Bova, Ben - Asteroiden-Trilogie 1
Vater die Botschaft vernommen hatte, wechselte sein Gesichtsausdruck vom normalen trübseligen Grummel-Blick zu einem ausgesprochen zornigen Stirnrunzeln. »Ich brauche dich hier, verdammt! Du gehörst hierher, und hier wirst du leben. Basta.«
Martin hatte das Gefühl, wieder in den alten Strudel aus Angst und Frustration gezogen zu werden - als ob er in den Sog eines Whirlpools geriet und ertrank. »Vater«, sagte er. »Vater, komm hierher zu mir. Bitte. Bevor es zu spät ist.«
Sein Vater schaute ihn nur finster an.
»Gib’s auf, Dad«, bat Humphries. »Die Erde ist erledigt. Dort geht alles den Bach runter; begreifst du das denn nicht?«
»Verdammt, Marty«, stieß der alte Mann hervor, »wenn du mir nicht zuhören willst…« Er verstummte und wusste nicht mehr, was er noch sagen sollte.
»Wieso hörst du nicht zur Abwechslung mal mir zu?«, fragte Martin schroff. Ohne auf eine Antwort zu warten, sagte er: »Ich will hier oben ein Imperium errichten, Dad, ein Imperium, das sich bis zum Asteroidengürtel erstrecken wird und darüber hinaus. Ich lege gerade das Fundament. Ich werde der reichste Mensch im Sonnensystem sein, reicher als du und deine Freunde zusammengenommen. Vielleicht werdet ihr mich dann mit ein wenig mehr Respekt behandeln.«
Bevor sein Vater zu antworten vermochte, setzte Humphries sich im Liegesessel auf und drückte den in die Armlehne integrierten Knopf, worauf die Videofon-Verbindung unterbrochen wurde. Das Gesicht des alten Manns verschwand von der Wand und wich einem Holofenster, das den Jupiter als Echtzeit-Abbildung zeigte, wie man ihn durchs Zwanzig-Meter-Teleskop auf der Rückseite des Monds sah.
Für eine Weile blieb Humphries dort sitzen - allein im Büro, das er sich im Haus tief unter der Mondoberfläche eingerichtet hatte.
Dann atmete er tief durch, um den Zorn abebben zu lassen, der ihn aufwühlte. Der alte Mann hat keine Vorstellung von der wirklichen Welt. Er lebt in der Vergangenheit. Er würde eher mit dem Schiff untergehen, als sich einzugestehen, dass ich Recht habe und er sich im Irrtum befindet.
Plötzlich schlug die Erinnerung ans Ertrinken über ihm zusammen. Er war neun Jahre alt. Sein Vater hatte steif und fest behauptet, dass für den Trimaran keine Gefahr bestünde, obwohl das Boot vom Sturmwind umhergeworfen wurde. Eine Welle spülte ihn über Bord. Die tosende Wasseroberfläche schloss sich über ihm.
Er will sich verzweifelt an der Wasseroberfläche festhalten, aber er versinkt, sinkt immer tiefer, bekommt keine Luft mehr, alles wird dunkel.
Martin Humphries war im Alter von neun Jahren gestorben.
Nachdem man ihn wieder belebt hatte, erfuhr er, dass es ein Crewmitglied gewesen war, das sich selbst in Lebensgefahr begeben hatte, um ihn zu retten. Den Untergang des Sohns vor Augen, war der Vater trotzdem an Bord geblieben und hatte dem Besatzungsmitglied, das seinen Sohn rettete, einen Bonus versprochen. Seit diesem Moment wusste Humphries, dass es niemanden auf der Welt gab, dem er vertrauen konnte; er war allein, nur von inneren Ängsten und Sehnsüchten angetrieben. Und von den Erinnerungen, die ihn schützten.
Jedes Mal, wenn er mit seinem Vater sprach, drangen ihm diese schrecklichen Momente ins Bewusstsein. Und die Atemnot und die würgende Panik, als ob die Brust in eine Schraubzwinge eingespannt wäre. Er griff in die Schublade, holte den Inhalator heraus und sog verzweifelt die kühle, beruhigende Droge ein.
Alles in Ordnung, sagte Humphries sich, während er darauf wartete, dass der Atem sich wieder beruhigte und er sich zu entspannen versuchte. Er wird auf der Erde bleiben und sich im Kampf gegen die Neue Moralität aufreiben, bis sie ihn auf dem Scheiterhaufen verbrennen. Er hört überhaupt nicht auf das, was ich ihm sage. Genauso gut könnte ich gegen die Wand reden. Na schön.
Ich bleibe jedenfalls hier in Selene, wo ich in Sicherheit bin und alles unter Kontrolle habe. Hier gibt es weder Sturm noch Regen; diese Welt ist mir auf den Leib geschneidert. Von hier aus vermag ich die Strippen genauso wirkungsvoll zu ziehen, als wäre ich in New York oder London. Eigentlich noch besser. Es gibt überhaupt keinen Grund, weshalb ich noch einmal zur Erde fliegen sollte.
Außer der Scheidungsverhandlung, erinnerte er sich. Ich muss aus diesem Anlass vorm Richter erscheinen. Doch selbst das kann ich von hier aus erledigen, indem ich mich durch die Anwälte entschuldigen lasse. Ich könne nicht zur Erde zurückkehren, weil ich schon zu lang auf
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