Bosmans/Deleu 03 -Ins blanke Messer
wir in der Wand von Benaoubis Wohnung gefunden haben. Ja. Rufen Sie mich bitte zurück.«
Nadia Mendonck ergriff das Wort: »Dewolf erwischt Benaoubi mit Drogen. Benaoubi ermordet ihn mit zwei Kopfschüssen. Er zieht Dewolf die blutige Uniform aus, steckt sie in eine Plastiktüte und transportiert den Toten in Dewolfs Wagen zum Wald. Er deponiert die bis zur Unkenntlichkeit verstümmelte Leiche im Gebüsch und macht sich mit den beschlagnahmten Drogen aus dem Staub.«
»Oder andersherum«, mischte sich Walter Vereecken ein. »Dewolf findet Beweismaterial bei Marouf. Benaoubi folgt Dewolf, schießt ihn nieder und nimmt die Drogen an sich. Und um das Motiv zu verschleiern, ritzt er ihm ein Hakenkreuz in die Brust.«
»Genau!«, rief Frank Tack mit geballten Fäusten. »Wir identifizieren die Leiche, und danach geht der Tanz erst richtig los. Dewolfs Freunde spüren den Mörder auf, exekutieren ihn und nehmen sich das, was ihnen gehört. Die Waffe, mit der Benaoubi Dewolf ermordet hat, lassen sie verschwinden.«
»Um es uns noch einfacher zu machen, nimmt Yussuf Benaoubi die gestohlenen Drogen mit nach Hause, wo er sie seelenruhig in eine Schublade legt, damit Dewolfs Kumpane sie ganz leicht wiederfinden können. Fall erledigt.«
»Die Waffe. Die ist der Schlüssel. Wir müssen unbedingt diese Waffe finden«, sagte Frank Tack in Gedanken versunken.
»Richtig«, pflichtete Bosmans ihm bei. »Sehr richtig. Warum sind in der Wohnung sämtliche Schränke durchwühlt worden? Wenn wir schon zu spekulieren anfangen: Wie groß ist die Wahrscheinlichkeit, dass die Drogen sich in der allerletzten Schublade befanden, die der Mörder öffnete? Haben Sie im Müll Spuren von Drogen entdeckt, Vindevogel?«
»Bis jetzt nicht, Chef.«
»Was soll das heißen, bis jetzt nicht?«
Pierre biss sich auf die Oberlippe und schwieg.
Bosmans stemmte die Fäuste auf seinen Schreibtisch.
»Haben Sie den Abfall etwa noch gar nicht …?«
»Meinen Sie etwa, wir müssen den ganzen Mist untersu-chen?«, unterbrach ihn Pierre.
»Genau. Das meine ich. Auseinanderpflücken bis aufs letzte Molekül.«
Bosmans richtete sich steif auf, den Blick ins Leere gerichtet. Dann sah er auf seine Armbanduhr. »Vierzehn Uhr, Kollegen«, zischte er. »Samstagnachmittag, vierzehn Uhr. Und wie weit sind wir?«
Beredtes Schweigen.
»Haben Sie den Freunden von Benaoubi schon auf den Zahn gefühlt, Vindevogel? Pierre?«
»Diese Marokkaner schweigen wie ein Grab, Mijnheer Bosmans. Wir wissen nicht mal, wer die Freunde des Toten waren. Diese jungen Kerle, die wir uns im Zakouskie gegriffen haben, haben die Zähne auch nicht auseinanderbekommen.«
»Rasha Benaoubi hat einen belgischen Freund. Einen gewissen Tim De Meyer. Er war auch ein Freund ihres Bruders. Sie sind regelmäßig zusammen ins Tsentroem in Mechelen gegangen«, sagte Deleu.
»Worauf warten Sie, Pierre? Auf, auf!«, sagte Bosmans.
»Äh, heute noch, Mijnheer Bosmans?« Pierre schluckte.
»Was soll das heißen, heute noch?«, fragte der Untersuchungsrichter zurück.
»Am Samstag erwischt man die Leute schließlich in Wochenendlaune«, fiel Verstappen ein.
»Okay, fahr aber über den Ring, Verstappen«, knurrte Pierre und zog seinen Partner mit nach draußen.
»Alle anderen wissen, was sie zu tun haben. Okay?« Keiner reagierte.
»Dirk?«
Deleu schreckte aus seinen Tagträumen auf. »Ja, aber ich muss um drei Uhr Rob …« Als er aufblickte, war Bosmans bereits verschwunden.
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13
Die Kugeln aus Dewolfs Kopf und aus Benaoubis Wand haben dasselbe Kaliber und stammen aus derselben Waffe, wahrscheinlich einer Smith & Wesson. Bosmans hat recht. Es geht um eine Abrechnung im Drogenmilieu. Aber warum hat der Mörder die Waffe mitgenommen, die Kugel in der Wand dagegen stecken lassen?
D irk Deleu lavierte seinen Golf durch den stockenden Verkehr auf dem Kardinaal Mercierplein. Gottergeben schaltete er einen Gang runter. Die bevorstehende Konfrontation mit Roger Wittewrongel machte ihn unsicher. Der spröde, allgemein als schwierig geltende Industrielle hatte ihn von Anfang an nicht als vollwertiges Familienmitglied akzeptiert.
Barbara. Sie hatte den entscheidenden Schritt getan. Sie hatte allen überflüssigen Hausrat einlagern lassen und war bei ihren Eltern eingezogen. Wobei unter die Rubrik »überflüssiger Hausrat« sogar Deleus Angelausrüstung fiel.
Das Brusselsepoort kam in Sicht.
Deleu fragte sich, ob er seine Rostlaube vor Barbaras Elternhaus abstellen sollte oder
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