Bote des Todes
Granny Jon sagt, dass er der Einzige ist, der nicht mal Wasser kochen kann.“
„Er tut doch nur so“, behauptete Moira. „Damit er sich davor drücken kann!“
„Kinder, es reicht jetzt“, sagte Katy empört.
„War doch nur ein Scherz, Mum“, erklärte Moira. „Ich hole den Speck.“
„Nimm aber den von unten. Der magere Speck im obersten Fach ist von McDonnell, den brauche ich heute Abend für den Kohl mit Speck.“
„Kohl mit Speck“, murmelte Moira.
„Und Colcannon“, sagte Katy. „Und auch noch Broccoli und Spinat, weil das für das Herz deines Vaters gut ist. Moira Kathleen, ich brauche auch den Haferbrei. Dein Dad hat beschlossen, es morgens etwas einfacher angehen zu lassen. Wegen seiner Cholesterinwerte.“
Moira holte den Speck aus dem Kühlschrank und den Haferbrei aus dem Vorratsschrank. Sie sah ihre Mutter an. „Das ist es! Wir werden kochen. Für die Sendung filmen wir dich, wie du das Essen für den St. Patrick’s Day vorbereitest.“
„An St. Patrick’s Day werden wir nicht Kohl mit Speck essen, sondern einen Braten“, sagte Katy.
„Mum“, stöhnte Moira leise auf. „Ich will nicht wissen, was wir wirklich an St. Patrick’s Day essen. Aber Kohl mit Speck ist ein traditionelles irisches Gericht. Für die Sendung wird das einfach fantastisch sein.“
„Ach, Tochter, ich mag keine Kameras“, protestierte Katy.
„Können wir Patrick in eine Schürze stecken?“ rief Colleen erwartungsvoll.
„Nur über meine Leiche“, warf Patrick ein.
„Hey, das wäre doch toll. Lass ihn so richtig irisch auftreten. Er soll Bier trinken und mit der Band spielen“, neckte Colleen ihn weiter.
„Weißt du, das ist schon eine komische Sache“, erwiderte Patrick. „Anzüge stehen mir gut, was für einen Anwalt ganz nützlich ist. Ich kann auch Hüte tragen, aber Schürzen … Ich bin dafür einfach nicht richtig gebaut.“
„Wir werden dich nicht mit Schürze filmen“, sagte Moira. „Da du nicht kochen kannst, zeigen wir dich einfach anschließend beim Spülen.“
„Ich habe heute Morgen einen Termin“, sagte Patrick.
„Wetten, dass er sich den gerade eben ausgedacht hat?“ rief Colleen.
„Hast du wirklich einen Termin?“ fragte Katy.
Bevor er antworten konnte, klopfte jemand an der Tür zum Treppenhaus. Moira fühlte augenblicklich eine unerklärliche Anspannung, die ihren ganzen Körper ergriff.
Ihre Mutter und ihre Schwester hatten sich umgedreht, nur Patrick sah weiter sie an.
„Es ist also Danny“, sagte er leise.
„Das ist doch lächerlich“, murmelte Moira. „Soll ich aufmachen?“ fragte sie ihre Mutter.
„Nein, um die Zeit kann das nur Danny sein“, sagte Katy. „Komm herein, Danny!“ rief sie.
„Ich habe gestern Abend abgeschlossen“, warf Moira ein.
„Danny hat selbstverständlich einen Schlüssel“, gab ihre Mutter ungeduldig zurück.
Noch während ihre Mutter redete, hörte Moira, wie der Schlüssel im Schloss gedreht wurde.
Sie fragte sich, warum es sie so sehr störte, dass er einen Schlüssel hatte. Einen Schlüssel zu ihrem Zuhause. Nein, nicht zu
ihrem
Zuhause, sondern zu dem Zuhause ihrer
Eltern
.
Er war hier immer willkommen gewesen.
Als er eintrat, sah sie an seinem noch feuchten, nach hinten gekämmten Haar, dass er eben erst geduscht hatte. Und rasiert hatte er sich auch. Er trug Jeans und einen Sweater, darüber eine bequeme Lederjacke. Sie musste zugeben, dass er gut aussah. Die vergangenen Jahre hatten seiner natürlichen Lässigkeit einen leicht wettergegerbten und ausgeglichenen Ausdruck verliehen. Er ist nicht so attraktiv wie Michael, dachte sie fast analytisch und nur zum Teil abwehrend. Michael hatte ein klassisch gutes Aussehen. Dunkles Haar, strahlende blaue Augen und ebenmäßige Gesichtszüge. Daniel hingegen wirkte etwas schroffer mit dem leicht kantigen Kinn, den schmalen Wangen und den markanten, ein wenig rauen Gesichtszügen. Aber er hatte schöne Augen. Ein seltsamer Braunton ließ sie manchmal wie Bernstein, dann wieder wie Gold schimmern. Er sah, dass sie ihn betrachtete, lächelte aber nur und wandte sich stattdessen ihrer Mutter zu.
„Katy Kellys Kaffee habe ich bis in mein Zimmer riechen können“, sagte er, legte ihr liebevoll einen Arm um die Hüfte und gab ihr einen Kuss auf die Wange.
„Hinter dem Tresen in der Bar steht eine Kaffeemaschine“, sagte Moira ziemlich scharf. Patrick sah sie an, woraufhin sie die Augen aufriss. „Wie sollen wir sonst Irish Coffee zubereiten?“
„Ich
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