Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Bosmans/Deleu 04 -Todeswahn

Bosmans/Deleu 04 -Todeswahn

Titel: Bosmans/Deleu 04 -Todeswahn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Luc Deflo
Vom Netzwerk:
Nadia.

[home]
    Dienstag, 25 . November – 14  Uhr 41
    I m Blokweg, einer öden kleinen Straße in Eppegem, drängte sich eine Menschenmenge.
    Der dröhnende Bulldozer hatte die ganze Nachbarschaft aus dem Winterschlaf gerissen, und immer neue Leute strömten herbei. Einer der Gaffer hatte sogar eine Thermoskanne unter den Arm geklemmt. Mit offenem Mund beobachtete er, wie die schwere Baumaschine mühelos eine zehnjährige Birke im hinteren Teil des Gartens niederwalzte.
    Das Krachen des sterbenden Baumes wirkte umso brutaler, da die Grabungsarbeiten auf der Rasenfläche neben der Auffahrt mit stiller, archäologischer Akribie vonstattengingen.
    »Haltet uns bloß die Leute vom Leib!«, schrie Jos Bosmans, der in höchster Anspannung Commandant Dewinne, dem örtlichen Identifikationsspezialisten, über die Schulter blickte.
    Der gelbliche Stummel, den Dewinne vorsichtig aus der Erde herauslöste, war ohne jeden Zweifel ein Knochenfragment.
    »Vertebra prominens«, murmelte Dewinne, eine Hand am Kinn.
    »Wie bitte?«
    »Vertebra prominens, der siebte Halswirbel.«
    »Menschlich?«
    Dewinne nickte.
    Die Männer, beide erfahrene Ermittler, sahen einander zutiefst resigniert an.
    »Unglaublich«, murmelte Jos Bosmans. »Ist ja wie im Horrorfilm.«
    Erik Dewinne hob die Schultern, winkte einem Kollegen und erwiderte seufzend: »Ein Glück, dass er nicht von einem Kind stammt.«
    »Ja, ein Glück«, echote Bosmans. In seinen Augen blitzten unterdrückte Wut und Trauer, als er zu den Absperrgittern schritt und barsche Befehle bellte.
    Dann kehrte er zu den Ausgrabungen zurück. Commandant Dewinne pulte mit einem Skalpell einen Klumpen eingetrockneter Erde aus der rechten Augenhöhle eines Totenschädels.
    »Von einer Frau«, murmelte er, während er mit der von einem dünnen Chirurgenhandschuh geschützten Hand über den Schädel strich. »Eine Ausländerin. Asiatin oder Afrikanerin.«
    »Woher weißt du …«
    »Die Form der Wangenknochen«, unterbrach ihn Dewinne.
    Bosmans’ lauter Fluch jagte Dewinne einen Schauder über den Rücken. Er blickte auf. Zornig schlug sich der Untersuchungsrichter mit der flachen Hand auf den Oberschenkel. Dewinne hatte den Verdacht bestätigt. Sie hatten es mit dem ungelösten Fall zu tun, der vor etwa zwei Jahren die Gemüter erregt hatte und der längst ad acta gelegt worden war. Damals war ein junges Mädchen afrikanischer Herkunft spurlos verschwunden, bis man ihre enthauptete Leiche im Wasser gefunden hatte. Dieses Ungeheuer von Verbist hatte also vermutlich das junge Ding hierhergelockt und auf grauenvolle Weise umgebracht.
    Deleu hatte recht gehabt.
    »Sag, dass das nicht wahr ist! Sag bitte, dass das nicht wahr ist!«
    Bosmans winkte einem Kollegen von der Ortspolizei. Zögernd näherte sich der Mann. Schließlich war Bosmans berüchtigt für seine ruppige Art.
Warum ausgerechnet ich?
, fragte er sich.
    »Fordern Sie Verstärkung an. Unverzüglich. Ich will, dass das Haus gegen die Medien abgeschirmt wird. Und halten Sie diese Leute fern! Ich erwarte, dass innerhalb von …«, Bosmans warf einen Blick auf seine Armbanduhr, »… zwei Stunden alles über die Bühne gegangen ist. Höchstens zwei Stunden!«
    Dann wandte er sich zum Haus und ging hinein.
    »Dirk! Nadia!«

[home]
    Dienstag, 25 . November – 14  Uhr 45
    I n der kleinen Wohnung in Mechelen öffnete Herman Verbist die Augen. Seine Lippen waren trocken und aufgesprungen, rauh wie Sandpapier.
    Mühsam richtete er sich auf.
    »Wichtchen!«
    Auf allen vieren kroch er zu dem Karton. Das Baby hatte sich in den Schlaf geweint. Es atmete mühsam und unregelmäßig.
    Er streckte den zitternden Zeigefinger nach dem Gesichtchen aus und streichelte über die gerötete Haut. Das Baby bewegte sich.
    Herman Verbist zog den Finger wieder zurück. Sein Brustkorb hob und senkte sich heftig. Sein Atem ging schneller. Er beugte sich mit dem Oberkörper nach vorn, stützte die Stirn auf dem Teppichboden ab, rollte sich zur Seite und starrte an die Decke. Der staubige Kronleuchter ignorierte ihn. Rot, Gelb, Grün: Die Farben wirbelten um ihn herum, bis nur noch Violett übrig blieb. Erst sah er nur Schatten. Dann wurden die Bilder schärfer. Messerscharf.
     
    Warten. Mit angehaltenem Atem, allsehenden Augen und geblähten Nasenflügeln.
    Der Schatten nähert sich. Erst langsam, dann immer schneller, unabwendbar.
    Nadelspitze Stiche am ganzen Körper. Tausende Glassplitter versuchen, sich aus meinem Inneren zu befreien.
    Pochende

Weitere Kostenlose Bücher