Bote des Todes
bestimmt keine Tränensäcke leisten, die bis zum Kinn reichen, wenn du vor der Kamera stehen musst, oder?“
„Na, toll. Wieso sieht Colleen gut aus, während ich bloß besser aussehe, als ich mich fühle?“
Patrick grinste. „Du hast dieses schockierte Aussehen, seit du hier angekommen bist“, sagte er zu Moira.
„Tatsächlich?“ fragte Colleen und sah zu ihrer Schwester, während sie sich Kaffee einschenkte.
„Wenn du ein ganztägiges Ritual daraus machst, Kaffee in deine Tasse zu gießen, dann solltest du mich vielleicht vorlassen“, meinte Moira.
„Gib ihr den Kaffee, sie hat ihn dringend nötig“, sagte Patrick.
Moira warf ihrem Bruder einen durchdringenden Blick zu. „Was soll denn das heißen?“
„Es war nicht zu überhören, wie du dich die ganze Nacht im Bett hin und her gewälzt hast.“
„Ich
?“ erwiderte Moira fast entrüstet, dann sah sie zu Colleen, und augenblicklich begannen sie beide schallend zu lachen.
„Was ist? Habe ich was verpasst?“ fragte Patrick misstrauisch und sah die beiden abwechselnd an.
„Na ja, wir wollten eigentlich diskret sein …“, setzte Colleen an.
„Aber ich schwöre zu Gott, dass die Bettfedern garantiert das letzte Mal so laut geknarrt haben, als … als Colleen gezeugt wurde“, sagte Moira.
Patricks Gesicht lief fast im selben Moment rot an.
„Ihr zwei seid einfach unmöglich“, brachte er heraus. „Das ist unhöflich. Wir sind hier im Haus unserer Eltern und …“
„Hey, wir machen dir doch gar keine Vorwürfe“, erwiderte Colleen und griff nach Moiras Kaffeetasse.
„Nein, wir freuen uns nur für dich …“
„Für euch beide natürlich“, warf Colleen ein.
„Nach so vielen Jahren Ehe“, fuhr Moira fort.
„Und in deinem hohen Alter“, legte Colleen nach.
„Du bringst es eben immer noch, das ist alles“, schloss Moira.
Patrick stellte kopfschüttelnd die Tasse ab und senkte den Blick. Dann sah er sie beide an. „Und das von einer Frau, die gestern Abend beinahe über einen wildfremden Mann hergefallen wäre.“
„Michael ist kein wildfremder Mann“, protestierte Moira.
„Also wir sind ihm noch nie begegnet.“
„Ich kenne ihn sehr gut.“
„So siehts aus. Wie war das? Du bist ihm nach Weihnachten begegnet? Das macht dich nicht gerade zur Kandidatin für die Goldene Hochzeit.“
„Sehr nett“, sagte sie zu Patrick.
„Vermutlich hat sie das nur wegen Danny gemacht“, warf Colleen gähnend ein.
Moira warf ihr einen wütenden Blick zu. „Hey, auf wessen Seite stehst du eigentlich?“
Colleen sah sie verlegen an. „Tut mir Leid.“
„Aber dass du dich mit deiner Schwester gegen mich verbündest, das tut dir nicht Leid?“ warf Patrick ein.
„Oh, sind die Mädchen wieder böse zu dir, Patrick?“ fragte ihre Mutter, als sie in die Küche kam. „Schämt euch, ihr zwei. Muss ich euch denn ständig daran erinnern, dass …“
„Dass wir alle das beste Geschenk füreinander sind, das du uns jemals gemacht hast“, fielen die drei gleichzeitig ein und begannen zu lachen.
Katy schüttelte den Kopf. „Eines Tages werdet ihr schon merken, wie wahr das ist. Wenn die ganze Welt gegen euch ist und eure Freunde euch enttäuscht haben, dann werdet ihr noch immer eure Familie haben.“
„O Mum“, sagte Moira, stand auf und ging zu ihrem Bruder, um ihn zu umarmen – und in den Arm zu kneifen.
„Ich liebe meinen großen Bruder. Ehrlich.“
„Ich doch auch“, sagte Colleen.
„Und du, Patrick?“ wollte Katy wissen.
„Und ich?“ Patrick grinste Moira an. „Meine Schwestern sind der strahlende Mittelpunkt meines Lebens. Aber es gibt da noch jemanden. Meine Frau. Oh, und meine Kinder auch noch, diese kleinen Teufel. Mein ganzes Leben ist in ein strahlendes Leuchten getaucht.“
„Es reicht“, meinte Katy amüsiert. „Moira, rutsch bitte ein Stück. Und du, Patrick, schieb den Stuhl ganz ran. Die Kinder sind wach und werden jeden Augenblick hier hereinplatzen. Ich muss mich um die Eier kümmern. Würdet ihr mir bitte helfen, Mädchen?“
„Mädchen?“ fragte Colleen.
„Was denn?“ wollte Katy verwundert wissen.
Moira legte einen Arm um ihre Mutter. „Mum, sie will damit sagen, dass du sexistisch bist. Patrick kann genauso mithelfen.“
„Schließlich kochst du ja auch für seine Kinder mit.“
„Nein, Patrick kann nicht helfen“, sagte Katy.
„Und warum nicht?“ entgegnete Colleen.
„Weil es keinen zweiten Menschen auf der Welt gibt, der sich in der Küche so dumm anstellt.
Weitere Kostenlose Bücher