Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Bosmans/Deleu 04 -Todeswahn

Bosmans/Deleu 04 -Todeswahn

Titel: Bosmans/Deleu 04 -Todeswahn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Luc Deflo
Vom Netzwerk:
dem rosigen Popo wegzog, bemerkte er trotz seines Ekels – gelbgrüner Schleim mit bohnenartigen Dingern drin – voller Rührung, dass es ein Mädchen war.
    ES war kein ES mehr.
    ES
ist ein Mädchen, eine Tochter und später eine Frau und Mutter. Aber jetzt muss ich erst mal den heutigen Tag gut überstehen. So ein schrecklicher Tag. Aber es musste sein. Mein Gott, eine Tochter, und dann stinkt sie so.
    Er riss die Plastikdose mit den Feuchttüchern auf, stellte fest, dass die Öffnung der Innenverpackung versiegelt war, und fluchte verhalten, während er mit der Dose zur Anrichte eilte.
    Doch er fand keine Schere. Eine Menge anderen Krimskrams, aber keine Schere. Die Schranktür klappte zu. Unter seinen Achseln rann klammer Angstschweiß hervor.
    In einem Karton, sie ist noch in einem von den Scheißkartons mit Babysachen
, ging es ihm durch den Kopf.
    Er kehrte zu dem Baby zurück, hob es hoch, sah, dass die Wickelunterlage beschmutzt war, und legte das Kind ein Stückchen höher. Mit den Füßchen –
was für niedliche kleine Zehen!
 – verschmierte das Kind daraufhin den Kot gründlich überall.
    Die quietschrosa Flamingos auf der Unterlage schienen sich im Dreck zu suhlen, bis sie eine gleichmäßig braune Farbe angenommen hatten.
    Schweine! Die sehen aus wie Schweine. Dreckige, kackende, stinkende Schweine!
    Er hielt das Baby am ausgestreckten Arm von sich weg und seufzte, legte es aber dann doch wieder auf das Wickelkissen. Seine Hände waren mit Kot beschmutzt.
    Mit den Zähnen zog er die Küchenschublade auf und wühlte mit den Ellbogen durch die Küchenutensilien. Sie klapperten wie wild, bis er die Schublade mit einem Knall wieder schloss. Es war hoffnungslos.
    Keine Schere.
    Herman Verbist stolperte mit weit von sich gestreckten Armen zum Sofa und schlug mit dem Kopf gegen die Rückenlehne.
    Plötzlich hielt er inne und rannte zum Küchentisch, wo er das am Rand balancierende Baby gerade noch an einem Arm erwischte. Ungeschickt nahm er das nackte Kind in die Arme und ging hinüber zu den unordentlich aufgestapelten Kartons in einer Ecke des Wohnzimmers. Einen nach dem anderen trat er auseinander wie ein Besessener. Pappefetzen flogen durch die Gegend.
    Keine Schere! Nichts … keine Schere!
    Der ratlose Verbist kramte im Krempel herum, und das Baby fing laut an zu schreien. Verbist fluchte verhalten, eine Technik, die er bis zur Perfektion entwickelt hatte, als er bei einer Versicherung gearbeitet hatte und lästige Kunden möglichst höflich loswerden musste.
    Dennoch schwoll sein Vaterherz vor Stolz, denn er schrie das Kind nicht an, sondern legte es so ruhig wie möglich in den bereitstehenden Pappkarton neben dem Sofa. Es war ein neuer Karton, ausgekleidet mit einer Karodecke, einem Erbstück von seiner Großmutter.
    In den ersten Monaten speichern sie die meisten Eindrücke. Wie alt wird sie sein? Neun Monate? Ein Jahr? Ich muss mal in meinem Buch nachschlagen. Nein, darin sind ja nur Föten abgebildet. Ich hab’s gekauft, um mir unsere Caroline besser vorstellen zu können.
    Geistesabwesend blickte er in den Karton und stellte fest, dass jetzt auch an dieser Decke brauner Dreck klebte.
    Scheiße! Überall Scheiße!
    Herman Verbist fuhr sich mit allen zehn Fingern in die Haare.
    »Armes Wichtchen«, schluchzte er.
    Plötzlich erschien ein Lächeln auf seinem Gesicht.
    »Wichtchen, das ist es! Das ist ein schöner Name für dich.«
    Das Lächeln erstarb, als ihm etwas von dem braunen Zeug in die Augen geriet.
    Küchenpapier muss ich haben, massenweise Küchenpapier. Mir bleibt nichts anderes übrig, als es bei den Nachbarn zu erbetteln. Dass ich irgendwann am Bettelstab gehen würde, das hat mir meine Großmutter immer prophezeit, obwohl sie mich liebgehabt hat. Meine Mutter ist im Himmel. Ich habe sie lieb. Bis heute. Und so wird es wohl immer bleiben. Sie sieht mich. Auch, wenn ich an mir rumspiele, das ist nicht angenehm. Sie ist eine weiße Wolke.
    Herman Verbist tigerte im Zimmer auf und ab.
    Du brauchst zuerst einen Plan, Herman. Molok hat recht. Molok hat immer recht!
    Er wischte sich die Hände an der Innenseite seines weißen T-Shirts mit Greenpeace-Logo ab und steckte es anschließend in den Hosenbund. Betreten blickte er erst auf die Wickelunterlage, dann zu dem Baby. Und wieder zur Unterlage. Er presste die Hände an die Schläfen und knirschte mit den Zähnen. Erneut raufte er sich verzweifelt die Haare, während er wie ein Raubtier im Käfig um das Sofa herumlief.
    Plötzlich

Weitere Kostenlose Bücher