Bosmans/Deleu 05 -Schnitzeljagd
hatte.
»Jan … Was machst du denn hier?«
»Es ist ein Virus, Dirk«, flüsterte Verstappen. »Ein hartnäckiger Virus.«
Deleu drückte Verstappens Hand und nickte dankbar.
»Ich werde alle Hebel in Bewegung setzen, Kollege. Wir schnappen den Scheißkerl, Dirk. Jeder hier fühlt mit dir.«
Deleu nickte erneut und wollte sich gerade bedanken, als Bosmans das Wort ergriff. Verstappen zog die Hand von Deleus Schulter zurück.
»Kollegen: Bert Hermans. Die Bestie, die vor einiger Zeit, als Priester verkleidet, zwei Familien ermordet hat, lebt wahrscheinlich noch. Und damit nicht genug: Ich fürchte, er ist wieder aktiv.
Back in business.
«
Jemand schaltete das Licht aus, und das besagte Foto wurde an die Wand projiziert. Ein unterdrücktes Fluchen ging durch den Raum.
Jos Bosmans deutete mit einem Zeigestock auf das Bild und fuhr mit der Spitze über die Konturen von Hermans’ Gesicht, der breitbeinig und mit erregtem Blick auf dem reglosen Körper der toten Frau kniete. Sein weißes Priestergewand war blutdurchtränkt. Im Unterleib der Frau erkannte man eine klaffende Wunde. Hervorquellende Eingeweide.
Hermans hielt ein Messer in der Hand, und mit der anderen Hand streckte er der Kamera triumphierend ein blutiges Stück Fleisch entgegen.
Bosmans tippte mit dem Zeigestock auf das violette Fleischstück. »Meine Herren, ein Fötus.« Trotz der enormen Anspannung klang Bosmans’ Stimme ungerührt und emotionslos.
Plötzlich flog die Tür auf und knallte gegen die Wand. Wie auf Kommando drehten sich sämtliche Köpfe in Richtung des Geräuschs, und jemand schaltete das Licht ein.
In der Türöffnung saß Walter Vereecken in seinem Rollstuhl. Er war nassgeschwitzt und nickte Bosmans bestätigend zu.
Die Spannung war zum Schneiden. Bosmans wandte sich seinen Zuhörern zu und schaute langsam durch den Raum, als wollte er sich an jeden anwesenden Ermittler persönlich wenden. Im Raum war es totenstill. Dann sagte er mit klarer Stimme: »Die Fingerabdrücke stimmen überein, die Fingerabdrücke, die wir in Hilde Plaetincks Wagen und in der Praxis dieses Psychologen gefunden haben. Sie stammen von Beherman … Bert Hermans.«
»Aber ist der nicht tot?«, fragte jemand aus den hinteren Reihen. »Der ist doch damals mit dem Wagen gegen den Betonpfeiler geknallt und im Willebroek-Kanal ersoffen!«
»Seine Leiche wurde nie gefunden«, erwiderte Bosmans. »Obwohl wir über einen Monat lang danach gesucht haben.«
»Aber das Auto, dieser Golf, sein Fluchtwagen … der war doch ein Schrotthaufen, oder etwa nicht?« Eine rebellische Antwort.
»Seine sterblichen Überreste sind nie gefunden worden«, wiederholte Bosmans. »Sie können gleich so viele Fragen stellen, wie Sie wollen. Aber zuerst zu den Fakten.« Bosmans schwieg einen Moment und fuhr dann fort: »Ich nehme an, dass Hermans den Unfall überlebt hat und von John Mispelters aufgelesen wurde … John Mispelters, ein Lastwagenfahrer, der zufällig zu diesem Zeitpunkt am Willebroek-Kanal entlangfuhr. Der Mann wird gerade mit einem Foto von Hermans konfrontiert. Hermans hat Mispelters um Hilfe gebeten, und Mispelters, der Geld roch … viel Geld …, hat angebissen, ohne weitere Fragen zu stellen. Er hat Hermans zu sich nach Hause gebracht und im Schuppen medizinisch versorgen lassen. Laut Mispelters war Hermans mehr tot als lebendig und hatte starke Verbrennungen erlitten. Aber er war zäh – dieses Monster ist zäh. Nachdem Hermans wieder zu Kräften gekommen war, hat er die Rollen systematisch umgekehrt. Das alte Spiel, das bekannte Muster. Menschen manipulieren, Menschen aushorchen und die Informationen dann gegen sie verwenden, das Recht in die eigene Hand nehmen, die Welt von Unzucht und Sittenlosigkeit befreien. Sein Lebenswerk.«
Jos Bosmans’ Tonfall verriet, dass ihn seine Gefühle zu übermannen drohten. Sofort versuchte er, seine Stimme wieder unter Kontrolle zu bekommen, indem er ein paar Mal tief ein- und ausatmete. »
Bon.
Muriel Vandergoten, die mit Jozef Van Cleynenbreughel ein Verhältnis hatte, wurde vor zwei Jahren im Mai ermordet. Trotz der zahlreichen Anhaltspunkte wurde die Akte drei Monate später von unseren Kollegen in der Hauptstadt geschlossen. Bedauerlich, aber nicht zu ändern. Inzwischen wissen wir, wie der Fall tatsächlich liegt: Hedwige, beruflich als Hexe tätig und Ehefrau von Van Cleynenbreughels Saufkumpel John Mispelters, hat beim Kartenlegen Van Cleynenbreughels Verhältnis mit Muriel Vandergoten ans Licht
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