Bottini, Oliver - Louise Bonì 02
war im Haus, zu trinken nichts.
Sie versuchte es mit Wasser, trank eine halbe Flasche leer.
Das Wasser half nicht.
Als sie die Flasche abstellte, fiel ihr Blick auf ihren Aktivitätenplan. Der gegen die Einsamkeit, die Dämonen, den Drang zu trinken helfen sollte und manchmal auch tatsächlich half. Sie überflog ihn. Für das meiste war es zu spät. Alles andere würde nichts bringen.
Das einfachste Mittel, dachte sie, stand nicht darauf.
Trinken.
Irgendwo fand sie eine angebrochene Packung mit zwei Mon Chéris, deren Verfallsdatum um zwei Monate überschritten war.
Sie legte sie auf den Wohnzimmertisch und starrte sie an. Dann warf sie eines aus dem Fenster und aß das andere.
Die Hitze blieb, die Sehnsucht blieb. Sie öffnete alle Fenster, stieg in die Duschkabine. Unter dem kalten Wasser wurde es langsam besser. Sie ließ das Wasser laufen, setzte sich. In ihrem Kopf schrien tausend Stimmen durcheinander. Die Dämonen frohlockten, die anderen Stimmen schrien vor Entsetzen. Sie hatte es getan, sie hatte es wieder getan. Nun fing das Aufhören von vorne an. Sie sah den reinen Richard Landen vor sich, ihren Vater, Rolf Bermann, den strengen, blassen Almenbroich und wurde plötzlich ruhig. Ja, sie hatte es sich erlaubt, schwach zu sein. Sie hatte es getan.
Und nun würde sie es nie wieder tun.
Zumindest heute nicht.
11
DAS TELEFON WECKTE SIE. Viertel nach sechs, sie lag nackt auf dem Sofa, die Vorhänge bauschten sich in der Morgenbrise. Sie fror. Alles sah aus wie immer, alles hatte sich geändert.
»Mist«, sagte sie.
»Mist«, sagte Barbara Franke.
»Ich kann in einer Viertelstunde bei Ihnen sein.«
»Ist mir zu spät, verschieben wir’s.«
»Nicht böse sein.«
»Ich bin nicht böse, ich muss nur zu einem Termin. Geht’s Ihnen nicht gut?«
»Weiß nicht. Nein. Was ist mit meinen Infos?«
»Faxe ich Ihnen ins Büro. Ist sowieso nicht viel, ich habe nur drei Namen von Uhlich-Mandanten.« Barbara Franke nannte sie.
Große Rüstungsfirmen, eine deutsche, eine britische, eine französische. Mehr herauszufinden war schwierig. Die Branche redete nicht gern, Uhlich & Partner redete überhaupt nicht.
»Warum geht’s Ihnen nicht gut?«
»Verschieben wir das auch.«
»Okay. Was Uhlich betrifft, ich bleibe dran.« Barbara Franke wollte weiterwühlen, aber nichts versprechen. Louise war drauf und dran, ihr zu sagen, dass die Spuren mittlerweile ohnehin in eine andere Richtung wiesen. Doch dann nickte sie nur, vom Sprechen war ihr schlecht geworden.
Das Nicken machte es nicht besser.
Später duschte sie erneut, dann schleppte sie sich ins Bett, zurück ins Bad, am Ende aufs Sofa. Ihre Glieder waren schwer von der Enttäuschung und der Erschöpfung, dazu kam die Angst. Was würde jetzt passieren? Welche biochemischen Stoffe waren seit heute Nacht durch ihren Körper unterwegs?
Was richteten sie an? Waren all die gewonnenen Kämpfe der vergangenen Monate nun doch verloren?
Gegen sieben hatte sie sich so weit erholt, dass sie frühstücken konnte. Sie hatte die Fenster geschlossen, zwei Pullover angezogen, auf ihrem Schoß lag eine Wärmflasche. Aber sie hörte nicht auf zu frieren.
Bei der zweiten Tasse Milchkaffee rief sie Bermann an. Er war schon in der Direktion. Keine Neuigkeiten, sagte er. Thomas Ilic saß seit vier Uhr morgens im Auto vor Rashids Wohnung beziehungsweise seit sechs in dem Café, passiert war nichts.
Abdul Rashid las die Badische Zeitung, Renate Bender-Rashid joggte.
Kein weißer Audi, keine anderen auffälligen Autos oder Personen. Egal, sie waren da, bei Rashid tat sich etwas, davon war Bermann überzeugt. Die Frage war nur: was?
Almenbroich war noch gestern Abend nach Stuttgart ins Innenministerium bestellt worden und eben gefahren. Auch dort tat sich etwas, auch da war die Frage: was?
Sie leerte die Tasse. Bermanns wütende Energie half gegen die Enttäuschung und die Angst. Sie erkundigte sich, ob Alfons Hoffmann und Elly noch etwas über PADE herausgefunden hätten. Bermann verneinte. Alfons erhole sich heute zu Hause von Stress und Hitze, Elly sei mit Kollegen unterwegs. Löbinger habe seine Leute anderen Ermittlungsgruppen zugewiesen, bis in Stuttgart eine Entscheidung gefallen sei. »Er will ja Inspektionsleiter werden, und da will er sich vorher nicht mehr die Finger verbrennen.« Bermanns Stimme klang zugleich verbittert und beeindruckt. Anselm Löbinger wusste, worauf es ankam.
»Er wird’s auch«, murmelte sie.
»Ach ja?«
»Weil du’s doch eigentlich
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