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Bottini, Oliver - Louise Bonì 02

Titel: Bottini, Oliver - Louise Bonì 02 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Im Sommer der Mörder
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in der Heimat einmal gewesen ist, und dann sehen wir weiter.
    Das kann nicht wahr sein, dachte Louise.
    »Hat man so was schon erlebt«, sagte Pauling. Dann wieder Flüstern, Lauschen, Flüstern. »Peter? Tatsächlich?« Pauling strich sich übers Haar, flüsterte: »Gut, schick ihn raus.«
    Auf der anderen Seite der Lichtung erschien ein kleiner dunkelhaariger MEK-Mann, den sie nicht kannte. Er rief Bo in der fremden Sprache etwas zu. Bo begann wieder zu lachen, stand auf, antwortete. Ohne Helm, aber mit Schutzweste trat der Kollege auf die Lichtung.
    Pauling wandte sich Bermann zu. Peter aus Lahr, die Eltern in Deutschland geboren, die Großmutter Serbin aus dem bosnischen Banja Luka.

    Peter hatte im Haus einen weiteren Stuhl geholt und sich in gleicher Entfernung zu Bo und Thomas Ilic gesetzt. Bo forderte ihn mit einer Geste auf zu sprechen. Peter sprach. Louise sah ihn zögern, als suchte er nach Worten. Serbisch war nicht seine Muttersprache. Bo lachte, nickte, fragte. Peter antwortete, dann mischte sich auch Thomas Ilic ins Gespräch. Dann sprachen alle gleichzeitig. Thomas Ilic und Peter lachten entspannt. Bo wurde ruhiger, wirkte nicht mehr so hysterisch. Aber seine Pistole zeigte nach wie vor auf Thomas Ilic. Und irgendwo, dachte sie, war ein Messer.

    Zehn Minuten waren verstrichen. Die drei Männer auf der Lichtung lachten häufig, manchmal redeten sie gleichzeitig.
    Landsleute in der Fremde, das Reden brachte ein Stück Heimat.
    Am lautesten sprach und lachte Bo.
    Die Wolkendecke hatte sich geschlossen, im Wald war es inzwischen beinahe dunkel. Die drei Männer würden noch ein paar Minuten gut zu erkennen sein, dann nicht mehr.
    Dunkelheit, dachte sie, wäre ein Albtraum. Ein unberechenbarer Mörder, zwei unbewaffnete Polizisten. Wer wusste schon, wie er reagieren würde? Würde er zu fliehen versuchen? Würde er in Panik geraten? Auch er würde nichts mehr sehen.
    Pauling dagegen schien die Dunkelheit herbeizusehnen.
    Sobald es dunkel war, würde das MEK zugreifen. Flüsternd hatte er Berechnungen angestellt, Anweisungen erteilt, auf einem Fetzen Papier eine Skizze erstellt. Vier Beamte würden von schräg hinten auf Bo zukriechen, sie würden fünf bis sieben Minuten für die dreißig Meter benötigen, wegen des Lichts im Wohnzimmer konnten sie nicht am Haus loskriechen, sie würden am Waldrand loskriechen, in der Mitte zwischen zwischen Haus und Bo, dann einige Meter im rechten Winkel auf die Lichtung hinaus robben, dann im stumpfen Winkel auf Bo zurobben, dann würden sie aufstehen, dann hätten sie ihn, dann wäre auch dieser Arbeitstag zu Ende. Der Mond, hatte Pauling geflüstert und gemalt, wäre kein Problem, selbst wenn Bo sich umdrehte, würde er die Kollegen nicht sehen, der Mond stand hinter den Wolken und viel zu tief, selbst wenn die Wolken aufrissen.
    Alles berücksichtigt, berechnet, die Winkel, die Dauer, die Chancen, die nie bei einhundert Prozent lagen, vor allem, wenn man keinen Präzisionsschützen hatte. »Otto, wenn ihr …«, flüsterte Pauling in sein Mikro – und verstummte.
    Etwas hatte sich verändert.
    Louise trat einen Schritt vor. Paulings Gerede schwirrte ihr durch den Kopf, dabei geschah dort etwas, auf der Lichtung, sie begriff nur nicht, was. Ihr Körper hatte längst verstanden, ihr Herzschlag beschleunigt, die Schmerzen im Kopf pulsierten.
    Und dann wusste sie es.
    Thomas Ilic sprach, Peter sprach – doch Bo sprach schon seit einer Weile nicht mehr. Reglos und still saß er da, ein massiger, krummer Schatten in der Dämmerung, die Kriegswaise, zurückgekehrt in die Fremde.
    Jetzt verstummte auch Peter. Nur Thomas Ilic sprach noch.
    Seine Stimme klang, als sollte sie beruhigend wirken, und konnte doch die Sorge nicht verbergen.
    »Vielleicht haben sie ihn überredet aufzugeben«, sagte Pauling.
    »Ich weiß nicht«, sagte Bermann angespannt.
    Sie schüttelte den Kopf. Bo würde nicht aufgeben.
    Kapitulation war eine Folge logischer Überlegungen oder der Angst. Bo schien nicht zu überlegen, schon gar nicht logisch, und Angst schien er nicht zu kennen. Diesen Gedanken immerhin brachte ihr erschöpftes Gehirn zustande.
    Sie zog die Waffe aus dem Holster. Ihr Blick lag auf Bo, aber sie dachte an Thomas Ilic.
    »Sie werden ihn überredet haben«, sagte Pauling. Er hatte eine Hand gehoben, als könnte er auf diese Weise verhindern, dass auf der Lichtung Unvorhergesehenes geschah.
    Sie trat dicht neben ihn. »Wir müssen …« Sie brach ab. Bo war aufgestanden. Wortlos

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