Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Bosmans/Deleu 04 -Todeswahn

Bosmans/Deleu 04 -Todeswahn

Titel: Bosmans/Deleu 04 -Todeswahn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Luc Deflo
Vom Netzwerk:
doof?«
    Verbist sah sein Kind an, das auf Chrissies Schoß unruhig zappelte. Er lief feuerrot an.
    »Wenn ich ihm tausend Euro gebe, lässt er mich fürs Erste in Ruhe.«
    »Was soll das denn heißen, ich dachte, du würdest …?«
    »Er hat Spielschulden. Entweder ich gebe ihm sofort die tausend, oder ich steige in den Zug.«
    Vorsichtig bettete sie Wichtchen in die Kissen und machte Anstalten aufzustehen.
    Das Baby hustete. Der Husten war in den letzten Stunden immer schlimmer geworden.
    »Warte.«
    Verbist ging zum Schrank, zog eine Schublade auf, nahm zweihundert Euro aus einem Strumpf und gab Chris das Geld.
    »Hier, den Rest bekommst du morgen, die Bank ist jetzt geschlossen.«
    Er wagte nicht, Wichtchen dem jungen Mädchen anzuvertrauen, denn irgendetwas stimmte nicht mit Chrissie, auch wenn er noch nicht wusste, was.
    Chris schwieg.
    »Morgen gebe ich dir die restlichen achthundert, das verspreche ich dir hoch und heilig.«
    »Wie kommst du an so viel Geld? Ich dachte, du wärst arbeitslos?«
    »Ich habe das Geld von meiner Großmutter geerbt, in Form von Kassenobligationen. Hier, nimm, bevor ich es mir anders überlege.«
    »Danke. Darf ich noch ein bisschen bleiben?«
    Verbist nickte, ging zum Computer und öffnete willkürlich eine Datei. Chris stellte sich hinter ihn, und als er ihren warmen Atem im Nacken spürte, betätigte er die Escape-Taste.
    »Was war das?«
    »Ich schreibe.«
    »Worüber?«
    »Über meine Jugend. Gedichte und so.«
    »Darf ich sie lesen?«
    »Nein, nicht jetzt, später vielleicht.«
    »Posthum?«
    »Wenn du mich überlebst.«
    »Oder wenn dein Buch in den Geschäften liegt?«
    »Es wird nicht in den Geschäften liegen, niemals.«
    »Weil du nicht gut genug bist?«
    Verbist krümmte die Finger.
    »Nicht aufgeben.« Sie küsste ihn flüchtig auf die Stirn und ging. Die Haustür schlug mit einem Knall zu. Er drehte sich mit einem Ruck um, von Zweifeln zerfressen.
    Zweihundert Euro und meine zukünftige Frau weg. Zweihundert Euro für nichts und wieder nichts. Meine Taube ist tot.
    Er öffnete die Hand und sah das Schamhaarbüschel an. Er schnupperte an seinen Fingern und leckte daran.
    »Chrissie!«
    Penetranter Heringsgeruch.
    »Ab jetzt esse ich Hering nur noch mit Messer und Gabel. O Chris … Chrissie.«
    Herman Verbist schloss die Augen und sah eine düstere Zukunft vor sich liegen.
    Verliebt, verlobt, verheiratet, geschieden. Das Muster zu durchbrechen, das ist die Kunst. Aber Wichtchen wird mir helfen. Wichtchen, der Schlüssel, der in jede Tür passt. Mein kleines, liebes, schnuffeliges, flaumiges, herrlich duftendes Babykind!
    Er ging zu ihr hin, küsste sie liebevoll auf beide Augen und wusch sich in der Toilette ausgiebig die Hände.
    In der Hoffnung, dass Chrissies Geruch stärker war als alles andere, roch er anschließend an seinen Händen. Seife – ihm graute.
    Im Wohnzimmer streichelte er dem schlafenden Baby über die Wangen, schaltete den Fernseher ein und sah sich zwanzig Minuten lang französisches Schulfernsehen an. Es ging um Telekommunikation.
    Geht Chris noch zur Schule? Ob sie eine Arbeit finden wird? Zwei Kinder und ein alter, notorischer Versager, schöne Kombination.
    Verbist schwankte zwischen Fernsehen, Chatten und mit Wichtchen kuscheln. Sein Bedürfnis nach Gesellschaft war fast schmerzhaft, aber er ließ Wichtchen schlafen und ging ins Badezimmer.
    Wenn Chrissie zurückkommt, muss ich frisch gewaschen sein. Man weiß ja nie. Vielleicht stürzt sie sich gleich auf mich? Im Film machen sich die Leute immer vorher frisch, aber nicht im wahren Leben. Im wahren Leben stinkt man oft genau dann, wenn man es am wenigsten gebrauchen kann. Nach zehn Jahre Ehe machen sich die meisten nicht mal mehr die Mühe, sich vorher die Genitalien zu waschen, geschweige denn, dass sie sich jeden Abend die Zähne putzen. Du schläfst neben deinem Fleischklumpen und wälzt dich verzweifelt in deinem eigenen Dreck.
    Herman Verbist schrubbte alle Zweifel weg. Er biss die Zähne zusammen, und zum ersten Mal wehrte er sich mit aller Macht gegen die alptraumhaften Bilder aus der Vergangenheit. Es funktionierte. Die Erinnerung an Chris war stärker.
    Als er aus dem Badezimmer kam, weinte Wichtchen. Er nahm sie auf den Schoß und küsste sie auf den Mund. Sein Magen knurrte, und er legte das protestierende Baby in seinen Korb.
    Im Treppenhaus nahm er einen Übelkeit erregenden Geruch wahr. Er achtete nicht darauf und eilte hinaus.

[home]
    Mittwoch, 26 . November – 21  Uhr

Weitere Kostenlose Bücher