Bosmans/Deleu 05 -Schnitzeljagd
gebracht. Anschließend hat sie Van Cleynenbreughel, der wie vor den Kopf geschlagen war, einen derartigen Schreck eingejagt, dass der arme Mann vollkommen durchgedreht ist und schließlich wider besseres Wissen beschloss, bei seiner Frau zu bleiben.
Muriel Vandergoten, die damit überhaupt nicht einverstanden war, hat sich ein Herz gefasst und Hedwige zur Rede gestellt. Nach einem heftigen Wortwechsel ließ die Hexe das Mädchen vor die Tür setzen, und zwar von ihrem Mann John. Der wiederum hatte nichts Besseres zu tun, als das Mädchen zu vergewaltigen und bewusstlos zu schlagen – wovon seine Frau allerdings nichts wusste. Dessen sind wir ziemlich sicher: Hedwige wurde mehrfach vernommen. Trotz ihrer hellseherischen Fähigkeiten hat sie nicht gewusst, was mit Muriel Vandergoten geschehen war.
Muriel Vandergoten war bewusstlos, und daraufhin bekam John Mispelters es mit der Angst zu tun, denn nach einem früheren amourösen Fehltritt hielt seine Frau sämtliche finanziellen Mittel in der Hand.
Und dann erschien Hermans auf der Bildfläche, inzwischen wieder zu Kräften gekommen. Er spielte sein beliebtes Spielchen von früher – er musste nur den Faden wieder aufnehmen. Mit einem Fleischermesser hat er Muriel Vandergoten ermordet und anschließend enthauptet. Mispelters fand den Kopf am nächsten Morgen vor seiner Haustür. In aller Herrgottsfrühe, als er mit seinem Lastwagen Richtung Rijsel aufbrechen wollte. Wir haben inzwischen den Fahrtenschreiber kontrolliert. Er stimmt mit dem vermuteten Todeszeitpunkt überein. Der Leichnam war mit Spuren übersät. Dafür hatte Hermans gesorgt. Wicca-Elemente: Salz, Weihrauch … und so weiter. Aber bedauerlicherweise ist es unseren Kollegen aus der Hauptstadt damals nicht gelungen, eine Verbindung herzustellen. Mispelters behauptet, dass Hermans ihn angerufen hat, in seinem Lastwagen auf dem Weg nach Rijsel, und ihm vorschlug, Hedwige die Schuld in die Schuhe zu schieben.
Mais bon.
Jedenfalls hat Mispelters – der derart unter Druck stand, dass ihm nichts anderes übrigblieb, als das Spiel mitzuspielen – den abgetrennten Kopf in Rijsel in die Böschung geworfen. Von seinem fahrenden Lastwagen aus.
Nach dem Mord ist Hermans verschwunden. Deshalb hat Mispelters ihn auch aus den Augen verloren. Wahrscheinlich tauchte er unter und ließ sich von einem plastischen Chirurgen operieren. Geld dafür hatte er genug, denn er hatte Mispelters angerufen und gezwungen, ihm das Geld zurückzugeben. Das haben wir anhand der Bankauszüge überprüft.
Nachdem er sich erholt hatte, hat Hermans sich als Psychotherapeut niedergelassen. Ein Beruf, der ihn in die Lage versetzte, die ihm anvertrauten Informationen zu missbrauchen. Genau wie früher, als er sich als Priester ausgab und die im Beichtstuhl erfahrenen, tiefsten Seelenregungen seiner Gemeindemitglieder gegen sie verwendete.
Bert Hermans wurde zu Beherman, und sein erstes Opfer, das zufällig auf der Bildfläche auftauchte, war Hilde Plaetinck. Damit begann alles.
Hilde Plaetinck hatte eine starke Ähnlichkeit mit Muriel Vandergoten und ein Verhältnis mit einem verheirateten Mann, dem Unternehmensberater Stefaan Vekenaars. Aufgrund von Problemen in dieser Beziehung wandte Hilde Plaetinck sich an einen Psychologen – und landete durch Zufall bei Hermans. Bert Hermans, dem Moralapostel, dem Retter der Menschheit. Zumindest sieht er sich selbst so. Das Perverse an der Geschichte ist die Tatsache, dass Plaetinck in ihrem Wagen beinahe von einem als Frau vermummten Mann umgebracht worden wäre. Das war Bert Hermans. Die alte ›Frau‹ hatte Narben auf den Händen. Brandwunden.«
Bosmans schwieg einen Moment und ließ die Hände auf dem Rednerpult ruhen.
»Aber wir können Hilde Plaetinck nicht mehr befragen. Sie wurde zusammen mit ihrem Liebhaber im Carhotel in Duffel ermordet. Das ist gerade erst …« Bosmans’ Stimme stockte, und er trank einen Schluck Wasser. »Wir haben keine Beweise finden können. Ihre Mutter wusste noch nicht einmal, dass ihre Tochter ein Verhältnis hatte. Erst nach Plaetincks Tod haben wir die Visitenkarte von ›Doktor Beherman‹ in ihren persönlichen Unterlagen entdeckt.«
Es klang fast entschuldigend. Bosmans wischte sich mit seinem Taschentuch den Schweiß von der Stirn. Dann leerte er das Glas Wasser und stellte es mit einem lauten Klirren wieder auf das Pult. »Bei der genauen zeitlichen Reihenfolge der Ereignisse sind wir uns noch nicht ganz sicher.«
Im Raum war es noch
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