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Bottini, Oliver - Louise Boni 01

Titel: Bottini, Oliver - Louise Boni 01 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mord im Zeichen des Zen
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wahrgenommen. Vielleicht wollte sie den Mönch beschützen oder ihm die Angst nehmen. Vielleicht wollte sie herausfinden, was er in ihrem Gesicht gelesen hatte.
    Mein vierter Schneemann, dachte sie und grinste.

    Dann wurde Hollerers Stimme wieder lauter.
    «He!», rief er verärgert. Sie wandte sich um. Er hatte sich auf den Kamm hinaufgequält. Einen Arm auf einen Oberschenkel gestützt, stand er schräg über ihnen. «Was machen Sie denn?», rief er.
    «Ich begleite ihn ein Stück.»
    «Sie … Was tun Sie? Ja, wohin denn?»
    Sie deutete auf den Wald.
    «Aber das ist doch Unsinn!», schrie Hollerer. «In zwei Stunden wird es dunkel!»
    «Ich melde mich», sagte sie und drehte sich um.
    Hollerer brüllte noch zwei-, dreimal «He!», dann gab er auf. Als sie wenige Minuten später über die Schulter zurückblickte, war er verschwunden.
    Am Waldrand blieb der Mönch stehen und sah sie fragend an. Erst jetzt begann sie zu überlegen, wie es weitergehen sollte. Auf dem Waldboden lag Schnee.
    Die Bäume waren kahl und standen nicht sehr dicht; der Wind pfiff beinahe ungehindert hindurch. Ihre Schuhe und Socken waren nass, die Hose bis zum Knie feucht, T-Shirt und BH durchgeschwitzt. Allmählich bekam sie Hunger. Und sie musste pinkeln.
    Sie lächelte nachdenklich.
    Der Mönch sagte etwas in einer fremden Sprache.
    Seine Stimme klang hoch und ein wenig grell. Sein Mund und sein Blick waren streng.
    «English? Français? Italiano?», fragte Louise.
    Der Mönch antwortete in seiner Sprache.
    «To-ki-o?»

    Ein flüchtiges Lächeln, dann wurde der Mund wieder streng. «Tokio», sagte er.
    Sie nickte zufrieden. Damit war die Frage der Nationalität definitiv geklärt.
    Der Mönch führte sie am Waldrand entlang, offenbar auf der Suche nach einem Pfad oder Weg in den Wald. Sie hatte nicht den Eindruck, dass er in eine bestimmte Richtung wollte. Er wollte in den Wald, fort von Liebau. Wohin, schien keine Rolle zu spielen.
    Sie folgte ihm frierend. Ihre Füße waren Eisklötze, die Hosenbeine steif. Hoppla, dachte sie, was haben wir denn da? Sie zog das Fläschchen Jägermeister aus der Tasche. Für einen Moment kehrte die Wärme in ihren Magen zurück.
    Ab und zu sah sie sich um. Einmal bemerkte sie in der Ferne auf der unendlichen weißen Schneefläche einen Spaziergänger. Ein großer Hund sprang um ihn herum. Auch der Mönch hatte die beiden entdeckt. Er schien sekundenlang zu zögern. Dann ging er weiter.
    Am Himmel stand zwischen Wolkenfetzen ein kränklich-blasser Mond. Die Sonne war nicht zu sehen.
    Plötzlich blieb der Mönch stehen und sprach mit seiner hellen, monotonen Stimme auf sie ein. Obwohl sie ihn nicht verstand, wusste sie, was er sagte. «Gib dir keine Mühe», knurrte sie, «ich komm mit.» Er zuckte die Achseln. Das hätten wir auch geklärt, dachte sie.

    Etwa vierzig Minuten, nachdem Hollerer jenseits des Hügels verschwunden war, hörte sie einen hoch-drehenden Automotor. Quer über das Feld schlinger-te ein Streifenwagen heran. Am Steuer erkannte sie Niksch, neben ihm saß Hollerer. Niksch strahlte konzentriert, Hollerer hielt sich mit beiden Händen am Armaturenbrett fest.
    Der Mönch warf einen Blick auf das Auto, blieb aber nicht stehen.
    Während sie auf die beiden wartete, spürte sie, dass sie wütend wurde. Was ging es Hollerer an, was sie tat? Ob er Bermann angerufen hatte? Es fiel ihr nicht schwer, sich Bermanns Reaktion vorzustellen: Holt mir die Verrückte. In ihrer Fantasie sagte Bermann noch etwas: Hey, it’s a man’s world. Dabei grinste er. Zum ersten Mal wurde ihr bewusst, dass Bermann diesen Satz tatsächlich manchmal benutzte.
    Vor Calambert, nach Calambert.
    Hey, it’s a man’s world, sagte er und hob schicksalsergeben die Arme.
    Der Streifenwagen kam knapp vor ihr zum Stehen.
    Niksch blieb sitzen und ließ den Motor laufen. Hollerer stieg aus.
    «Scheren Sie sich zum Teufel», sagte sie.
    «Gleich», sagte Hollerer. Er öffnete den Kofferraum und entnahm ihm einen Rucksack. «Decke, Pullover, Unterwäsche, Wanderstiefel, Socken, heißer Tee, Hirschfänger, Funkgerät, Salamibrötchen für Sie, Kä-
    sebrötchen für den da.» Er wies auf den Mönch. «Hab ich was vergessen, Niksch?»

    «Meine Maglite, die sehr teuer war», sagte Niksch.
    «Passen Sie also gut drauf auf.» Hollerer lehnte den Rucksack an ihre Beine. «Mit Grüßen von Amelie.» Er grinste düster.
    «Danke.»
    «Tun Sie mir einen Gefallen, und benutzen Sie das Funkgerät.» Hollerer stieg in den Wagen. «Kann

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