Bosmans/Deleu 01 -Nackte Seelen
Untersuchungsrichter.«
De Staercke gefror mitten in der Bewegung, und sein rotes Gesicht wurde mit einem Schlag kreidebleich wie das einer Wachsfigur. »Mistkerle …!«, stammelte er. »Verdammt, ich hatte nicht mal Durst. Ihr habt mein Glas benutzt, um …«
»Völlig richtig, und jetzt setz dich bitte wieder hin.«
De Staercke sank langsam und kopfschüttelnd wieder auf seinen Stuhl. Deleus Herz raste mit mindestens hundertfünfzig Schlägen pro Minute, doch er ließ sich seine Aufregung nicht anmerken. Er wusste, dass er auf dem richtigen Dampfer war.
»Das könnt ihr nicht machen, Deleu, das würde kein Gericht je … als Beweismittel zulassen.« Seine Worte klangen unglaubwürdig.
»Na gut, dann beantragen wir eben einfach eine neue DNA -Probe, Nico.«
»Okay, Deleu, was willst du wissen? Aber es bleibt unter uns. Ich schwöre dir im Namen von … von …«
»Adolf?«
»Im Namen deiner Frau und deines Sohnes, Deleu, dass ich alles leugnen werde. Und jetzt gibst du mir dieses blöde Diktiergerät, und zwar sofort!« De Staerckes leichenblasses Gesicht färbte sich blassrosa.
Deleu zog lächelnd sein Diktiergerät aus der Innentasche seiner Jacke und legte es mitten auf den Tisch. De Staercke griff danach, drehte es drei Mal nach allen Seiten um, kontrollierte, ob es auch wirklich ausgeschaltet war, und legte los: »Ich habe mit den Morden nichts zu tun, Deleu. Sie war meine Geliebte, das ist alles.«
»Du wurdest etwa zwei Wochen vor dem Mord in der Nähe ihres Hauses gesehen. Wusstest du das?«
»Das ist nicht wahr!«
»Der Zeuge war sich ganz sicher. Willst du jetzt den Politiker raushängen lassen, Nico? Rückhaltlose Offenheit im Tausch gegen Stillschweigen. War das der Deal, Nico?«
De Staercke biss die Zähne zusammen und trommelte mit seinen beringten Wurstfingern hektisch auf dem Tisch herum.
»War das der Deal, Nico?«
»Was spielt das für eine Rolle, Deleu?«
»Warum bist du dort vor dem Haus so nervös hin und her getigert, Nico?«
De Staercke seufzte theatralisch, rieb sich die Augen, seufzte nochmals und sagte: »Sie war weg. Nachdem sie erfahren hatte, dass sie schwanger war, ist sie drei Tage lang spurlos verschwunden gewesen. Ich habe es von ihrem Mann erfahren und habe geholfen, nach ihr zu suchen. Ihr Mann ist Parteimitglied. Aber das musst du doch wissen? Du willst mir doch nicht erzählen, dass du das nicht wusstest? Es hat eine Vermisstenanzeige gegeben! Hör gefälligst auf, mich an der Nase herumzuführen!«
Deleu erschrak, bewahrte aber auch diesmal sein Pokerface. Er hatte tatsächlich nicht gewusst, dass Mevrouw Verbist eine Zeitlang verschwunden war.
»Ich stelle dich nur auf die Probe, Nico, sonst nichts. Deine Ehrlichkeit überrascht mich. Wusstest du eigentlich, dass du der Vater warst?«
De Staercke saß in sich zusammengesunken auf seinem Stuhl wie ein Häufchen Elend. Deleu hatte fast Mitleid mit ihm.
»Nein«, stotterte er. »Nein … Sie ist zu mir gekommen und sagte, sie sei schwanger. Ihr Mann wusste von nichts. Sie konnte nicht genau sagen, wer der Vater war, und fragte mich, was sie tun solle. Sie wusste nicht mehr ein noch aus, Deleu. Sie wollte gerne noch ein Kind, aber … Verdammt, sie hat mich reingelegt, Deleu, kapierst du das denn nicht? Niemals wäre ich das Risiko eingegangen, ein uneheliches Kind zu zeugen und damit mein ganzes Leben zu ruinieren! Sie behauptete, sie nähme die Pille! Jetzt glotz mich nicht so an, Deleu!«
»Aber warum hat sie sich an dich gewandt, De Staercke? Warum hat sie nicht zuerst mit ihrem Mann geredet?«
»Weil Verbist sich hatte sterilisieren lassen, Deleu! Aber das hat sie erst erfahren, nachdem sie es darauf angelegt hatte, von mir schwanger zu werden. So, jetzt kennst du die ganze Geschichte.«
Deleu schluckte so laut, dass er den Eindruck hatte, das ganze Lokal habe es gehört.
»Hast du die Vermisstenanzeige erstattet?«
»Bist du verrückt? Glaubst du im Ernst, ich würde meine Familie und meine Karriere aufs Spiel setzen?«
»Nein, das glaube ich nicht. Du scheinheiliger Spießer, du armes Schwein, wie könnte ich auf die Idee kommen, dass du je für irgendjemanden etwas tun würdest, aus dem du keinen direkten Nutzen ziehst. Oh, bitte entschuldige, De Staercke … Ich wollte dich nicht beleidigen.«
Nicolas De Staercke kniff die Schweinsäuglein zu schmalen Schlitzen zusammen und zischte: »Du hast keinerlei Handhabe gegen mich, Deleu. Das müsstest du doch wissen. Außerdem steht alles in
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