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Bosmans/Deleu 04 -Todeswahn

Bosmans/Deleu 04 -Todeswahn

Titel: Bosmans/Deleu 04 -Todeswahn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Luc Deflo
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durchlebte, drehten sich seine Augen weg, so dass nur noch das Weiße sichtbar blieb. Die alptraumhaften Bilder waren völlig real, so lebensecht, als könne er sich selbst berühren. Als er die Arme ausstreckte, flatterten seine Augenlider in einem wahnsinnigen Rhythmus.
     
    Ich stehe auf, ziehe lautlos meine Jeans und mein Unterhemd an, nehme meine Strümpfe und Basketballschuhe und schleiche die Treppe hinunter.
    In der Küche ziehe ich, ohne das Licht einzuschalten, meinen Rucksack unter der Anrichte hervor. Es ist stockdunkel.
    Zehn Minuten lang lausche ich mir selbst und den Geräuschen in meiner Umgebung. Herrlich. Meine Nerven sind zum Zerreißen gespannt. Das Adrenalin pulsiert durch meine Adern. Ich höre nichts mehr. Nilpferde haben einen gesunden Schlaf.
    In der Küchenschublade finde ich blindlings, was ich suche. Schon das allein wäre im normalen Leben undenkbar. Ich bin ein anderer Mensch. Ich fahre mit den Fingern liebkosend über die gezackte Schneide. Das Metall blinkt im Mondlicht. Ich stecke das Messer in die Tasche meines Parkas. Schleiche durch die Hintertür hinaus.
    Ich atme tief ein und aus.
    Die schwüle Sommerluft lässt mich schwindeln. Lebend aus dem stinkenden Morast gekrochen.
    Ich kneife mir in den Arm.
    Es geschieht wirklich.
    Ich lebe.
    Ricardo und Soraya.
    Die weite Welt winkt.
    Es dauert noch an die fünf Minuten, bis sich meine verkümmerten Muskeln meiner neuen Persönlichkeit angepasst haben. Endlich! Ich atme tief ein und aus. Action!
    Auf der Straße blicke ich vorsichtig von rechts nach links.
    Nichts.
    Niemand.
    Ich spaziere zum Zennedeich und genieße das Klopfen meines Herzens. Ich folge dem dicht bewachsenen Jagdpfad und wende mich in Richtung Bahnhof.
    Dort! Licht. Die Bahnsteige!
     
    Verbists Finger verkrallten sich in das Sofakissen. Mit leeren Augen starrte er auf den verformten Teddybären, der unbeirrt freundlich lachte. Das Weinen des Babys hörte er nicht. Seine schweren Augenlider fielen zu. Er sah nur noch wirbelnde Farben.
     
    Ich nehme Abschied von Gott und Jesus und Maria, der Mutter Gottes. Gegrüßet seist du und auf Wiederschaun.
    Absolute, kompromisslose Freiheit.
    Alles verzehrende Angst.
    Mein Verhältnis zu Jesus: eine Mischung aus Liebe und Hass. Die Angst hat die Oberhand gewonnen. Wenn man die einmal verliert, bleibt auch keine Liebe mehr übrig. Nur noch man selbst. Das eigene, sterbliche Ich.
    Jede Minute zählt.
    Minutenlang geschieht nichts.
    Sie kommt nicht.
    So ist es gut.
     
    Plötzlich taucht ein monumentaler Schatten auf, weit weg, aber furchtbar bedrohlich, und doch zugleich erlösend.
     
    Ein Drache.
    Eine Lokomotive.
    Soraya!
    Ich weiß, dass du kommst.
    Soraya.
    Wir werden es tun.
    Ricardo ist hier, Schätzchen.
    Ricardo wartet auf dich.
    Ricardo ist bereit für dich.
    Soraya … meine Geliebte …
    Schmerzen.
    Geld.
    Ich habe das Geld vergessen.
    Dieses Messer.
    Warum habe ich das Messer mitgenommen?
     
    Das Baby weinte und schrie herzzerreißend.
    Herman Verbist schüttelte halb betäubt den Kopf. Er versuchte, sich aufzurichten, schaffte es aber nicht. Seine Muskeln versagten. Er stöhnte. Er verlor das Bewusstsein. Sein ganzer Körper erschlaffte. Ihm schwanden die Sinne. Das Kinn sank ihm auf die Brust, und die Welt färbte sich schwarz.

[home]
    Dienstag, 25 . November – 12  Uhr 41
    W ährend in Sandras Wohnung Herman Verbist in tiefe Bewusstlosigkeit sank, klickte Deleu verbissen den Alias »Sanjana« an, der sich rot gefärbt hatte und in ein anderes Raster gesprungen war.
    »Verdammt! Ausgeloggt.«
    »Kannst du Sanjanas Identität herausfinden?«
    Deleu klickte hektisch einige Icons an.
    »Sanjana«.
    »Info«.
    »Main«.
    »Eine E-Mail-Adresse!«, rief Nadia, aber Deleu stieß erneut einen Fluch aus.
    »Was ist denn?«
    »[email protected], das ist eine Freemail-Adresse ohne Provider. Einer von diesen anonymen Briefkästen, der irgendwo in den USA verwaltet wird. Damit können wir nichts anfangen.«
    »Aber wir könnten doch eine Suchanfrage …«
    »Nein, Nadia, das läuft alles anonym. Niemand weiß, wer sich hinter einer solchen Adresse verbirgt.« Er drehte sich abrupt um. Nadia sah gekränkt aus, und er bereute seine heftige Reaktion. »Entschuldige bitte. Leider werden wir die Identität niemals herausfinden, es sei denn, die Benutzerin hat ihre Daten freiwillig angegeben.«
    Deleu klickte auf »View Message History« und schon erschien eine Reihe von Dialogen mit Datum und Uhrzeit.
    »Wow!«, rief

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