Bossing - wenn der Chef mobbt
beobachtbares Verhalten, das mit Emotionen wie Wut, Zorn oder Ärger einhergehen kann, aber nicht muss. Ein Mensch verhält sich dann aggressiv, wenn er jemand anderen absichtlich schädigen will. Diese Definition lässt sich auch im alltäglichen Umgang im Arbeitsumfeld, auch bei Mobbing oder Bossing, erfolgreich anwenden.
Ein Beispiel: Man kann auch unter Schmerzen noch lächeln, wenn einem eine alte Frau in der Straßenbahn vollkommen unabsichtlich auf den Fuß getreten ist. Das Lachen wird einem aber vergehen, wenn man mit dem gleichen Verhalten von einem Skinhead provoziert wird.
Gewalt ist hingegen von Anfang an klar definiert. Der Begriff Gewalt steht übereinstimmend für schwere und schwerste Formen von Aggression. Gewalt ist somit Aggression in ihrer extremen, sehr oft physisch ausgeübten und sozial nicht akzeptierten Form. Die Gewaltkommission definiert Gewalt als »ausgeübte oder glaubhaft angedrohte physische Aggression«, mit der ein Mensch gegen seine Bedürfnisse und seinen Willen zu etwas gezwungen wird. Gewalt gilt zudem immer als Ausübung von Macht. Dies zeigt sich zwischen einzelnen Menschen häufig als Wut, Feindseligkeit oder Hass. Gewalt auf institutioneller Ebene soll hingegen prinzipiell zur Vernichtung des Gegners führen. Das zeigt sich auch dann, wenn etwa ein bossender Vorgesetzter eine Mitarbeiterin mit allen Mitteln endgültig loswerden will.
Die Gewaltkommission hat die sogenannte strukturelle Gewalt ausdrücklich ausgeklammert, da die Bedeutung des Begriffs Gewalt dadurch inflationär ausgeweitet würde. Erstmals wurde das Konzept der strukturellen Gewalt vom norwegischen Friedensforscher Johan Galtung in den 1970er Jahren geprägt. Dieser Ausdruck sollte jene Rahmenbedingungen nennen, die den Menschen in gesellschaftlichen und kulturellen Zusammenhängen prinzipiell entfremden oder schädigen. Als Beispiele struktureller Gewalt gelten etwa die Lebenswelten in einem Ghetto oder einem Gefängnis, da sie mit ihren ungeschriebenen Regeln das eigene Verhalten einschränken und somit Druck auf die von den Umständen Betroffenen ausüben und ihre Freiheit einschränken. Auch die patriarchalen Normen zählen zu dieser Art struktureller Gewalt, sie schränken Mädchen und Frauen im öffentlichen und privaten Leben mehr ein, während sie Männern und Buben mehr Rechte und Privilegien einräumen. Die strukturelle Gewalt dieser Art wirkt sich für heranwachsende Mädchen in der Familie ebenso aus wie bei ihrer Ausbildung und schränkt sie somit in der Entwicklung ein.
Der Aggressionsforscher Herbert Selg plädiert dafür, auf den vieldeutigen Begriff »strukturelle Gewalt« zu verzichten und ihn durch »soziale Ungerechtigkeit« zu ersetzen: Soziale Ungerechtigkeit müsse noch nicht Gewalt bedeuten, könne aber Ursache von Gewalt sein.
Aggression im Alltag, das zeigt sich auch bei Mobbing- und Bossingattacken, ist vielfach geprägt von Schikanen. Sie stellen eine hinterhältige, auf den ersten Blick gar nicht gewalttätig wirkende Aggression dar. Man provoziert, spricht gemeine Dinge aus, handelt hinterrücks boshaft – das Ganze ist immer gemein und demütigend für die Opfer.
Die Publizisten Hans-Jürgen Seemann und Rainer Meyer haben die Schikane so definiert: »Eine Schikane ist eine böswillig (…) bereitete Schwierigkeit oder Schädigung des anderen, die mit den geltenden Bedingungen von Recht und Moral auf absurde und groteske Weise vereinbar erscheint.«
Welches Mobbing- oder Bossingopfer würde hier nicht Vorfälle wiedererkennen? Eine Schikane stellt eine aggressive, gewalttätige Handlung dar, mit der man das Opfer absichtlich schädigen will. Der schikanierende Chef oder Kollege weiß, dass nicht nur körperliche Wunden schmerzen. Seelische Verletzungen können indes sogar tiefer wirken.
Doch die Täter agieren immer im Schutz der Legitimität. Sie beachten Vorschriften und handeln scheinbar bei Vernunft: Eine Schikane bedient sich zweckrationaler Verhaltensweisen und beutet diese für ihre Zwecke aus.
In der Berufswelt können Verkäuferinnen oder Verkäufer ein Lied davon singen: Kunden schikanieren sie, indem sie Unmengen von Kleidern oder Schuhen probieren, manchmal ohne etwas zu kaufen. Auch Menschen, die Dienst nach Vorschrift machen, haben eine Art gefunden, jemand anderen zu schikanieren. Ein schikanierender Chef gibt womöglich sinnlose Aufgaben.
Schaukeln sich schwierige Nachbarschaftsverhältnisse, Beziehungen oder konfliktreiche Beziehungen am Arbeitsplatz
Weitere Kostenlose Bücher