Bosmans/Deleu 03 -Ins blanke Messer
spannender als ein Krimi! Atemlos blickte er seinem Vater über die Schulter.
»Sieh mal da, Papa!«, flüsterte er und fuhr mit einem Fuß durch das raschelnde Gras.
»Was ist denn?«
»Guck doch mal!«
Deleu kehrte zurück, nicht ohne sich noch einmal umzublicken. Das rot-weiß gestreifte Flatterband war durchgeschnitten und das Siegel aufgebrochen worden. Er zog sein Handy aus der Gesäßtasche seiner Jeans und wählte die einprogrammierte Nummer von Jos Bosmans. Die Mailbox. Schon wieder.
»Hier. Sieh mal.« Rob zeigte mit der Schuhspitze auf etwas, das im Gras lag.
»Wo?« Deleu blickte sich nochmals zu der offenen Tür um.
»Hier. Siehst du das denn nicht?«
»Was ist das?«
»Eine Jointkippe, Papa.«
»Hm. Lass das erst mal liegen, darum kümmern wir uns später. Zuerst sehen wir uns drinnen ein bisschen um. Hier stimmt was nicht. Wir gehen rein, aber beim geringsten Anzeichen dafür, dass irgendetwas faul ist, machen wir uns sofort aus dem Staub. Verstanden?«
»Okay.«
Rob Deleu sah sich aufmerksam um. Hinter dem Balkonfenster im ersten Stock wurde eine schmutzige Gardine zugezogen. Er wollte seinen Vater schon am Arm ziehen, überlegte es sich dann aber anders und folgte ihm gehorsam. Spannung lag in der Luft. Als Deleu senior durch den Türspalt spähte, sah er, dass das Lager hell erleuchtet war. Überall standen Halogenspots, und es wimmelte von Kollegen. Er atmete auf. Als Erstes begegnete er Nadia Mendonck.
»Hallo, Nadia. Was ist denn hier los?«
Sie starrte Deleu ungläubig an.
»Liest du deine Dienstanweisungen nicht, Deleu? Oder soll ich sie dir vorlesen, so wie ich jeden Morgen für dich auf den Wecker …«
Sie schluckte den Rest herunter, als sie Rob erblickte.
Deleu wie aus dem Gesicht geschnitten. Eine jüngere Ausgabe von ihm.
»Hi.«
Rob nickte. Die Freundin seines Vaters interessierte ihn viel weniger als das Spektakel ringsherum, das er wachsam verfolgte. Männer in blauen Overalls, auf deren Rücken in weißen Großbuchstaben »Polizei« stand, kämmten den Schuppen durch.
»Habt ihr schon was gefunden?«
Nadia schüttelte den Kopf und kratzte sich an einem braunen, länglichen Fleck am Hals. Staub auf Schweiß.
Oder ein Knutschfleck?
»Wonach suchen die, Papa?«
»Nach Drogen«, antwortete Nadia Mendonck an Deleus Stelle.
»Draußen im Garten, links vom Weg, drei Schritte vor der Schiebetür, liegt eine Jointkippe.«
»Woher willst du wissen, dass es eine Jointkippe ist?«, flüsterte Dirk Deleu.
Rob zuckte mit den Schultern. »Ich weiß es eben.«
Nadia Mendonck grinste breit.
»Ist jemand oben?«, fragte Deleu und reckte den Hals.
»Nein. Oben haben wir schon alles abgegrast. Frank ist der Meinung, wir sollten hier weitersuchen.«
»So so«, erwiderte Deleu gereizt. »Wo denn genau? Und wie kommt er eigentlich darauf? Gibt es konkrete …?«
»In den Hosentaschen des Jungen haben sie Haschischkrümel gefunden. Gelber Tunesier, soweit ich weiß.« Frank Tack gesellte sich zu ihnen und drückte erst Deleu, dann dessen Sohn die Hand. Er taxierte Rob mit einer Mischung aus Argwohn und Lässigkeit.
»Mein Sohn«, erklärte Deleu.
Tack nickte knapp. »Wir haben in der Küchenschublade Spuren von Gras gefunden. Meiner Meinung nach haben die Täter die Drogen nicht entdeckt. Wenn wir sie ausfindig machen, haben wir eine Spur, die zu dem Täter führt. Oder zu den Tätern.«
Deleu brummelte etwas Unverständliches und ging zur Treppe. Rob folgte ihm wie ein treuer Hund. »Was ist mit dem Joint?«
»Ach ja. Rob hat im Garten eine Jointkippe bemerkt. Nehmt sie mit. Rob, bitte zeige Frank, wo sie liegt. Danach kommst du rauf.« Deleu erklomm die Treppe. Auf halbem Wege drehte er sich um. »Und fass nichts …«
»Ja, Papa«, sagte Rob, der schon an der Tür war. Er wollte hinausgehen, wich aber instinktiv zurück. Im Garten war ein Mann. Er hockte im Gras. Rob wies mit dem Kinn auf die Tür, und Frank Tack spähte vorsichtig durch den Spalt. Er biss in die Knöchel seiner rechten Hand, rieb sich nervös über das Kinn und schloss die Augen.
»Gut reagiert, Junge.«
Rob Deleus Wangen glühten. Nadia Mendonck gesellte sich mit fragendem Blick zu ihnen.
»Ein Mann ist im Garten«, erklärte Tack. »Sucht die Wiese ab. Warte.«
Er holte eine kleine Colaflasche von einem improvisierten Tisch und wischte sie mit einem Zipfel seines T-Shirts sauber. Dann griff er nach einer Plastiktüte und einer Pinzette. »Komm ruhig mit«, sagte er zu Rob, dessen
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