Bossing - wenn der Chef mobbt
lange mit. Das Ergebnis sind massive psychosomatische Probleme«, weiß Copray, »denn die gesundheitlichen Folgen werden maßlos unterschätzt.«
Kampfformen: Die Waffen der Chefs
Wie kämpfen die Chefs ihren unfairen Kampf? Man muss sich vor Augen halten, dass den Bossern ein weit größerer Handlungsspielraum offensteht als den normalen Mobbern, können sie doch ihre Machtposition gezielt ausnützen.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die Bosser laut Mobbingforscher Leymann beinahe die Hälfte der von ihm genannten 45 traditionellen Mobbinghandlungen benutzen. Sie schränken etwa die Äußerungsmöglichkeiten ein, beschimpfen Betroffene laut oder schreien sie an, ständige Kritik ist der Normalfall. Es erfolgen Drohungen, ein persönlicher Kontakt wird jedoch ohne genaue Angabe von Gründen verweigert. Auch die Versetzung in einen anderen Raum, mitunter weitab von den Kollegen, ist ein klassisches Bossingwerkzeug. Wenn man keine neuen Aufgaben mehr bekommt, sollten ebenfalls die Alarmglocken schrillen – oder man bekommt sinnlose Arbeiten zugewiesen (etwa Statistiken, die keiner braucht, oder bereits geprüfte Rechnungen, die auf ihre »Richtigkeit« hin kontrolliert werden sollen). Auch unter- oder überfordernde oder gar gesundheitsschädliche Arbeiten werden aufgetragen. Manche Chefs schrecken nicht einmal vor der Androhung körperlicher Gewalt zurück. Wenn eigenartige Gerüchte in Umlauf geraten, kann ebenso der Boss dahinterstecken.
Die Mobbingliste des Thüringer Landesarbeitsgerichts erwähnt darüber hinaus ehrverletzende Handlungen, Diskriminierungen und Demütigungen, sexuelle Belästigungen, grundloseHerabwürdigung der erbrachten Arbeitsleistung, vernichtende Beurteilung, soziale Isolierung sowie Maßnahmen, denen andere Kollegen und Kolleginnen nicht ausgesetzt sind, und sachlich nicht begründete häufige Arbeitskontrollen. Die betroffenen Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen zweifeln an sich selbst, der Selbstwert sinkt aufgrund der scheinbaren Misserfolge.
Weitere beliebte Attacken von Bossen sind Degradierungen und Entmündigungen in Form von nicht begründeten Kompetenzbeschneidungen oder für alle offensichtliche Kontrollen, wenn jemand etwa jede einzelne Fotokopie durch den Vorgesetzten bewilligen lassen muss.
Das Ziel für die Bosser lautet immer: Das Opfer erniedrigen. Die Leitragenden sollen ihre eigene Ohnmacht und die Allmacht des Chefs erfahren.
Darüber hinaus kann der Vorgesetzte Aufstiegschancen verbauen, indem er Mitarbeiter bei der Geschäftsleitung anschwärzt oder sie als unfähig darstellt. Aufgepasst: Der Chef ist nicht immer sichtbar als Verursacher für solche Attacken. Viele Vorgesetzte lassen andere die Mobbinghandlungen durchführen und finden dafür durchaus willfährige Arbeitskräfte.
Tatmotive: Die Gründe der Bosser
Mobbing und Bossing haben vielfältige, innere wie äußere Gründe. Der Terror im Job wird von den Persönlichkeiten der Beteiligten ebenso verursacht wie von gesellschaftlichen und unternehmensbezogenen Hintergründen.
Sehen wir uns einmal an, was bossende Vorgesetzte antreibt. Zum einen haben sie die gleichen Gründe wie die Mobber auf unteren Hierarchie-Ebenen: profane Antipathie, Neid oder Missgunst. Die größeren und kleineren Bosse gehen dabei meist alleine vor, mitunter suchen sie jedoch gezielt Verbündete bei ihren Mitarbeitern, um ihre Opfer mit allen Mitteln loszuwerden. Vielfach geht es aber gar nicht um persönliche Gründe: Es istheute ein offenes Geheimnis, dass Bossing billiger ist als sozialverträglicher Personalabbau. Das dazugehörige persönliche Bossingmotiv ist Machthörigkeit, den dazugehörigen Persönlichkeitstypus nennen wir »Firmenuntertan«. Wir kommen im Zusammenhang mit der »motivationalen Umwertung« darauf zurück.
Im allgemeinen verfügen bossende Vorgesetzte menschlich verstärkt über folgende Eigenschaften und »Instrumente«:
Aggressivität (Wut, Hass, Ärger, Angst)
Arroganz
Besitzstandswahrung
Druck
Frustration
Intoleranz
Konkurrenzangst
Langeweile
Machtgier (Herrschsucht bis zur Tyrannei)
Missgunst
Neid
Projektion (Übertragung)
übersteigertes Kontrollbedürfnis und Perfektionismus
Es wurde auch festgestellt, dass viele Vorgesetzte aus einer Unfähigkeit heraus, mit Konflikten umzugehen, Mobbing möglich machen. Sie mobben also nicht selbst und nicht absichtlich. Führungsschwache Menschen dieser Art weichen den Problemen aus und versuchen, sich durch Taktieren und Manipulieren auf ihrer Position
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