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Bosmans/Deleu 05 -Schnitzeljagd

Bosmans/Deleu 05 -Schnitzeljagd

Titel: Bosmans/Deleu 05 -Schnitzeljagd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Luc Deflo
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Haut. Herabhängende Haut. Glitschiges Muskelgewebe.
    Zwei Lichtkegel durchschneiden die Dunkelheit.
    Bullen!
    Nein. Ein Lastwagen.
    Das Ufer ist glatt. Sein Standbein rutscht weg. Kriechen. Auf Händen und Füßen. Seine Schultern schmerzen höllisch. Mit rudernden Armen torkelt er über den Weg, taumelt von links nach rechts.
    Quietschende Bremsen. Das riesige Fahrzeug hält an. Ein Mann steigt aus und mustert verwundert und mit offenem Mund den knienden Verletzten.
    Als Hermans mit beiden Händen in sein Hemd greift und ein Bündel Geldscheine zum Vorschein holt, wirft der Mann seinen Pferdeschwanz in den Nacken und schaut rasch von links nach rechts.
    »Hilf mir.«
    »Komm mit, Kumpel.« Der Trucker öffnet die Beifahrertür und schiebt ihn in die Kabine. Hermans zittert und droht das Bewusstsein zu verlieren. Der
LKW
-Fahrer, eine drahtige, wettergegerbte Ratte, schielt begierig nach den Geldscheinen.
    Kämpfen. Nicht das Bewusstsein verlieren. Nicht jetzt.
    »Ich hab noch mehr. Viel mehr. Aber du musst mir helfen. Ich brauch medizinische Versorgung und einen Unterschlupf.«
    »Wie viel mehr?«
    Ihre Blicke kreuzen sich. Hass und Verachtung.
    Der Trucker kneift prüfend in die durchnässten Geldscheine. »Du bist der Kerl, der auf der Flucht ist. Dieser Mörder. Ich hab im Polizeifunk davon gehört«, zischt er. »Wie viel mehr?«
    »Viel. Wenn du die Schnauze hältst.«
    »Gib mir das, was du hast. Alles.«
    Hermans schiebt eine Hand in sein Hemd, und die Geldscheine flattern auf die dreckige Fußmatte.
     
    Als er wieder zu sich kommt, liegt er auf einem Feldbett. In einem feuchtkalten Schuppen. Seine Sinne registrieren tausend Dinge gleichzeitig. Sein ganzer Körper scheint in Flammen zu stehen. Über ihm ragt ein großer, blasser Mann auf; sein ausdrucksloses Gesicht schimmert grau unter dem Wellblechdach des Schuppens.
    Hermans fühlt sich schwindlig. Das Blut pocht in seinen Schläfen.
    Betäubt. Seine Haut prickelt. Sein linker Arm zuckt unkontrolliert. Aus den Augenwinkeln sieht er eine Gestalt: Ein paar Schritte weiter hockt sein Retter auf einem Holzschemel, die Hände gefaltet, und schaut reglos zu.
    Er öffnet den Mund. Er stellt eine Frage. Hermans kann ihn nicht verstehen. Das Rauschen in seinem Kopf dämpft alle anderen Geräusche. Pochende Schläfen. Rasende Kopfschmerzen. Der Mann mit dem bleichen Gesicht, ein Arzt, reagiert mit einem kurzen, unpersönlichen Nicken. Er drückt seine Tasche zu und setzt sich schwerfällig in Bewegung.
    Der andere Mann steht auf und folgt ihm schweigend, ohne sich noch einmal umzudrehen.
     
    Die Erinnerung war verschwommen, wahrscheinlich aufgrund der hohen Dosis Morphin und anderer Schmerzmittel.
     
    Stunden, Tage, Nächte, Wochen lag er dort. Hin- und hergerissen zwischen Euphorie und abgrundtiefer Verzweiflung.
    Meistens starrte er auf die tanzenden Lichtpunkte an den morschen, wurmstichigen Balken. Wie ein krummes Labyrinth.
    Der brennende Schmerz ebbte langsam ab. Die lichten Momente wurden zahlreicher, und in seinem perversen Geist begannen neue Pläne zu gären. Die degenerierten Hirngespinste erzeugten ein seltsames Gefühl der Erregung.
    »Büßen. Büßen sollst du, Deleu.«

[home]
    11
    H edwige warf einen flüchtigen Blick über die Schulter und betrat dann den Laden. Dirk Deleu schaute sich verzweifelt nach einer freien Parklücke um, fuhr schließlich quer über die Straße und manövrierte seinen Golf auf einen leeren Busparkplatz.
    Hastig stieg er aus, sprintete zur anderen Straßenseite und stellte sich in den Hauseingang eines großen Stadthauses, um aus diesem Versteck das Schaufenster des Esoterikladens beobachten zu können.
    Die schmuddeligen Auslagen bestanden aus Tarotkarten, Töpfen und Tiegeln mit Weihrauch und Kräutern und irgendwelchem Krimskrams. Zwischen zwei Tischdecken mit eingewebten Sternbildern erkannte er den Rücken von Hedwige, die gerade mit einem Althippie mit John-Lennon-Nickelbrille sprach.
    Der Mann wedelte mit einem Blatt Papier und nickte begeistert. Dann schüttelte er den Kopf so heftig, dass ihm seine fettigen Locken rechts und links gegen die Wangen flogen. Die Hexe deutete auf ein Regalbord an der Wand, auf dem eine Reihe von Büchern von einer Kristallkugel gestützt wurde. Als ihre Hand dabei wild gestikulierte, flatterte der weite Ärmel ihrer schwarzen Pailettenbluse. Der Hippie seufzte, und der Schatten seines bleichen, eingefallenen Gesichts zeichnete sich als kantiger schwarzer Fleck auf der Wand ab. Dann

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