Bova Ben - Asteroiden-Trilogie 2
Sitz vor, schaute auf den Monitor und versuchte die Gedanken an Amanda zu verdrängen. Auf dem Monitor erschien die Echtzeit-Teleskopabbildung des Asteroiden mit einem Gitternetz, das der Computer darüber gelegt hatte. Komisch, sagte er sich. Die Konturendarstellung entspricht nicht mehr der visuellen Darstellung. Da ist eine neue Erhebung auf dem Asteroiden, keine fünfzig Meter von der Stelle entfernt, wo der Transceiver hätte stehen sollen.
Fuchs schaltete auf Standbild und schaute aufmerksam hin. Er wusste, dass die Asteroiden dynamisch sind. Sie werden ständig von kleinen Gesteinsbrocken bombardiert. Ein Aggregat wie dieser Asteroid würde jedoch nicht unbedingt einen Krater ausbilden. Als ob man die Faust in einen Beanbag gestoßen hätte: Er hätte einfach nachgegeben und dann wieder die ursprüngliche Form angenommen.
Aber eine Kuppe? Wodurch sollte eine Kuppe entstehen? Er spürte eine alte, fast verschüttete Regung. Früher war er Planeten-Geochemiker gewesen; er war ursprünglich in den Gürtel gekommen, um die Asteroiden zu studieren und nicht um sie auszubeuten. Eine Neugier, die er seit vielen Jahren nicht mehr gekannt hatte, ergriff von ihm Besitz. Was konnte auf einem kohlenstoffhaltigen chondritischen Asteroiden Blasen werfen?
Dorik Harbin war noch eine halbe Tagesreise von diesem kohlenstoffhaltigen Asteroiden entfernt - selbst mit der Beschleunigung von 0,5 Ge, die er aus der Shanidar herausholte. Er hatte sein Schiff in einen engen Orbit um den zerklüfteten, gestreiften Körper eines Nickeleisen-Asteroiden gebracht, wo Fuchs einen Transceiver deponiert hatte. Sein Navigator schwitzte und hatte angstgeweitete Augen. Sein blonder skandinavischer Erster Offizier hatte ihn schon ein paarmal darauf hingewiesen, dass aufgrund der unmittelbaren Nähe zum Asteroiden die Gefahr einer Kollision bestand.
Harbin suchte aber gerade diese Nähe, damit ein sich näherndes Schiff ihn nicht ausmachen konnte. Er wünschte sich, dass dieser Metallbrocken so porös wäre wie der kohlenstoffhaltige Asteroid, wo man noch einen von Fuchs’ Transceivern gefunden hatte. Die Besatzung hatte dort einfach das Habitatmodul vom Schiff abgekoppelt und es unter einer losen Geröllschicht vergraben. Dann war das nur mit einem Piloten und Navigator bemannte Rumpfschiff verschwunden und hatte in einiger Entfernung Position bezogen. Falls Fuchs dort erschien, würde er nur einen harmlosen Schutthaufen sehen. Ein trojanisches Pferd, sagte Harbin sich grimmig, das ein halbes Dutzend Soldaten ausspeien würde, während zugleich Harbins gesamte Armada verständigt wurde, um die Falle zu schließen.
Die Skandinavierin fühlte sich im Abstand von nur ein paar Metern zur verschrammten und vernarbten Oberfläche des Asteroiden sichtlich unwohl. »Wir laufen Gefahr, dass die Hülle vom Staub abgeschmirgelt wird, der über dem Gestein hängt«, warnte sie Harbin.
Er schaute in ihre eisblauen Augen. Sie hat die gleichen Augen wie ich, sagte er sich. Ihre Wikinger-Vorfahren müssen einst als Invasoren in mein Dorf gekommen sein.
»Es ist gefährlich!«, sagte sie in einem scharfen Ton.
Harbin lächelte sie gezwungen an. »Passen Sie unseren Orbit der Rotationsgeschwindigkeit des Asteroiden an. Falls Fuchs herkommt und sich hier umschaut, soll er uns erst sehen, wenn er uns nicht mehr entwischen kann.«
Sie wollte schon widersprechen, doch Harbin schnitt ihr mit erhobener Hand das Wort ab: »Tun Sie es!«, befahl er.
Sichtlich unzufrieden drehte sie sich um und gab seinen Befehl an den Navigator weiter.
»Machen wir Mittagspause«, sagte Doug Stavenger. Die Personen am Konferenztisch nickten und schoben die Stühle zurück. Die Spannung im Raum baute sich ab. Einer nach dem anderen standen sie auf, reckten und streckten sich und atmeten tief durch. Stavenger hörte Gelenke knacken.
Das Mittagessen war in einem anderen Konferenzraum des Bürokomplexes angerichtet worden. Als die Delegierten in den Gang hinaustraten, fasste Stavenger Dieterling am Arm und hielt ihn zurück.
»Ob wir irgendetwas erreicht haben?«, fragte er den Diplomaten.
Dieterling warf einen Blick auf die Tür, wo seine beiden Neffen standen und auf ihn warten. Dann drehte er sich wieder zu Stavenger um. »Ich glaube schon.«
»Wenigstens reden Humphries und Pancho wieder wie zivilisierte Menschen miteinander«, sagte Stavenger mit einem zerknirschten Lächeln.
»Unterschätzen Sie nur nicht den Effekt der Zivilisierung«, sagte Dieterling.
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