Bosmans/Deleu 01 -Nackte Seelen
Blümchentapete an. Es gelang ihm nicht, sich zu konzentrieren, und er ertappte sich dabei, wie seine Gedanken unweigerlich immer wieder zu Danielle abschweiften.
Gestern hatte er sie unter falschem Namen angerufen, nicht mit seinem Handy, sondern von einem leer stehenden Büro in der Dienststelle aus, wo er ab und zu Berichte schrieb, weil dort ein Computer stand. Er hatte sich mit einem Taschentuch über dem Hörer nach dem Preis erkundigt und war überaus höflich und freundlich über die breite Angebotspalette informiert worden, die Danielle zu bieten hatte. Dennoch hatte er eine gewisse Reserviertheit wahrgenommen, und er dachte sich, dass er die Dame ja auch erst einmal näher in Augenschein nehmen wollte, bevor er sich von der Speisekarte bediente.
Nach dem Anruf war er plötzlich in Panik geraten. Was wäre, wenn Danielle etwas zustoßen würde und man diesen Anruf von ihrem Handy aus zurückverfolgte? Was wäre, wenn man daraufhin auf ihn stieße? Was wäre, wenn die Ermittlungen dadurch behindert würden und die Geschichte lang und breit auf den Titelseiten ausgewalzt würde? Und viel schlimmer noch: Was wäre, wenn Barbara davon erführe? Barbara, die schwanger war und jegliches Vertrauen in ihn mit einem Schlag verlöre.
In einem Anfall plötzlicher und unerklärlicher Paranoia rief Deleu bei der Belgacom an, mit der Ausrede, ein Kunde habe ihn auf dem Handy angerufen, aber er habe vergessen, sich die Nummer aufzuschreiben, und ob man anhand seiner Handyrechnung die Telefonnummer des Kunden herausfinden könne?
Erst als der Mann von der Hotline ihm auf sein Drängen hin versicherte, dass diese Daten von seinem Anbieter nicht gespeichert würden und er ihm daher nicht helfen könne, war Deleu beruhigt, und er beschloss, in Zukunft nicht mehr mit solchem Unfug seine Zeit zu vergeuden.
Dennoch wurde er den Gedanken nicht mehr los. Animalische Anziehungskraft. Dirk und Danielle … Danielle und Dirk.
Er schaute auf den Radiowecker, stand auf, zog Schuhe und Jacke an und ging zum Aufzug.
Er hatte eine Verabredung mit De Staercke.
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15
D eleu musste sich zwingen, De Staercke nicht das glatte, schwarze Toupet über die aknenarbige Fratze zu ziehen. Er setzte sich ihm gegenüber und sagte, ohne ihm die Hand zu reichen: »Mit deiner Glatze hast du besser ausgesehen. Nicht so weibisch.«
»Du kannst von Glück sagen, dass ich überhaupt gekommen bin, Deleu, aber wenn du so weitermachst, bin ich sofort wieder weg.«
»Nur auf ein Tässchen Kaffee, lange brauchen wir uns nicht auf die Nerven zu gehen«, murmelte Deleu.
De Staercke glotzte ihn an wie ein unschlüssiges Rind auf der Weide, das nicht weiß, ob es zuerst grasen oder atmen soll, warf dann einen gehetzten Blick über die Schulter, als lauere ihm eine ganze Horde Paparazzi auf, und zischte: »Ich habe das gar nicht nötig, Deleu. Ich tu’s auch nicht für dich, sondern nur aus reinem Bürgersinn. Diese Bestie muss hinter Schloss und Riegel!«
»Ach, nicht gleich Kopf ab, Nico? Bist du etwa milder geworden?«
»Für dich immer noch Nicolas, und wenn wir jetzt bitte zur Sache kommen könnten!«
Der Ober kam mit gelangweiltem Blick an ihren Tisch geschlurft, und Deleu bestellte, De Staercke geflissentlich ignorierend, ein Hoegaarden-Bier. Dann schaute er seinen Opponenten durchdringend an und schwieg. Die beste Methode, um den Gegner mürbe zu machen. Nach etwa einer halben Minute fing De Staercke an, unruhig auf seinem Stuhl hin- und herzurutschen.
Deleu schwieg weiterhin hartnäckig.
»Okay, Deleu, ich habe mit der Sache nichts zu tun, und wenn auch nur das Geringste, egal was, an die Presse durchsickert, dann kostet dich das deinen hässlichen Kopf, und ich lass ihn mir auf einem Silbertablett servieren. Dann wirst du bluten, bis du schwarz wirst. Es wird dir leidtun …«
»Wusstest du, dass schon ein Tröpfchen Speichel genügend DNA -Material enthält, um einen Gentest durchzuführen, Nico?«, unterbrach Deleu De Staerckes Redefluss.
»Was willst du damit sagen?«, fragte De Staercke misstrauisch.
»Du warst der Vater, Nico, nur für den Fall, dass du daran gezweifelt hast.«
De Staercke schob mit einem Ruck den Tisch von sich und drehte sich halb weg.
»Nicooo …«, sagte Deleu schleppend.
De Staercke wandte sein rot angelaufenes Gesicht wieder Deleu zu. Seine Augen funkelten. Deleu nahm De Staerckes Glas, drehte es langsam zwischen den Fingern und flüsterte mit honigsüßer Stimme: »Vielen Dank, Mijnheer
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