Bote ins Jenseits
gestaltete Außenanlage, veranlasste es Kamp und Gregor mit seinem weißen Fachwerk, den schwarzen Streben, einem roten Dach und den weiß-grünen Fensterläden zu einem unwillkürlichen Lächeln.
Gregor kniff die Augen zusammen und entdeckte ein altes Wirtshausschild mit der Aufschrift »Schenkwirtschaft von Peter Doll«.
»Ich wusste gar nicht, dass dein Kollege in der Gastronomie tätig ist? Scheint sich jedenfalls zu lohnen.«
Kamp kannte den Wirkungsbereich seiner Schwester nur aus ihren Erzählungen. Wie sich gerade herausstellte, neigte sie dabei zur Untertreibung.
»Ist er gar nicht. Früher war das mal ein Wirtshaus. Vor ein paar Jahren hat mein Kollege die Hütte gekauft und grundrenoviert. Warum das Schild da noch hängt, weiß ich allerdings auch nicht. Muss irgendwas mit Denkmalschutz zu tun haben.«
Gregor nickte. »Gehört die weiße Rostlaube da deiner Schwester?«
»Allerdings. Keine Ahnung, warum sie den immer noch fährt. Eigentlich müsste mein Wagen doch in ihren Besitz übergegangen sein.«
»Was für ein Auto hattest du?«
»Einen Golf zwo Cabrio. War zwar auch nicht mehr der jüngste, aber in tadellosem Zustand – zumindest um Längen besser als dieses spanische Experiment da. Würde mich nicht mal wundern, wenn sie ihn zu Geld gemacht hat. Sie hängt an dem Seat. Ist immer noch ihr erstes Auto.«
Sie stiegen aus dem Wagen. Gregor nahm Kamp auf den Arm und merkte, wie der vor Aufregung zitterte, als sie sich der Tür näherten.
Gregors Hand verharrte auf dem Weg zum Klingelknopf.
»Warum zögerst du?«, bellte Kamp.
»Ich halte es für besser, mich nicht als Privatermittler auszugeben. Schließlich ist sie deine einzige Verwandte, und es wäre schwierig zu erklären, in wessen Auftrag ich handele. Eigentlich wäre es ihre Aufgabe, jemanden wie mich zu engagieren, wenn man es genau nimmt.«
Kamp nickte.
»Kennt sie deine Freunde?«, wollte Gregor wissen.
»Du meinst Pit und Marita? Nein, weder noch. Sie hat sich nie besonders für mein näheres Umfeld interessiert.«
Während er das sagte, wurde ihm plötzlich die schmerzhafte Bedeutung dieser Aussage bewusst.
»Wie heißt dein Freund?«
»Pit? Peter Tibbe. Willst du dich für ihn ausgeben?«
Gregor nickte und drückte den Klingelknopf.
Wenige Sekunden später drangen die Geräusche von sich näherndem Getrampel und Kindergeschrei in sein Ohr. Eine Frauenstimme versuchte sich gegen das Geschrei durchzusetzen und scheiterte dabei kläglich. Gregor konnte nicht verstehen, was sie sagte.
Heike Kamp arbeitete sich unter Einsatz von Händen, Ellenbogen und Becken den Weg zur Klinke frei und öffnete die Tür gerade so weit, dass sie sehen konnte, wer draußen stand, ohne den drei Monstern eine Möglichkeit zur Flucht zu bieten.
Sie erblickte einen ungepflegt aussehenden Mann mit einem Hund auf dem Arm. Beide waren, nach ihrem Geschmack, an Hässlichkeit nicht zu überbieten. Sie fand, dass die beiden ganz hervorragend zueinander passten, auch wenn man einen so kleinen Hund nicht unbedingt in den Armen eines so grobschlächtig wirkenden Mannes erwartete.
»Ja bitte?«
»Wäista? Wäista? Heike, wäista?!«
Heike drehte sich kurz um und richtete einen drohenden Blick auf das größte der drei Kinder, die sich hinter ihrem Gesäß um den besten Platz stritten. Das Gesicht des Jungen zeigte die gewünschte Reaktion, und sie wandte sich wieder dem unbekannten Besucher zu.
»Also?«
»Hallo. Mein Name ist Tibbe… Peter Tibbe?«
Der Mann sah sie erwartungsvoll an und hoffte offenbar auf eine bestimmte Reaktion von ihr.
Sie konnte sich erinnern, auf der Beerdigung ihres Bruders, während der Beileidsbekundungen, von einem Mann angesprochen worden zu sein, der sich genau so vorstellte. Sie wusste, dass Thore oft von einem Mann dieses Namens sprach. Es war nicht nur ein Arbeitskollege, sondern auch der beste – und einzige, soweit sie wusste – Freund ihres Bruders.
Der Blick in das Gesicht des fremden Mannes weckte zwar keinerlei Erinnerungen bei ihr, aber das sollte nichts heißen. Die ganzen Trauerfeierlichkeiten über hatte sie sich in einer Art Trance befunden, als wäre sie gar nicht wirklich beteiligt.
Der Hund bellte, woraufhin der Mann für einen kurzen Moment verunsichert wirkte.
»Ach ja, äh… ich war auch auf der Beerdigung deines Bruders. Ich war so was wie sein bester Freund. Wahrscheinlich bin ich dir nicht weiter aufgefallen?«
Heike starrte den für sie fremden Mann an, als hätte er drei Augen,
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