Botschaft des Schreckens
nur nicht so verdammt reich gewesen wären.
Während Rosa Morena geschäftig am Tisch hin und her ging, trafen sich unsere Augen ein paarmal. Ihr Blick schien zu sagen:
»Jetzt wissen Sie, warum ich gestern Ihre Sachen auspackte, Señorita«, doch lag kein Triumph darin. Sie schien verwirrt und beunruhigt zu sein.
Die drei Männer aßen ohne besonderen Appetit.
Ich bekam nur ein paar Bissen Brot und etwas Kaffee hinunter, und Abuela ging es nicht anders. Ich hielt an mich, solange ich konnte.
Dann aber mußte ich die Frage stellen: »Wo hat der Gärtner meinen Mantel gefunden? Sagen Sie es mir – ich muß es wissen.«
Carlos seufzte. »Jemand hat ihn über die Mauer geworfen – nicht weit vom Tor – irgendwann in der Nacht.«
»Aber es gab doch eine Wache«, hielt ich ihm vor. »Ich verstehe das nicht. Motorräder machen eine Menge Lärm.«
Carlos schüttelte müde den Kopf. »Da gibt es, fürchte ich, manches, was niemand von uns versteht. Die Erklärung ist möglicherweise ganz einfach: Sie gingen das letzte Stück des Weges zu Fuß.«
»Aber die Polizei?« beharrte ich. »Sie sagten, daß sie die Gegend überwacht.«
»Natürlich«, schaltete sich Antonio ein. »Aber es gibt verschiedene alte Wege aus den Sangre de Cristos hierher, Wege, die nur wenige kennen. Doch sagen Sie mir bitte eines: Was regt Sie so daran auf, daß der Mantel über die Mauer geworfen wurde? Daß die Banditen ihn haben, mußten wir annehmen. Ganz gleich, was sie damit machten – Ihren Namen hatten sie von der Karte. Wären sie schlauer, dann hätten sie den Mantel behalten, damit Sie unvorsichtig werden und die Hacienda verlassen. Statt dessen haben sie Sie gewarnt. Jetzt wissen Sie, daß sie hinter Ihnen her sind. Sie müssen hier bleiben.«
Ich sagte nichts. Ich konnte nicht. Ich mußte den Tatsachen ins Auge sehen: Wegen einer Verbrecherbande, von der ich am Tag zuvor noch gar nichts gewußt hatte, saß ich hier auf der Hacienda Montera gefangen!
Meine Miene mußte meine Verzweiflung verraten haben, denn Antonio sagte entschuldigend: »Ich wollte Sie nicht erschrecken, das wissen Sie doch?«
Ich versuchte zu lächeln: »Ja, das weiß ich. Und ich möchte auch nicht undankbar erscheinen – Sie alle waren sehr freundlich zu mir – aber ich kann nicht länger hierbleiben. Nichts von alledem ging mich etwas an, ehe ich Father Vala fand.« Einen Moment lang sah es aus, als hätte Antonio eine weitere Hiobsbotschaft für mich, aber Don Carlos bedeutete ihm, zu schweigen. »So ist es aber nun einmal«, sagte er ruhig. »Das Schicksal konfrontiert Sie mit derselben Gefahr wie uns. Es fällt mir schwer, dies zu sagen, aber nichts kann grausamer sein als Rachsucht. Als Oberhaupt dieser Hacienda muß ich deshalb darauf bestehen, daß Sie dieses Haus erst am Ende Ihres Urlaubs verlassen.«
»Am Ende…«. hauchte ich fassungslos, ein hilfloses, leeres Gefühl im Magen.
»Wir wollen Sie hier nicht festhalten«, versuchte Miguel die Wirkung von Carlos’ Worten zu mildern, »wenn es sich auch vielleicht so anhört. Mit Ihrer Warnung haben Sie uns einen großen Dienst erwiesen; was für Menschen wären wir also, wenn wir Ihnen nicht unseren Schutz gewährten? Wollen wir wetten, daß die ›Gilas‹ draußen schon auf Sie lauern? Was würden Sie denn dann tun?«
»Nun«, – ich versuchte, ganz ruhig zu bleiben, – »ich würde zur Polizei gehen.«
Alle drei Brüder starrten mich an. »So«, knurrte Antonio. »Und Sie meinen, die Bande würde da ruhig zusehen? Nein. Sie würden Sie aus Ihrem Auto holen, bevor Sie wissen, wie Ihnen geschieht. Im nächsten Augenblick säßen Sie auf einem Motorrad, und dann ginge es ab in die Berge. Oder eine Eskorte von einem Dutzend Killern würde Sie zwingen, selbst dorthin zu fahren. Wollen Sie wirklich enden wie Father Vala?«
Schon der Gedanke machte mich krank.
»Nein«, flüsterte ich. »Mit Verbrechern habe ich wohl zu wenig Erfahrung. Natürlich bleibe ich. Ich bin Ihnen dankbar, daß ich das darf.«
Erst in diesem Augenblick merkte ich, daß Dona Isabella während des ganzen Gesprächs nichts gesagt hatte. Nicht ein Wort. Ich weiß nicht, warum mich das schmerzte. Ich sah sie an. Sie schien in Gedanken verloren zu sein.
Auch Don Carlos mußte ihr Schweigen bemerkt haben. »Abuela«, lächelte er, »komm zurück zu uns – träum nicht schon so früh am Morgen. Glaubst du nicht auch, daß es für Señorita Terrill sicherer ist, wenn sie ihren Urlaub hier auf der Hacienda
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