Botschaft aus der Unterwelt
sah sie Justus erschrocken an. »Aber Titus hat doch jeden Monat die Stromkosten überwiesen! Wir haben immer gezahlt! Das muss ein Missverständnis sein!«
Justus holte das Firmen-Handy der drei ??? und rief bei dem Energiebetrieb an. Nach endlosen Warteschleifen mit nervtötender Musik und einem langen Gespräch waren er und seine Tante zwar schlauer, aber immer noch ohne Strom. Jemand hatte im Computer die Eingaben verändert. Die Dame im Servicecenter versprach, eine Untersuchung zu veranlassen, meinte aber, dass der Strom frühestens am nächsten Tag wieder eingeschaltet werden könnte.
So suchte der Erste Detektiv auf dem Schrottplatz ein paar alte Öllampen zusammen und verteilte sie in den Räumen. Auf diese Weise hatten sie wenigstens etwas Licht, wenn es dunkel wurde.
Schließlich nahm Justus eine Familienpackung Schokoriegel aus dem Küchenschrank und ging in sein Zimmer. Er setzte sich aufs Bett und biss in den ersten Riegel. So konnte es nicht weitergehen, er musste etwas tun! Noch einen Tag mit einer Botschaft von Moriarty würde er nicht verkraften – und Tante Mathilda ganz sicher auch nicht! Das Rätsel musste gelöst und der Mann, auf dessen Konto alles ging, festgenommen werden! Justus ärgerte sich über sich selbst. Moriarty spielte mit ihm! Er machte ihn fertig, Tag für Tag ein bisschen mehr! Justus griff wieder in die Packung.
Nach zwölf Schokoriegeln hatte Justus immer noch keinen Geistesblitz, dafür war ihm sehr übel. Der Erste Detektiv legte sich zwischen die leeren Schokopapiere auf sein Bett. So elend hatte er sich schon lange nicht mehr gefühlt! Er dachte an den Fall, in dem Sherlock Holmes wie ein Sterbender in seiner Wohnung in der Baker Street gelegen hatte. Der gute Watson hatte geglaubt, Holmes müsse sterben. Justus hoffte, dass Tante Mathilda nicht nach ihm sah. Es würde sie nur noch niedergeschlagener machen. Vermutlich saß sie im Schein ihrer Öllampe in der Küche und versuchte etwas zu essen. Allein der Gedanke an Essen ließ Justus nach Luft schnappen. Vielleicht waren die vielen Schokoriegel schuld oder einfach nur Justus’ Erschöpfung, irgendwann übermannte ihn der Schlaf.
Wirre Traumfetzen spukten durch seinen Kopf. Er redete mit Sherlock Holmes und erzählte ihm von Charles August Milverton. Dann stand Lesley plötzlich vor der Tür und meinte, sie würde Peters Platz bei den drei ??? übernehmen. Verzerrte Musik setzte ein und Justus sah sich selbst, wie er einem Stück Himbeer-Rolle klarmachte, dass es in Wahrheit ein Erpresser war. Und zwar ein Erpresser, der ein echtes Vorbild hatte – so wie Charles August Milverton.
An dieser Stelle wachte der Erste Detektiv schlagartig auf. Er fühlte sich kaum besser als zuvor. Dafür hatte der Traum mit der erpresserischen Himbeer-Rolle ihn auf eine Idee gebracht. Langsam stand er auf. Er griff nach der Schachtel mit den Streichhölzern, die er am Nachmittag bereitgelegt hatte, und zündete die Öllampe an. Dann kramte er in seinem Rucksack nach den Kopien von Professor Heathcliff. Fünf Minuten später hatte er gefunden, was er suchte: Die Informationen über den Fall »Charles August Milverton«. Justus überflog den Text bis zu der Stelle, an der beschrieben wurde, wie Sir Arthur Conan Doyle die Figur des Milverton an einen realen Erpresser angelehnt hatte. »Der Kunsthändler Charles August Howell diente als Vorbild für Doyles Milverton. Genau wie bei der literarischen Figur handelte es sich bei dem real existierenden Howell ebenfalls um einen Erpresser.«
Zufrieden mit sich selbst legte Justus die Kopien auf den Boden. Lester Price hatte geschrieben: Der richtige Name ist Programm! Damit konnte er nur den richtigen Namen von Charles August Milverton gemeint haben. Jemand, der sich gut mit den Werken von Sir Arthur Conan Doyle auskannte, musste wissen, dass der echte Name der Milverton-Figur ›Howell‹ war. Nun musste Justus nur noch einen Howell in der Eagle Street finden. Justus ärgerte sich, dass er nicht so einfach ins Internet gehen konnte – selbst wenn es in der Zentrale Strom gab. Er hatte den Computer zwar abgesichert, aber es konnte gut sein, dass Moriarty Spezialisten auf ihn angesetzt hatte. Es war nicht unmöglich, von außen auf einen Computer zuzugreifen.
Es gab nur eine Lösung: Justus musste wieder aus dem Fenster klettern und einen Alleingang wagen.
Der Mann mit der Narbe
Nachdem Justus den Baum mehr hinabgestürzt als hinabgeklettert war, wankte er hinüber zum Zaun. Nie wieder
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