Bosmans/Deleu 05 -Schnitzeljagd
auf die Stirn. Als seine Lippen sich bewegten, drückte Mendonck ihren Zeigefinger darauf.
»Ist schon gut, Dirk. Ein anderes Mal. Bosmans wartet auf uns.«
*
Pierre Vindevogel, auch bekannt als »der schielende Pierre«, zog ein missmutiges Gesicht, als sein Freund und Kollege Walter Vereecken ihn anrief und bat, vor der Wohnung von Hilde Plaetinck Wache zu halten.
»Auftrag von Bosmans, Pierre. Superdringend.«
»Superdringend? Heutzutage ist alles superdringend. Nur Überstunden abrechnen, das ist nicht superdringend. Das finden die Herren …«
»Herrgott noch mal, Pierre, hör auf zu nörgeln! Ich meine es ernst. Die Frau schwebt in Lebensgefahr!«
Pierre Vindevogel nahm das Mobiltelefon vom Ohr und betrachtete es, als hätte es ihn gebissen. »Okay, Walter. Reg dich nicht auf. Ich werd mir unten auf der Wache das Phantombild besorgen. Keine Sorge, ich bin schon unterwegs.« Vindevogel, der nicht im Traum daran dachte, seinen Kollegen um weitere Informationen zu bitten, hievte die Füße vom Stuhl, massierte sich die schmerzenden Waden und stapfte schwerfällig hinaus auf den Flur. Auf dem Weg ins Erdgeschoss begann sein Bauch zu grummeln. Pierre rieb sich das hervorstehende Pilsgeschwür, in dem noch fünfzehn Bierchen vom Vorabend vor sich hin gärten, und beschleunigte seine Schritte.
Als nur noch zwei Meter Hilde Plaetinck von Jozef Van Cleynenbreughel trennten, der mit angehaltenem Atem vor ihrer Wohnungstür stand und derart aufgedreht war, dass seine kräftigen Hände bebten, klingelte plötzlich ihr Telefon.
Abrupt hielt sie inne und kehrte auf wackligen Beinen ins Wohnzimmer zurück. Die unterschiedlichen Signale, die gleichzeitig ihre Aufmerksamkeit verlangten, machten sie schwindelig und verwirrt. Sie beugte sich vor und nahm zögernd den Hörer von der Gabel.
»Hallo?«
»Mevrouw Plaetinck?«
»Ja?«
Die Klingel der Wohnungstür schellte.
»Augenblick.« Hilde Plaetinck legte den Hörer auf den Beistelltisch, eilte zur Tür und öffnete sie einen Spalt. Vorsichtshalber ließ sie die Sicherheitskette eingehängt. Durch den Spalt sah sie einen attraktiven, kräftig gebauten Mann um die fünfundvierzig. Er wedelte mit einem Plastikausweis und seine dunklen Augen betrachteten sie freundlich und leicht amüsiert.
»Guten Tag. Ich bin Beamter bei der Föderalen Polizei. Mein Vorgesetzter hat mich gebeten, hier vorbeizuschauen und ein wachsames Auge auf Ihre Wohnung zu haben. Darf ich hereinkommen?«
Die junge Frau musterte den Mann misstrauisch, aber sein entwaffnendes Lächeln beruhigte sie ein wenig. »Augenblick.«
Während sie verwirrt zum Telefon lief, veränderte sich der Gesichtsausdruck des Mannes. Seine Kehle war wie ausgetrocknet, und während er sich den Adamsapfel massierte, verhärteten sich seine Halsmuskeln.
»Ja, hallo?«
»Mevrouw Plaetinck?«
»Ja?«
»Hören Sie, hier ist Walter Vereecken von der Föderalen Polizei.«
»Ja?«
»Ich muss Sie dringend bitten, ab jetzt niemanden mehr in Ihre Wohnung zu lassen. Wir haben Grund zu der Annahme, dass Sie möglicherweise in Lebensgefahr schweben.«
Am anderen Ende der Leitung herrschte Stille.
»Aber Sie brauchen keine Angst zu haben. Es ist bereits einer unserer Beamten auf dem Weg zu Ihnen. Er müsste jeden Moment bei Ihnen eintreffen. Sein Name ist Vindevogel.«
»Vindevogel, sagten Sie?«, fragte sie heiser.
Vereecken spürte die ungeheure Spannung und verfluchte sich selbst dafür, weil er der Frau wahrscheinlich völlig umsonst einen höllischen Schreck eingejagt hatte. »Ja, Vindevogel. Wenn er bei Ihnen eintrifft, können Sie ihn bitten, sich auszuweisen.«
»Ja, ist in Ordnung. Okay.« Hilde Plaetinck warf einen Blick über die Schulter. »Er ist gerade angekommen. Vielen Dank.« Sie warf den Hörer auf die Gabel und eilte zur Wohnungstür. Während sie mit nervösen Fingern an der Sicherheitskette fummelte, besann sie sich plötzlich eines Besseren. »Wie heißen Sie noch mal?«
»Vindevogel«, sagte der Mann mit einem Lächeln und schaute die junge Frau an, als würden seine Augen jeden Quadratmillimeter ihres Gesichts scannen. Sein Blick hatte etwas Beruhigendes, als wären sie alte Freunde. Aber die Frau zog ihn auch magisch an. Dafür sorgte der winzige Schönheitsfleck unter ihrem rechten Wangenknochen: Er war atemberaubend und ließ Jozefs Herz wie wild schlagen.
Als er durch die Tür trat, verspürte er den beinah unwiderstehlichen Drang, Muriels Halbschwester zu umarmen und ihre vollen,
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