Bosmans/Deleu 03 -Ins blanke Messer
Situation. Daraufhin drehte der Fahnder sich um und sah mit einem breiten Grinsen Nadia an, auf der Suche nach Anerkennung, die sie ihm prompt schenkte.
Deleu starrte auf seine abgetragenen Docksides, deren Anblick ein Symbol dessen war, wie er sich fühlte. Bereit für die Müllkippe.
Exit Deleu.
»Und das Blut?«, fragte der Untersuchungsrichter nervös.
Verbeke verzog pikiert das Gesicht.
»Ja, ja, ich weiß, dass es dafür noch ein bisschen früh ist.«
Als Bosmans sich umdrehte, erhaschte er Deleus resignierten Blick. Er ging auf seinen Freund zu, legte ihm den Arm um den Hals und kniff ihn in die Schulter. »Komm, wir gehen ein Hoegaarden trinken. Im Kleine Keizer.«
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27
I n dem Labyrinth von Fluren und Gängen des Brüsseler Justizpalastes war es Pierre Vindevogel endlich gelungen, dieses verdammte Kameradenschwein abzuhängen. Keuchend versuchte er, wieder zu Atem zu kommen, als er hinter sich die schnellen Schritte Verstappens hörte. Ruckartig wandte Vindevogel den Kopf und sah den Verräter an wie ein hungriger Bussard eine Feldmaus.
Knapp fünf Minuten zuvor hatten sie im Foyer des düsteren Gebäudes – eine Vorhölle, wie sie im Buche stand – eine hitzige Diskussion geführt. Verstappen hatte sich nicht erweichen lassen und darauf bestanden, endlich die Wahrheit zu sagen. Pierre knirschte vor Wut mit den Zähnen.
Idiot!
In dem Moment, als Verstappen den Mund öffnete, schwang die Tür von Saal E auf. Im Hintergrund war Stimmengemurmel zu hören, und Pierre klopfte das Herz bis zum Hals. Er verstand kein Wort, so sehr er sich auch anstrengte. Jemand lachte hoch und schrill, wie ein Flötenkessel unter Dampf.
Malcorps, der Beauftragte des Justizministeriums, breitete einladend die Arme aus und winkte Pierre zu. Sein rötlicher Kinnbart kräuselte sich, als er lächelte.
Judas!
, dachte Vindevogel, als er widerwillig eintrat. Malcorps’ ausgestreckte Hand zitterte. Er nahm Verstappen an der Schulter und schloss die Flügeltür.
Während Pierre wie zur Salzsäule erstarrt stehen blieb, blickte sich Verstappen im Saal um. Alle waren sie gekommen.
Florent Janssens von der Dienstaufsicht mit seinem lächerlichen Ziegenbart. Jan Doms von der Berufungsbehörde. Und dieser Fettsack mit dem breiten Stiernacken und dem Quadratschädel, der Henker aus der Rue Royale. Pierre Ongenae, der Chef der Dienstaufsichtsbehörde.
Ongenae, für die Polizisten die Inkarnation des Bösen, kaute auf einem Zahnstocher herum. Er hatte nicht einmal aufgeblickt, als Verstappen und Vindevogel hereingekommen waren. Wim Schepers, Hoofdcommissaris der Kripo Mechelen und damit der Vorgesetzte der beiden Angeklagten, wischte sich den Schweiß von der Stirn. Er sah aus, als habe er gerade seinen dritten Schlaganfall hinter sich.
Pierre hat nicht den Hauch einer Chance.
Teilweise kannten die beiden Ermittler die Herren gar nicht, die über ihr weiteres Schicksal zu entscheiden hatten.
Keiner von diesen Stubenhockern hat jemals in der Schusslinie gestanden,
dachte Pierre, während er den Blick über die Anwesenden wandern ließ.
Keiner von diesen stinkenden Leichenfledderern hat jemals das Pfeifen einer Kugel gehört. Geschweige denn, ihren heißen Luftzug am Ohr gespürt!
Verstappen versuchte, seinen Partner auf sich aufmerksam zu machen, aber der starrte nur das Fenster an, als wollte er jeden Moment hinausfliegen.
»Setzen Sie sich, meine Herren«, durchbrach Ongenaes schleppende Stimme die Stille. Der Chef der Dienstaufsicht bohrte sich gelangweilt in der Nase.
Jan Verstappen spürte, wie ihm das Hemd am Rücken klebte, als er sich neben Pierre auf einen Bürostuhl setzte. Er roch den Schweiß seines Kollegen und schloss die Augen. Das offizielle Vorgeplänkel ging völlig an ihm vorüber und er wurde erst aufmerksam, als er seinen Namen hörte.
»Inspecteur Verstappen, wie Sie sicherlich wissen, gilt es inzwischen als zweifelsfrei erwiesen, dass der Erschossene, Said el Hidrissi, Linkshänder war«, stellte Florent Janssens von der Dienstaufsicht trocken fest und krempelte die Hemdsärmel um.
Verstappen sah die dicken, behaarten Handgelenke seines Gegenübers an und schwieg.
»Mijnheer Vindevogel?«
»Ich weiß von nichts.«
»Und mein Name ist Hase«, sagte Ongenae lachend. Offenbar fand er sich selbst unwiderstehlich komisch, da sein ironisches Kichern in einen unkontrollierten Lachkrampf ausartete, den er röchelnd mit einem Taschentuch erstickte. Keiner im Saal reagierte, doch alle fühlten sich
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