman. »Und es ist nicht einmal besonders schwer. Wenn ein Professor im mittleren Lebensalter an einem heißen Sommertag einen Hund müde laufen kann, dann stelle man sich vor, was eine Horde entsprechend motivierter Jäger und Sammler mit einer überhitzten Antilope anstellen kann.«

    Man kann sich leicht die verächtlichen Mienen vorstellen, mit denen jene damaligen Herren des Universums, die Neanderthaler, beobachteten, wie diese neuen Laufenden Menschen hinter hüpfenden kleinen Bambis her waren oder den ganzen Tag lang unter einer heißen Sonne dahintrabten und dann bloß mit einem Armvoll Yamswurzeln zurückkehrten. Die Laufenden Menschen konnten sich durch dieses Laufen eine Menge Fleisch verschaffen, aber mit einem Bauch voller Fleisch konnten auch sie nicht rennen, deshalb füllten sie ihre Kohlenhydratspeicher meistens mit Wurzeln und Obst, während die Antilopenkoteletts für besondere, mit hohem

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