Bosmans/Deleu 01 -Nackte Seelen
dem Bericht. Auch, wer Anzeige erstattet hat. Wenn es überhaupt einen Bericht gibt.«
»Ich will alles aus deinem dreckigen Maul hören, Nico.«
»Storme, mein Berater. Ich habe ihn damit beauftragt, Kontakt zu Verbist aufzunehmen, und die beiden haben zusammen die Vermisstenanzeige erstattet. So wurde mir jedenfalls gesagt.«
»Hast du einen Durchschlag?«
»Frag Peter Verbist.«
»Kleine Fangfrage, Nico, von einer Vermisstenanzeige kriegt man keinen Durchschlag«, sagte Deleu mit einem abfälligen kleinen Lachen.
De Staercke schwieg und starrte seine Fingernägel an.
»Hattest du mit Mevrouw Poulders auch eine Affäre oder hast du die nur umgebracht?«
De Staercke stand auf, zog seinen Mantel an und marschierte hinaus. Deleu schaute ihm spöttisch grinsend nach, einerseits zufrieden, weil er ihn ein Stück weit in seiner Macht hatte, andererseits unzufrieden, weil De Staercke offenbar nichts mit den Morden zu tun hatte.
»Wenn dir noch was einfällt, Nico, sag mir Bescheid, bevor ich mit einem Durchsuchungsbeschluss vor deiner Haustür stehe!«, rief Deleu ihm noch nach.
De Staercke klappte den Kragen hoch und beschleunigte seine Schritte. Ein älteres Ehepaar zwei Tische weiter starrte Deleu unverhohlen an. Er hätte sie am liebsten angeschrien: »Ist was?«, beherrschte sich jedoch und verließ stehenden Fußes die Kneipe. Auch er schlug den Kragen hoch und spazierte durch die Einkaufsstraße.
Hier und da glitzerte schon Weihnachtsbeleuchtung in den Schaufenstern, aber das war nicht der Grund, weshalb er lächelte. Bei De Staercke musste er unwillkürlich an einen Spruch seines Großvaters denken: »Dumm wie drei Reihen Feldsalat.« DNA -Proben von dem Glas, aus dem er bei der Befragung durch Jos Bosmans getrunken hatte! Und dieser Nazi-Idiot war sofort darauf reingefallen.
Deleu bedauerte, ihn nicht gefragt zu haben, was damals der wahre Grund dafür gewesen war, dass man ihm den Fall Lucien Dom entzogen hatte. Die Frage hatte ihm schon auf der Zunge gelegen, aber er hatte sie wohlweislich hinuntergeschluckt. De Staercke hätte ja doch kein Sterbenswörtchen verraten.
Peter Verbist hatte sich sterilisieren lassen, ohne seiner Frau davon zu erzählen. Mein Gott! Wie konnten sie das übersehen haben? Die Frau war schwanger, und es war versäumt worden, die Fruchtbarkeit des Mannes zu überprüfen! Was für ein Saftladen.
Und dann diese Anzeige. Warum tauchte diese Vermisstenanzeige nirgendwo in den Ermittlungsakten auf? Das alles musste sofort noch einmal gründlich überprüft werden, bis in alle Einzelheiten!
Deleu marschierte hastig an den Schaufenstern vorbei, doch plötzlich blieb er stehen. Ihm war plötzlich ein besonders schöner Pullover aufgefallen, wollweiß mit Zopfmuster und indianischen Ornamenten. Er betrat das Geschäft, das gerade schließen wollte, kaufte den Pullover, ließ ihn in Geschenkpapier verpacken und eilte zurück zum Auto. Er war fest entschlossen, Weihnachten in den Ardennen zu verbringen, und hoffte insgeheim auf eine dicke Schneedecke. Dadurch würde sein Geschenk auch besser zur Geltung kommen. Und Rob, was sollte er ihm diesmal schenken? Kondome oder einen Schnuller?
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16
D eleu studierte den U-Bahn-Plan zum dritten Mal. Er wollte nichts dem Zufall überlassen. Station »Hermann Debroux«, das war die richtige Richtung. Als die Metro quietschend zum Stehen kam, stieg er ein und suchte sich einen strategisch günstigen Platz. Er setzte sich so, dass er den Wandplan im Auge behalten konnte.
So weit, so gut. Mit der Bahn nach Brüssel zu fahren hatte sich als völlig problemlos erwiesen, obwohl es Ewigkeiten her war, seit er zuletzt mit dem Zug unterwegs gewesen war. Und jetzt noch die U-Bahn-Prüfung. Er starrte die Haltestelle »Beaulieu« auf dem Plan an. Von dort aus waren es nur noch läppische zwei Kilometer zu Fuß, also etwa eine halbe Stunde.
Er hatte Zeit genug. Morgens hatte er das Haus der Verbists besucht, um den Tatort noch einmal ausführlich in Augenschein zu nehmen, aber es war ihm einfach nicht gelungen, sich in die Situation an jenem tragischen Tag hineinzuversetzen. Jos Bosmans, der den ganzen Tag mit Verspaille und den Chefs der Sonderermittlungsgruppen und der Ortspolizei-Dienststellen konferierte, hatte er mit der Ausrede abgespeist, er könne nicht kommen, weil er seine Zeit lieber im Haus der Verbists verbringe.
Gegen Mittag hatte er von einer Telefonzelle aus erst Barbara angerufen und danach den Termin vereinbart. Jetzt oder
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