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Bosmans/Deleu 04 -Todeswahn

Bosmans/Deleu 04 -Todeswahn

Titel: Bosmans/Deleu 04 -Todeswahn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Luc Deflo
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seinerseits.
    »Ah, lecker, Fritten«, sagte Marcel. »Was ist denn drauf?« Er wischte sich das Kinn ab.
    »Mayonnaise und Schmorfleischsauce. Dazu Currywurst und Schaschlik«, erwiderte Herman Verbist tonlos und begann automatisch, in seiner Hosentasche nach Kleingeld zu suchen.
    »Currywurst wird aus durchgedrehten Schweineohren hergestellt, angeblich macht das Ohrenschmalz sie so saftig.«
    Marcels Augen funkelten boshaft, und sein stumpfsinniges Gegenüber grinste. Verbist blickte verwirrt das Essenspaket an, das sich schlaff, feucht und klamm anfühlte. Er drehte sich um und stieg die Treppe hinauf.
    »Ich kenne keine Chrissie!«, rief Chris ihm hinterher.
    »Ich auch nicht, ich habe mich geirrt!«, erwiderte Verbist kurz angebunden, während die Fritten, deren Bild er vor Augen hatte, langsam, aber sicher zu Brei wurden. Kalter Frittenmatsch und ranziges Fleisch. Was für eine Katastrophe!
    »Hier stinkt’s irgendwie verrottet«, bemerkte Chris.
    »Stimmt, hier stinkt’s«, bestätigte Marcel.
    »Das müssen meine Fritten sein«, flüsterte Verbist, der gehemmt stehen geblieben war.
    Diese Idioten wissen gar nicht, wovon sie reden, aber sie haben recht. Hier stinkt es wirklich.
    Verbist blickte sich um und sah, wie Marcel unsicher an seinen Achseln roch.
    Nein, du bist das nicht. Es geht schnell, weil die Heizung natürlich noch läuft. Ich muss die Bude anzünden. Das wäre die einfachste Lösung. Alle Spuren verwischen. Aber dann würden wir auf der Straße stehen. Später, morgen, übermorgen, nächste Woche.
    Entschlossen ging Verbist hinauf.
     
    Wichtchen war wach.
    Verbist klatschte die Fritten auf den Küchentisch, nahm das Baby auf den Arm und setzte es in den Hochstuhl. Auf dem Weg in die Küche, wo er sich ein Bier holen wollte, dachte er sich in Bezug auf sein Abendessen die abscheulichsten Katastrophenszenarien aus, und als er das durchweichte Paket auffaltete, packte ihn beim Anblick des formlosen Breis das Grausen.
    Er schmiss das Zeug in den Mülleimer, nahm Wichtchen aus ihrem Hochstuhl, deponierte sie unsanft in ihrem Weidenkorb und ging in die Küche, wo er nach einem scharfen Fleischmesser griff, entschlossen, einen jungen Adonis umzubringen.
    Wichtchen weinte und strampelte, aber Vati ignorierte sie, verließ die Wohnung und kehrte zu der Imbissbude zurück.
    Die Straße war verlassen.
    Verbist verbarg sich im Eingang eines Herrenhauses, als ein heruntergekommener Kerl mit rotem Kopf, verschlissenem Rollkragenpullover und fleckigem Overall auf sein Fahrrad zuging.
    Herman Verbist fuhr mit dem Finger über die kalte Messerschneide und schlüpfte auf die Straße. Er folgte dem müden Arbeiter ein Stück weit, kehrte dann aber plötzlich um.
    Dieser Penner hat es nicht verdient, und außerdem stellt er für Wichtchen keine Bedrohung dar. Wahrscheinlich sind auch seine Fritten kalt geworden, bis er zu Hause bei seiner Frau und seinen hungrigen Kindern ankommt. Ich lasse ihn am Leben.
    Herman Verbist war sehr stolz auf sich.
    Hier an dieser fettigen Frittenbude trifft man sowieso selten einen jungen Adonis, einen von den aalglatten, die nur noch über ihr Handy kommunizieren. So einer isst in einem gemütlichen Restaurant bei Kerzenschein zu Abend.
    Das Fleischmesser fiel klappernd auf die Pflastersteine. Verbist vergaß die Fritten, schlenderte nach Hause, ging nach oben und beruhigte Wichtchen.
    Er fütterte und badete sie und legte sich dann mit ihr ins Bett. Nach einer Stunde Toben schlief sie mit dem Daumen im Mund ein.
    Verbist blieb noch zehn Minuten lang neben dem Bett stehen und betrachtete sie, dann ging er zufrieden zum Computer. Unterwegs knurrte ihm der Magen. Er holte das Essenspaket aus dem Mülleimer, kippte den Inhalt in eine Plastikschüssel und stellte diese in die Mikrowelle. Er zögerte, stellte sie schließlich auf die höchste Wattzahl und saß zwei Minuten später am Tisch. Er löffelte den heißen Brei in sich hinein und verbrannte sich dabei die Lippen.
    Lecker! Köstlich! Na ja, jedenfalls besser als eine Dose Sardinen in Tomatensauce. Man isst alles, wenn man Hunger hat. Chrissie kommt nicht. Es hat sich also nichts verändert. Schweben. Eine vergängliche Seifenblase im unendlichen Universum.
    Plötzlich griff er sich an den Bauch und stolperte zur Toilette. Als er aufstand und sich umblickte, war die Kloschüssel bis zum Rand braun bekleckert und stank fürchterlich.
    Ich rieche mich. Kaum zu glauben, dass auch Chrissie manchmal so furchtbar stinken kann.

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