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Bote ins Jenseits

Bote ins Jenseits

Titel: Bote ins Jenseits Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hauke Lindemann
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Zuneigung kanalisieren sollte. Er versuchte regelrecht in sie hineinzukriechen.
    »Ich wollte gerade fragen, ob er beißt, aber das erübrigt sich wohl?«
    Der Mann schien von dem Verhalten seines Hundes eher belustigt als überrascht.
    »Tja. Er hat ein Faible für schöne Frauen. Darf ich sagen, dass du deinem Bruder zum Verwechseln ähnlich siehst? Die gleichen Augen und die gleichen tiefschwarzen Haare. Kaum zu glauben, dass du trotz dieser Tatsache eine ausgesprochen attraktive Frau bist.«
    Das stümperhaft als Witz verpackte Kompliment verfehlte sein Ziel. Heike Kamp wusste, wie gut sie aussah, und legte keinen Wert darauf, dies von einer ungepflegten Erscheinung wie diesem Peter Tibbe bestätigt zu bekommen. Außerdem nervte es sie, dass dieser Klotz sie einfach so duzte. Auch wenn sie deutlich jünger war als er, war sie doch trotzdem eine erwachsene Frau!
    Mit Hilfe unbeirrten Kraulens gelang es Heike, den Hund zu beruhigen und gleichzeitig über die Bemerkung des Mannes hinwegzugehen.
    »Bisher habe ich dich ja immer nur auf Fotos gesehen. Die werden dir aber nicht mal ansatzweise gerecht, wenn du mich fragst.«
    Das hatte sie nicht vor! Wollte er jetzt mit ihr über ihren Bruder reden oder sie einfach nur plump anmachen? Bevor das auf diese Weise weitergehen würde, war es besser, die Initiative zu ergreifen.
    »Ich muss Sie warnen. Sie wollen mit mir über Thore reden, aber ich bin darin nicht besonders gut. Ehrlich gesagt versuche ich dieses Thema vollständig zu vermeiden. Ich habe über Ebay ein paar seiner Sachen verkauft. Gestern kam der Käufer seines Wagens und fragte mich, warum ich die Karre loswerden will. Ich war nicht in der Lage zu sagen, dass er meinem verstorbenen Bruder gehörte und ich keine Verwendung dafür habe. Hab mir stattdessen irgendeinen Schwachsinn aus den Fingern gesogen.«
    »Er war dein Bruder.«
    »Ich weiß, darum ja. Irgendwie muss ich das für mich verpacken, und im Moment ist Ignoranz der Weg, den ich für den besten halte.«
    Der Hund quiekte, ohne jedoch seine Position zu verändern.
    »Es steht mir natürlich nicht zu, dich darüber zu belehren, welcher Weg der richtige ist. Deswegen bin ich auch nicht hier. Es gibt da etwas im Zusammenhang mit Thores Tod, über das ich gerne mit dir reden möchte. Ich habe ein paar Fragen, die mich beschäftigen.«
    Heike schnaubte. »Glauben Sie mir, da sind Sie nicht der Einzige.«
    »Ich kann aber durchaus verstehen, wenn dir das im Moment noch zu viel ist. Der Verlust eines geliebten Menschen ist immer ein Schlag. Wie schwer es für dich erst sein mag, bei einer derart innigen Beziehung wie zwischen dir und deinem Bruder, vermag ich gar nicht zu ermessen.«
    Für ihren Geschmack trug der Kerl eindeutig zu dick auf, und Heike lachte bitter.
    »Tja… unsere innige Beziehung. Ich glaube Ihnen sofort, dass er es genau so beschrieben hat. Und ohne ihn wäre ich aufgeschmissen gewesen, so etwas in der Art hat er Ihnen doch bestimmt auch weismachen wollen?«
    Das Gesicht des Mannes brachte offene Verblüffung zum Ausdruck. Sie hatte ihn auf dem falschen Fuß erwischt.
    »Natürlich hat er das. Teilweise stimmt das auch. Er hat sich um mich gekümmert. Er hat sich für mich zerrissen. Er war mir Freund, Bruder, Vater und manchmal sogar Mutter. Als kleines Mädchen war ich auf seine Hilfe angewiesen. Vergessen habe und werde ich das nie, das können Sie mir glauben! Aber auch kleine Mädchen werden irgendwann einmal zu erwachsenen Frauen. Ich weiß nicht, wie einschlägig Ihre Erfahrungen mit erwachsenen Frauen sind…«
    Sie warf ihm einen geringschätzigen Blick zu.
    »… aber glauben Sie mir, die können es nicht leiden, wenn man ihnen permanent die Hand vor den Hintern hält. Thore war ein furchtbar lieber und selbstloser Mensch, aber er hat es einfach übertrieben. Alles aus Liebe, ich weiß. Aber wenn ich es ihm schon sage – mehrfach –, dann sollte man doch meinen, dass er es begreift, Bruder hin, Liebe her. Hat er aber nicht. Und wissen Sie auch, warum? Weil er es nicht wollte!«
    Der Hund stellte die Ohren auf und legte den Kopf schief, als hätte er, direkt hinter sich, das Knurren eines ausgehungerten Rottweilers geortet. Der Mann sah sie ganz ähnlich an – abgesehen von den Ohren.
    »Ich… äh…«, druckste er.
    »Entschuldigung«, kam sie ihm zuvor und schalt sich in Gedanken eine dumme Gans. »Ich wollte Sie nicht in Verlegenheit bringen. Ich bin nur ein wenig durcheinander, wie Sie vielleicht verstehen werden. Das

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