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Bosmans/Deleu 01 -Nackte Seelen

Bosmans/Deleu 01 -Nackte Seelen

Titel: Bosmans/Deleu 01 -Nackte Seelen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Luc Deflo
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Geheimgänge und anderen Unsinn vorstellte. Seit dem Fall Dutroux war er anfällig für solche Gedanken. Nun ja, wer nicht?
    Hatte der Pastor eine Haushälterin? Oder war das heutzutage nicht mehr üblich? Seine katholischen Wurzeln reichten nicht mehr sehr tief. Er seufzte und drückte wieder auf Start.
     
    »Kann ich Ihnen etwas zu trinken anbieten, Mijnheer Deleu?«
    »Nein, danke, aber bitte sagen Sie doch Dirk zu mir, Mijnheer Pastor.«
    »Okay, Dirk, wirklich nichts? Und ich heiße übrigens Jef.«
    »Ah, ja … Jef.«
     
    Ein glucksendes Geräusch im Hintergrund, der Pastor gönnte sich ein Glas guten Rotwein. Deleu konnte sich ein Lächeln nicht verkneifen.
     
    »Was verschafft mir die Ehre Ihres Besuchs?«
     
    Es fiel Deleu auf, dass sich Pastor Hermans im Vergleich zu ihm äußerst gewählt ausdrückte. Er verschluckte keine einzige Endsilbe, und es klang, als artikuliere er jedes Wort übertrieben deutlich.
     
    »Ich würde Ihnen gerne ein paar Fragen stellen im Zusammenhang mit den beiden Morden, die hier in der Nähe geschehen sind.«
    »Ja, das habe ich mir schon gedacht. Unfassbar. Wer tut so etwas? Und dann auch noch in meiner Gemeinde.«
    »Die beiden Familien waren streng katholisch. Kannten Sie sie?«
    »Tja, was heißt kennen … Kennen wäre wohl zu viel gesagt. Natürlich kannte ich sie, sie waren Gemeindemitglieder. Ich habe die Poulders kirchlich getraut, damals, als ich die Gemeinde Sankt Josef gerade erst übernommen hatte, und ich habe ihre Tochter getauft.«
    »Wann war das?«
    »Tja … das muss inzwischen an die acht Jahre her sein, so genau merke ich mir das alles nicht. Und ob ich sie kannte? Nicht persönlich, nein. Die Poulders besser als die Verbists. Die Verbists waren nicht von hier. Ich habe sie einmal besucht, nachdem sie gerade neu zugezogen waren, aber später habe ich keinen Kontakt mehr zu der Familie gehabt.«
     
    Deleu hielt das Band an und spulte ein Stück zurück. »Neu zuugezogen.« – »Ge-haabt.«
    Dieser Limburger Dialekt. Deleu hörte sich die Sequenz noch einmal an. Ja, an dieser Stelle ließ die Aufmerksamkeit des Pastors nach, ganz kurz nur. Deleu lächelte, dachte: Wir sind eben alle nur Menschen, und drückte wieder auf Play.
     
    »Sie können es ruhig richtig in die Hand nehmen.«
    »Nein, nein, ein Foto muss man mit Respekt behandeln. Vor allem ein Bild von diesen unglücklichen Menschen. Ja, jetzt erinnere ich mich wieder an sie. Gott, die Kinder, diese armen Lämmchen!«
     
    Da hatte sich der Pastor wieder in der Gewalt und sprach reines Hochniederländisch. Schämte er sich seiner Herkunft? Und doch wurde er an dieser Stelle von seinen Gefühlen übermannt, seine Stimme stockte. Da sah man mal wieder, dass auch Geistliche nur Menschen aus Fleisch und Blut waren.
    Deleu konzentrierte sich wieder auf die Kassette.
     
    »Aber Mevrouw Pauwels haben Sie ab und zu besucht?«
    »Pauwels … Pauwels … Lassen Sie mich kurz nachdenken.«
    »Mevrouw Pauwels wohnt schräg gegenüber von den Verbists.«
    »Schräg gegenüber. – Ach, Sie meinen Marietteke, ja, natürlich, jetzt weiß ich Bescheid. Ja, Marietteke ist vierundachtzig und streng katholisch. Eine sehr nette Frau. In letzter Zeit baut sie allerdings ziemlich schnell ab. Ja, die älteren Gemeindemitglieder, vor allem die alleinstehenden, die besuche ich regelmäßig. Das halte ich für meine Pflicht.«
     
    Deleu stoppte das Band und hörte sich das letzte Stück noch einmal an. Es ging ihm vor allem um Hermans’ Tonfall. Er selbst hatte gesagt: »Mevrouw Pauwels wohnt schräg gegenüber von den Verbists«, und Pastor Hermans hatte seine Worte wiederholt: »Schräg gegenüber«, und sagte dann: »Ach, Sie meinen Marietteke.«
    Deleu hörte genau hin. Ja, zweifellos, Hermans betonte die Worte »schräg gegenüber«. Es klang, als wüsste er genau, wo sich das Haus der Verbists befand, und leitete daraus ab, wo Mariette Pauwels wohnte. Dabei hatte er kurz zuvor noch gesagt, die Verbists seien neu zugezogen und er kenne sie kaum. Deleu reckte sich, fuhr sich mit den Fingern durch die Brusthaare, gähnte, zog die Schultern hoch, und als er das Band startete, hörte er wieder dieses glucksende Geräusch. Mit Wein kannte er sich aus, der Mijnheer Pastor.
     
    »Möchten Sie wirklich nicht mal ein Gläschen probieren? Dieser Wein ist phänomenal, ein Clos d’Eglise.«
    »Na schön, wenn er wirklich so gut ist.«
    »Augenblick, die Flasche ist so gut wie leer. Ich hole eben eine neue. Aus dem

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