Bossing - wenn der Chef mobbt
Überzeichnung
Kennzeichen
Der Autonome
Definiert sich über Abgrenzung zu anderen, ist von seiner besonderen Leistungsfähigkeit überzeugt, schreckt vor unpopulären Entscheidungen nicht zurück.
Der Narzisst
Fühlt sich allen überlegen, schwelgt in Größenfantasien. Ihm fehlt das Einfühlungsvermögen in andere. Fordert ständig Applaus für seine Genialität ein, begreift jegliche Kritik als Angriff.
Der Beziehungs- orientierte
Definiert sich vor allem über sein Team, legt Wert auf Begeisterung, Motivation, Teamgeist, gegenseitige Unterstützung, ist nahbar, menschenfreundlich.
Der Depressive
Fühlt sich zu Unrecht zurückgestoßen und missverstanden, weil sein Bedürfnis nach Gemeinsamkeit im Team keinen Widerhall findet, empfindet Ohnmacht, Trotz.
Der Kontroll- und Ordnungs- orientierte
Mag keine Veränderungen. Für ihn bedeutet Führung zu regeln, zu strukturieren, zu kontrollieren. Er ist zuverlässig und berechenbar.
Der Zwanghafte
Nichts darf sich seiner Kontrolle entziehen. Ist angepasst, folgsam und verlangt das auch von seinen Mitarbeitern, interpretiert Regelverletzungen als Illoyalität.
Der Stimulanz- orientierte
Liebt Veränderungen, sucht ständig neue Herausforderungen, entwickelt neue Ideen, probiert sich mit Vorliebe in verschiedenen Kontexten aus, kann sehr inspirierend sein.
Der Egozentriker bzw. Hysteriker
Ist unbeständig und wenig verlässlich, bombardiert sein Umfeld mit neuen, oft sinnlosen oder nicht zu Ende gedachten Veränderungen, kümmert sich nicht um Bedürfnisse anderer. Instrumentalisiert sein Team für seine eigenen Bedürfnisse, setzt sich im Extremfall über Ethik, Moral und Gesetz hinweg.
In den meisten Mobbing- und Bossingfällen kann man weniger von spezifischen Opfer- oder Täterpersönlichkeiten sprechen, schließlich führen mehrere Bedingungen zur Entwicklung einer Mobbingsituation. Zu den Motiven der Täter zählen Neid, Statuserhalt, geringe soziale Kompetenzen, aber auch ein hoher bis übertrieben hoher, jedoch nicht immer stabiler Selbstwert.
Aggressionen haben häufig ihre Ursachen darin, dass sich Täter in ihrem Selbstwert bedroht fühlen, etwa von negativen Aussagen. Sie reagieren dann gern, indem sie den Sprecher und seine Aussagen diskreditieren. Einen solchen Mobbinganlass nennt man in der Forschung auch raubgieriges Mobbing ( predatory mobbing ), wobei das Opfer den Täter nicht in einer Weise provoziert hat, die die Reaktion rechtfertigen würde. Im Gegensatz dazu steht das sogenannte streitbezogene Mobbing ( disputerelated mobbing ), das durch einen eskalierenden persönlichen Konflikt charakterisiert ist.
Hier zeigt sich der hohe Stellenwert sozialer Kompetenzen und des Selbstwerts für den Umgang mit Konfliktsituationen. Die Forschung zu Persönlichkeitseigenschaften der Täter ist jedoch noch jung und enthält bislang nur wenige übereinstimmende Aussagen.
Studien (wie jene von Stucke 2002) haben gezeigt, dass narzisstisch veranlagte Menschen, die über ein sehr unklares Selbstkonzept verfügen, am häufigsten zu Tätern in einer Mobbingsituation werden. Neben den Ursachen Machtmissbrauch und Pathologie werden Menschen auch dann zu Mobbern oder Bossern, wenn sie ein schwaches Selbstvertrauen ausgleichen möchten. Dann werden die Opfer zu Prügelknaben gemacht und zur Projektionsfläche für eigene negative Emotionen. Dem widersprechen andere Studien wie jene von Dan Olweus, derzufolge die Täter im Durchschnitt selbstbewusster und weniger ängstlich sind. Das passt zu Leymanns Überzeugung, dass jeder Mensch zum Täter werden kann, wenn die Situation dafür passt, Stichwort Unternehmens-Unkultur.
V. Anti-Bossing:
Die motivationale Umwertung
Allgemein sollten wir uns bei Mobbing und Bossing vor Augen halten, welche Strategien gegen die Attacken zum Erfolg führen könnten. Sich durchschlagen durch Ignorieren, Aussitzen oder Auszeit-Nehmen funktioniert zumeist nicht. Dagegen verweisen die Mobbingforscher Esser und Wolmerath auf folgende Hilfsmittel, um Mobbing in einem frühen Stadium entgegenzutreten:
Zeigen Sie Konfliktfähigkeit: Wehren Sie sich von Anfang an, suchen Sie die Aussprache mit den Mobbern. Analysieren Sie die Ursachen eines Konflikts, machen Sie Lösungsvorschläge dafür. Zeigen Sie Bereitschaft, einen Kompromiss einzugehen.
Bauen Sie sozialen und beruflichen Rückhalt auf : Im Privaten durch Familie und Freunde, aber auch durch Beratungs- und Hilfsangebote von Ärzten, Therapeuten oder Selbsthilfegruppen. Sprechen Sie Kollegen
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