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Bote ins Jenseits

Bote ins Jenseits

Titel: Bote ins Jenseits Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hauke Lindemann
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vermummte Gestalt.
    Heike nahm das Foto in die Hand und sah es sich genauer an. Nach einer Weile schüttelte sie den Kopf.
    »Tut mir leid, keine Ahnung. Ist mir auch nicht aufgefallen. Es waren ja so viele Menschen da, und dann das ganze Händeschütteln. Ehrlich gesagt, kannte ich die wenigsten der anwesenden Gäste. Besonders groß ist unsere Familie nämlich nicht. Das waren vielmehr Freunde, Bekannte und Arbeitskollegen von Thore, aber mit denen hatte ich noch nie vorher zu tun. Ich kenne ja nicht mal Sie, obwohl Sie sein bester Freund waren. Warum fragen Sie?«
    »Na ja, ist schon komisch, sich so weit abseits der anderen hinzustellen. Fast als wollte er nicht gesehen werden.«
    »Oder sie«, ergänzte Heike und zuckte mit den Schultern.
    Der Mann nickte stumm.
    »Ähm, hättest du was dagegen, wenn ich dieses Foto behalte? Als Erinnerung?«
    Heike Kamp zögerte kurz. Es widerstrebte ihr, diesem Mann etwas von sich zu geben. Aber letztlich war er Thores Freund, also warum nicht.
    »Okay. Behalten Sie es ruhig. Ich habe die Dateien auf meinem Rechner.«
    Der Mann bedankte sich und steckte das Foto in seine Brusttasche.
    »Weswegen ich aber eigentlich gekommen bin…«, setzte er an, und Heike schickte ein Dankgebet in Richtung Schöpfer, »… ich habe da, wie gesagt, eine Frage, die mich seit Thores Tod nicht mehr loslässt. Meine Hoffnung ist, dass du mir da helfen kannst.«
    Er lehnte sich umständlich nach vorn und rieb sich die Hände, ungeduldig beobachtet von Heike.
    »Es ist ein wenig heikel, darüber bin ich mir im Klaren. Du musst auch nicht antworten, wenn ich mich zu weit vorwage – aber nett wäre es schon.«
    Heike Kamp zog eine Grimasse, die unverhohlene Ungeduld ausdrückte.
    »Okay! Frei von der Leber weg. Wir wissen beide, dass Thore Diabetiker war. Ich weiß aber auch, dass er sein Leiden im Griff hatte wie wohl kaum ein anderer. Er war viel zu gut organisiert und vernünftig, um seine Krankheit auf die leichte Schulter zu nehmen. Daher kann ich die Gerüchte, dass er seiner Krankheit zum Opfer gefallen sein soll, nicht glauben. Langer Rede kurzer Sinn, woran ist Thore wirklich gestorben?«
    Dann geschah etwas, womit Heike selbst nicht gerechnet hatte. Mit zusammengepressten Lippen starrte sie den Mann für ein paar Sekunden an… und brach für die nächsten fünf Minuten derart in Tränen aus, dass sie keine vernünftige Silbe mehr über die Lippen bekam.
    Das erste Wort, das sie nach ihrem Weinkrampf hervorbrachte, war »Drogen!«.
    Der Mann glotzte sie mit offenem Mund an, und der Hund sprang von ihrem Schoß, um kläffend um die Beine seines Herrchens zu wuseln.
    »Das kann nicht sein!«, behauptete der Mann unsicher.
    Heike wischte sich mit zitternden Händen die Tränen aus dem Gesicht. »Das war aber das Ergebnis der Obduktion. Ich kann es nicht ändern. Niemand kann das.«
    »Aber…« Der Mann sah nachdenklich zu seinem hyperventilierenden Hund und wieder zurück zu Heike. »Kannst du dir denn vorstellen, dass Thore wirklich mit Drogen herumexperimentiert hat?«
    »Ich weiß nicht, was ich glauben soll. Fragen Sie mich das nicht! Nicht heute. Bitte!«, war ihre Antwort.
     
     
    »Das ist vollkommener Schwachsinn! Totaler, an den Haaren herbeigezogener Blödsinn! Diese Mistkerle. Wie können die meiner Schwester so eine ungeheure Lüge auftischen!«
    Kamp stand neben Gregor auf dem Beifahrersitz und war dermaßen in Rage, dass der Bote Probleme hatte, den Wagen zu lenken. Vor lauter Wut hätte er am liebsten den über die Jahre porös gewordenen Ledersitz des BMW zerfetzt, aber seine Schnauze war zu klein, um richtig zupacken zu können.
    »Jetzt beruhige dich erst mal und lass uns ganz entspannt und rational darüber nachdenken«, versuchte Gregor ihn zu besänftigen.
    »Ich soll mich beruhigen? Wie stellst du dir das vor? Ich habe gerade erfahren, dass ich offiziell als Junkie abgetreten bin, und du verlangst von mir, dass ich mich beruhigen soll!«
    »Ja«, erwiderte Gregor mit unverändert ruhiger Stimme.
    »Also schön. Fein. Beruhige ich mich eben. Kinderspiel«, fauchte Kamp zynisch und machte Sitz.
    Sie waren seit einigen Minuten wieder in Richtung Niederlassung unterwegs. Nachdem Heike ihnen – unterbrochen von sporadischem Weinen – noch etwas detaillierter offenbart hatte, was man ihr von Seiten der Staatsanwaltschaft zum Tod ihres Bruders mitgeteilt hatte, bat sie Gregor zu gehen.
    Der plötzliche Tod eines Mannes in Kamps Alter war kein normaler Vorfall. Wenn der

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