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Bosmans/Deleu 05 -Schnitzeljagd

Bosmans/Deleu 05 -Schnitzeljagd

Titel: Bosmans/Deleu 05 -Schnitzeljagd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Luc Deflo
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verarbeiten können und dass sie vom rechten Pfad abgekommen sei. Es war das erste und einzige Mal, dass er Beherman wirklich erzürnt gesehen hatte. Er war regelrecht wütend geworden.
    Van Cleynenbreughel knirschte mit den Zähnen, als die verletzenden Worte des Doktors in seinem Kopf widerhallten: »Sie hat einen Liebhaber. Einen verheirateten Mann. Mit zwei Kindern. Sie lebt in Sünde. Genau wie Sie.«
    Jozef Van Cleynenbreughel hörte wieder seine eigene gepresste Stimme, als er Beherman fragte: »Kann ich sie kennenlernen? Vielleicht kann ich sie ja trösten, können wir einander trösten.« Und er erinnerte sich an das brennende Verlangen. Sein Schoß stand in Flammen. Der Doktor hatte ihn daraufhin sehr lange angesehen. Und dann gelächelt. Und eine Schublade seines großen Schreibtischs geöffnet. Und seinem Patienten die Mappe mit den Unterlagen gegeben.
    Vor seinem inneren Auge sah Van Cleynenbreughel die graue Kunststoffmappe vor sich, mit dem grünen Papierbogen – die Versicherungsbescheinigung für Hilde Plaetincks Wagen – und ihrem Führerschein. »Hier, bring ihr diese Mappe«, hatte Beherman gesagt, mit einem amüsierten Lachen. »Die hat sie bei ihrem letzten Besuch vergessen. Aber sie kommt nicht mehr – sie denkt, sie sei geheilt.«
    Van Cleynenbreughel hatte Beherman bezahlt und war gegangen. Der Doktor hatte ihm zum Abschied sogar noch nachgewunken. Das war das letzte Mal gewesen, dass er ihn gesehen hatte. Bei Nacht und Nebel verschwunden. Bei seinem nächsten Termin war niemand mehr da gewesen. Eine Putzfrau behauptete, der Doktor sei fortgezogen und seine Praxis stünde zum Verkauf. Daraufhin hatte Van Cleynenbreughel seinen Freund John Mispelters angerufen, aber auch der beteuerte, dass er die neue Adresse nicht wisse und dass er außerdem mit diesem Beherman nichts mehr zu tun haben wolle. Aber John log. John hatte Angst vor ihm. Todesangst.
    Daraufhin war er sofort zu der umkringelten Adresse gefahren. Hierher. Zu dieser Wohnung. Hier isst sie. Hier schläft sie. Hier atmet sie. Hier …
     
    Ein lautes Dröhnen riss ihn aus seinen Gedanken. Jozef Van Cleynenbreughel schüttelte den Kopf und schien aufzuwachen. Er drehte sich um und lehnte sich erneut aus dem Fenster. »Liebes. Komm. Gib mir deine Hand.«
    Hilde Plaetinck sah, dass die Finger langsam näher kamen wie die haarigen Beine einer Vogelspinne. Der Mörder hing mit dem Oberkörper aus dem Fenster, und seine Hand kroch über die glatten Dachpfannen. Plaetinck presste die Schulter gegen das Dach und schleuderte laut kreischend das große Küchenmesser durch die Luft.
    Van Cleynenbreughel stieß einen heiseren Schrei aus und betrachtete ungläubig die blutige Kerbe in seinem Handgelenk. Dicke rote Blutstropfen fielen auf den verzinkten Rand der Regenrinne.
    Hilde Plaetinck schrie sich die Lunge aus dem Leib. Das Messer schlug gegen die Dachpfannen, schien einen Moment am Rand eines Dachziegels festzuhängen und sauste dann in die Tiefe.
    Van Cleynenbreughel presste sein verwundetes Handgelenk an die Lippen. Der Geschmack des Blutes ließ helle Panik in ihm aufsteigen. Aggression. Blinde Wut.
    In der Zwischenzeit schob Hilde Plaetinck sich mit geschlossenen Augen immer weiter über die Dachrinne. Den Verstand ausgeschaltet. Schritt für Schritt, ängstlich, weg von den greifenden Händen. Die schmale Dachrinne knackte und bog sich bei jeder kleinen Bewegung gefährlich durch.
    Van Cleynenbreughel riss ein Geschirrtuch vom Haken, wickelte es um die Wunde und zog den Knoten mit den Zähnen zu. Während er die Küchendecke fixierte – durch die Reflexion des strömenden Regens schienen schwarze Rinnsale über die weiße Fläche zu fließen –, überkam ihn plötzlich eine seltsame Ruhe.
    Sie sitzt fest. Ein Entkommen ist nicht möglich. Sie gehört mir. Mir und niemand anderem. Muriel. Hilde.
    Eine gellende Sirene riss ihn zum zweiten Mal aus seinen Gedanken.
    Plötzlich waren überall Autos und Menschen, die im Halbdunkel bizarre Schatten auf die kahlen Mauern warfen.
    Jozef Van Cleynenbreughel schnappte nach Luft und rannte zur Wohnungstür.
    Im Hausflur zögerte er. Aufzug oder Treppe? Er drückte auf den Fahrstuhlknopf und trommelte sich ängstlich mit den Fingern auf die Wange.
    Was, wenn die Bullen bereits im Fahrstuhl sind?
    Grell flackernde Blitzlichter, psychedelische Lichtspiele, verkrampfte Sinnesorgane, glänzende Polizeiuniformen.
    Jozef Van Cleynenbreughel schnappte keuchend nach Luft, und als dröhnende

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