Bote des Todes
aufging. „Siehst du? Es sollte abgeschlossen sein, ist es aber nie.“
Sie gingen über den Pier. Ein kräftiger Wind wehte ihnen entgegen.
„Ah, da ist es ja“, murmelte Katy.
Das Boot hieß
Siobhan
. Es war ein hübsches, elegantes Segelboot mit Motor. Patrick hatte es erst vor ein paar Wochen ins Trockendock geholt, um ihm einen neuen Anstrich zu geben.
Moira sah, dass Patrick unter der Plane, die über das Steuer gespannt war, etliche Kisten gestapelt hatte. „Wahrscheinlich war er hier und hat die Vorräte aufgestockt“, bemerkte sie beiläufig.
„Natürlich hat er das. Er hat ja auch gesagt, dass er herkommt. Wieso erwähnst du das überhaupt?“
„Ach, ich weiß nicht. Ich glaube, Siobhan hat sich ein paarmal Sorgen gemacht. Er hat seit kurzem mit dieser Gruppe zu tun, die Waisen unterstützt. Zumindest sagt er das.“
Katy drehte sich zu ihr um. „Wenn er das sagt, dann ist es auch so. Wenn du jemanden liebst, vertraust du ihm.“
„Natürlich“, erwiderte Moira.
„Du sprichst hier von deinem Bruder, Moira.“
„Ich weiß. Keine Sorge, ich liebe ihn. Ich mag es nur nicht, wenn es Spannungen zwischen ihm und Siobhan gibt.“
„Das werden sie schon unter sich regeln. Sie haben Glück. Sie waren jung, als sie sich begegnet sind. Aber sie lieben sich wirklich. Manchmal ist es nicht leicht, jemandem zu vertrauen. Doch wenn du es schaffst, dann weißt du, dass dein Herz am rechten Fleck sitzt.“
„Mum, kein Grund zur Sorge. Ich trete immer für Patrick ein. Ich habe ihm schon seit bald zehn Jahren keine mehr runterhauen wollen.“
Ihre Mutter lächelte sie an, doch ihr Blick war sehr ernst. „Lass deinen Bruder seine Angelegenheiten regeln. Du musst dir jetzt über deine eigene Situation Gedanken machen, nicht wahr? Was empfindest du, Moira? Es ist nie verkehrt, wenn man eine Situation analysiert, aber meistens ist es am wichtigsten, was man empfindet.“
Moira zögerte. „Mum, ich weiß nicht, was ich empfinde. Will ich mein Leben lang auf jemanden warten, der aufregend, explosiv und vielleicht sogar gefährlich ist? Dass man zusammenpasst, ist eine wichtige Sache. Wenn ich nur meinem Verstand folge, würde ich mich für den Zuverlässigen entscheiden, so wie …“
„So wie ich es getan habe?“ fragte Katy und schüttelte sofort den Kopf. „Du hast mich falsch verstanden. Dein Vater war der Wilde und Ungezügelte, der mit den Überzeugungen und Träumen, der Mann, der mich von allem fortbrachte, was ich gekannt und geliebt hatte. Er sagte, wir würden nach Amerika gehen, sonst wären wir verloren. Entscheidungen sind nie einfach. Und sie sind auch nie eindeutig. Bis heute bewundere ich andere Männer, aber ich liebe deinen Vater. Er war ein Glücksspiel, und die Chancen standen nicht gut für mich. Doch ich habe mich auf meinen Instinkt und mein Herz verlassen.“ Sie wandte sich ab. „Lass uns nach Hause gehen. Deine Geschäftspartner versuchen bestimmt schon den ganzen Morgen, dich zu erreichen.“
Katy verfiel wieder in ihr zügiges Tempo, während Moira Mühe hatte, mit ihr Schritt zu halten. Es war ein sehr sonderbarer Morgen. Sie hatte erreicht, was sie sich vorgenommen hatte.
Und noch viel mehr.
12. KAPITEL
M oira war überrascht, wie spät es schon war, als sie nach Hause zurückkehrten. Colleen räumte bereits die Küche auf, doch ein Kreischen aus dem Wohnzimmer verriet ihnen, dass das Haus nicht verlassen war.
Katy sah Colleen fragend an.
„Gina ist da drin, mit Granny Jon, Siobhan und allen Kindern“, erklärte sie. „Molly und Shannon sind völlig begeistert. Sie wünschen sich, dass Siobhan Zwillinge bekommt, damit sie die ganze Zeit über mit Babys spielen können.“
„O weh, Zwillinge sind wohl das Letzte, was Siobhan im Moment gebrauchen kann“, meinte Katy und ging zur Tür, die ins Nebenzimmer führte.
„Wo sind die anderen?“ fragte Moira.
„Dad ist unten und macht alles fertig. Er meint, dass montags zwar ziemlich wenig los ist, aber immerhin geht es jetzt auf St. Patrick’s Day zu …“ Sie zuckte mit den Schultern.
„Patrick?“
„Wer weiß das schon? Er ist unterwegs.“
„Danny? Josh? Ich nehme an, Josh war hier, wenn er Gina abgesetzt hat.“
„Ja, Josh ist unten bei Dad und hilft ihm. Michael und Danny sind auch unterwegs – gemeinsam.“
„Was?“ sagte Moira ungläubig. Sie fühlte, wie ihr kalter Schweiß ausbrach. „Danny und Michael sind zusammen weggegangen?“
Colleen warf ihr einen scharfen Blick zu. „Du
Weitere Kostenlose Bücher