Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Bottini, Oliver - Louise Bonì 02

Titel: Bottini, Oliver - Louise Bonì 02 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Im Sommer der Mörder
Vom Netzwerk:
Thomas Ilic.
    Sie nickte wieder. Theres und Niksch mussten warten.
    Sie kehrten zu Bermann und Pauling zurück.
    In Bo kam plötzlich Bewegung, deutlich war zu sehen, dass ein Zittern durch seinen massigen Körper lief. Abrupt riss er Marion Söllien hoch, begann wieder zu rufen, übertönte ihre Schreie mit seiner hellen, zornigen Stimme.
    »Was sagt er jetzt?«, fragte Pauling.
    »Er flucht«, erwiderte Thomas Ilic sehr ruhig.
    Pauling fuhr sich mit der Hand über das Haar, flüsterte in sein Mikro, schwieg. Louise glaubte eine ferne Stimme und statische Geräusche zu hören, aber womöglich waren auch das nur eine weitere Stimme und weitere Geräusche in ihrem Kopf. »Gut«, sagte Pauling, »versuchen wir’s.«
    »Wartet«, sagte Thomas Ilic. »Ich rede mit ihm.«

    Bo brach in begeistertes Gelächter aus, als Thomas Ilic ihn vom Waldrand auf Kroatisch ansprach. Sie wechselten ein paar Sätze. Bo nickte, lachte und sprach abwechselnd. Die Freude machte seine Züge kindlich, fand Louise. Er hatte sich in einem fremden Land in einen Krieg verirrt, nun war er einem Menschen aus der Heimat begegnet. Das machte den Krieg erträglicher.
    Er winkte Thomas Ilic zu sich.
    Thomas Ilic wandte sich Pauling und Bermann zu.
    »Dein Mann«, sagte Pauling.
    Bermann schwieg. Dann sagte er: »Okay, Illi.«
    »Du spinnst«, sagte Louise. Sie wusste nicht, ob sie Thomas Ilic oder Bermann oder beide meinte. Sie warf einen Blick auf Bo. »Ihr spinnt.«
    Thomas Ilic trat auf die Lichtung. Bo sagte etwas, und Ilic nahm die Dienstwaffe aus dem Holster und legte sie auf den Erdboden. Bo ließ ihn auf zwei Meter herankommen. Er lachte wieder. Dann stieß er Marion Söllien von sich und richtete die Pistole auf Thomas Ilic. Marion Söllien stürzte, blieb weinend liegen. Wieder hörte Louise Bo sprechen.
    »Wir brauchen zwei Stühle«, sagte Thomas Ilic.
    »Stuhl, ja, ja!«, schrie Bo begeistert.
    »Unsere Chance«, sagte Pauling ins Mikro. »Otto, schick …«
    »Mein Mann«, unterbrach Bermann ihn.
    Pauling zögerte. Dann nickte er.
    »Ich gehe«, sagte Louise. Ihr Herz begann zu rasen, die Müdigkeit war verflogen. Sie trat auf die Lichtung.
    » Pistol! « , rief Bo.
    Sie legte die Waffe auf den Boden. Bo lachte und nickte wieder. Er schien sich zu entspannen. Ein Fremder in einem fremden Land, aber die Verständigung klappte doch ganz gut.
    Jetzt sah sie ihn deutlich. Er war tatsächlich fast noch ein Kind, ein großes, dickes Kind mit Bartflaum, dunklen Warzen, winzigen Augen. Eine Kriegswaise, hatte Marcel gesagt. Sie schätzte ihn auf achtzehn. Als Kind in einen Krieg geraten, irgendwann zum Mörder geworden.
    Sie warf einen Blick auf Marion Söllien, die noch immer dort lag, wo sie gestürzt war. Wo hätte sie auch hingehen sollen?
    Hinter ihr der Henker, vor ihr der Richter.
    »Stuhl, Stuhl!«, schrie Bo lachend.
    Sie ging ins Haus, ins Wohnzimmer, fand Stühle um einen Esstisch. Es roch nach Bier und gebratenen Zwiebeln. Auf dem Tisch standen halbleere Teller. Eine Bierflasche war umgefallen und ausgelaufen.
    Bo lachte aufgeregt, als sie zurückkehrte. Sie stellte die Stühle in seine Nähe, deutete auf Marion Söllien. »Ja, ja, ja«, sagte Bo und winkte sie fort.
    Marion Söllien hatte kaum noch Ähnlichkeit mit den beiden Zwillingsschwestern auf dem Foto. Die Dauerwelle war verschwunden, das Haar farblos und strähnig, das Gesicht aufgedunsen und picklig. Sie roch stark nach Zigarettenrauch.
    »Ich will nicht«, sagte sie und ließ sich nur widerwillig aufhelfen.
    »Ich weiß«, sagte Louise.
    Sie gingen um Bo und Thomas Ilic herum.
    »Sprechen Sie seine Sprache?«
    Marion Söllien schüttelte den Kopf. Sie presste die Hand auf den Mund und schluchzte.
    »Ich weiß«, sagte Louise und hob ihre Waffe auf.

    Bo und Thomas Ilic hatten die beiden Stühle einander gegenüber gestellt und sich gesetzt. Sie unterhielten sich wieder. Bo nickte, strahlte, sprach. Die Hand mit der Pistole lag auf einem Bein, der Lauf war auf Thomas Ilic gerichtet. Unvermittelt sprang er hoch und schrie etwas in die Runde. Thomas Ilic übersetzte mit entspannter Stimme. Sind weitere Landsleute hier? Vielleicht irgendein Slowene oder noch ein Kroate? Oder ein Kosovare?
    Bo lachte, rief, Thomas Ilic übersetzte. Ein Kosovare wär schön, aber ich nehm auch einen Slowenen, aber am schönsten wär ein Bosnier, vielleicht einer aus Jaijce, dem schönen Jaijce? Na los, kommt zu uns, wir erzählen von der Heimat, wir sitzen zusammen und erzählen davon, wie es

Weitere Kostenlose Bücher