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Bosmans/Deleu 01 -Nackte Seelen

Bosmans/Deleu 01 -Nackte Seelen

Titel: Bosmans/Deleu 01 -Nackte Seelen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Luc Deflo
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Dirk, aber wenn du mich fragst, rate ich dir ab. Es belastet dich zu sehr. Es frisst an dir, an uns. Es …«
    »Er hatte Fotos dabei«, unterbrach sie Deleu.
    »Fotos, was für Fotos?«
    »Von dieser ermordeten Familie. Eine junge Mutter, Barbara, eine hübsche junge Mutter.« Er hielt einen Augenblick inne und wählte seine Worte mit Bedacht: »Ihr Körper wies an die zehn Messerstiche auf, und ihre Gebärmutter war entfernt worden, aus ihrem Bauch herausgeschnitten.«
    Barbara sperrte den Mund auf, und als Deleu sie mit einem Kloß im Hals ansah, erschrak er vor ihrem starren Blick. Sie öffnete den Mund noch weiter, aber ihre Kehle war wie zugeschnürt, sie konnte nicht sprechen. Deleu zog mit dem Zeigefinger die Konturen ihrer vollen Lippen nach, und Barbara schloss die Augen.
    »Das war kein normaler Mord, Barbara. Es ist nicht so passiert, wie es in der Zeitung beschrieben wurde. Sie sind abgeschlachtet worden.«
    »Es ist gefährlich, Dirk, und was ist am Ende der Dank dafür?«, fragte Barbara, ohne eine Antwort zu erwarten.
    »Darum geht es doch gar nicht«, erwiderte Deleu. Sein Blick huschte vom Kamin zu Barbara und wieder zurück. »Das lässt mich nicht mehr los, es wird mich Tag und Nacht beschäftigen. Ich wusste, dass Jos …«
    »Hör doch auf! Wir haben schon hundert Mal darüber geredet. Niemand, niemand hat die Pflicht, Monster zu jagen.«
    Sie nahm das Gesicht ihres Mannes in beide Hände und wollte ihn zwingen, ihr in die Augen zu schauen.
    »Du hast recht«, flüsterte Deleu, schaute jedoch an ihr vorbei zum Kamin. Er seufzte, stützte sich mit beiden Händen auf den Knien ab, stand auf und schlurfte zum Fernseher. Ein schrilles Pfeifen zwang Barbara zu einem Sprint in die Küche. Sie nahm ein Küchenhandtuch, öffnete den Deckel des Schnellkochtopfs, goss das Wasser ab und kehrte wieder zurück ins Wohnzimmer. So wie ihr Mann dasaß, in sich zusammengesunken, den starren Blick auf seine abgetragenen Pantoffeln gerichtet, glich er einem neunzigjährigen Greis, der sich verzweifelt fragt, ob sich die Mühe noch lohnt, die Schuhe zu wechseln.
    Sie setzte sich ihm gegenüber, schaute ihn an, schluckte und sagte dann sehr entschieden: »Eine solche Bestie gehört hinter Schloss und Riegel.«
    Ihre kohlschwarzen Augen blitzten. Deleu fühlte das Blut in den Schläfen pochen, und ihm wurde plötzlich klar, dass er sie unendlich liebte.
    »Du hast recht … Ich tue es. Ich fahre nach Mechelen. Ich muss mir die Autopsieberichte und die Ergebnisse der Kriminaltechnik ansehen!«, rief er, sprang auf, zog hastig Stiefel an, schlüpfte in seinen Mantel, stolperte über den Schirmständer und segelte mit fuchtelnden Armen in Richtung Haustür.
    »Kommst du heute Nacht noch nach Hause?«, fragte Barbara, kurz bevor die Tür zuklappte.
    Deleu zuckte mit den Schultern.
    »Du weißt doch, wie das ist. Ruf bitte Rudi Dupont an und sag Bescheid, dass ich vorläufig vierzehn Tage Urlaub nehme.«
    »Was heißt vorläufig?«
    »Ach, du machst das schon, du kannst auch sagen, dass ich krank bin, lass dir was einfallen, ich rufe ihn dann später selbst an.«
    Weg war er. Als Barbara sich gerade fragte, was sie in Gottes Namen mit dem Berg Kartoffeln anfangen sollte, ging die Tür noch einmal auf. »Ich hab dich lieb.«
    »Nur aufspüren, Dirk, nicht verhaften, hörst du!«
    Deleu zog die Haustür mit einem Knall hinter sich zu, ging zu seinem Ford Sierra und kramte nach den Autoschlüsseln. Vielleicht konnte er Bosmans noch einholen. Er riss die Tür auf, aber plötzlich hupte jemand. Er warf einen Blick über die Schulter und sah den Mercedes von Jos Bosmans. Er ging hinüber und setzte sich grußlos auf den Beifahrersitz.
    »Dein Dienstwagen steht bereit, Dirk.«
    »Nach Mechelen, Jos.«

[home]
    2
    N ach etwa fünf Minuten brach Dirk Deleu das Schweigen: »Gibt es ein Muster?«
    »Nein.«
    »Ein erkennbares Motiv?«
    »Dann hätte ich dich nicht belästigt, mein Freund.«
    Deleu zündete sich eine Belga an, inhalierte den Rauch und ließ den Blick auf dem soliden Armaturenbrett des Mercedes ruhen. Halb sechs. Mitte November. Es wurde bereits dunkel. Er dachte an Barbara und an ihren gemeinsamen Urlaub in den Cevennen. Er sehnte sich nach Sonne und Licht, viel Licht. Er betrachtete Bosmans’ Profil. Seinen kantigen Unterkiefer und die Habichtsnase, sein faltiges Gesicht, in dem die Zeit tiefe Furchen hinterlassen hatte. Er war kränklich blass. Bosmans fuhr nie richtig in Urlaub, und wenn er überhaupt mal aus

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