Boy Nobody: Ich bin dein Freund. Ich bin dein Mörder. (German Edition)
hast«, sagt er.
»Es geht nicht um Sam?«
»Die kann auf sich selbst aufpassen.«
Dann greift er mich an.
Er ist unglaublich schnell. Mit zwei langen Sätzen hat er den Raum durchquert und attackiert mich mit präzisen, gefährlichen Schlägen gegen Brust und Kopf.
Die ersten Hiebe kann ich abwehren, aber der letzte erwischt mich voll auf der Brust.
Er macht einen Schritt zurück, schnaubt vor Angriffslust.
»Ich hab dich im Apple Store gesehen. Du warst von Anfang an hinter mir her«, sage ich keuchend.
»Ich bin hinter dir her, seit mich Sam angerufen hat.«
»Woher wusste sie Bescheid?«
»Nur ein paar Tage vor einer Aktion taucht ein fremder Typ in ihrer Klasse auf. Würden da bei dir nicht auch die Alarmglocken läuten?«
»Doch. Aber ich hab gelernt, Gefahren zu erkennen.«
»Sam auch. Und zwar von mir.«
Dann stößt er einen Schrei aus und greift mich mit Fußtritten an. Und wieder ist er so schnell, dass ich mich nicht darauf einstellen kann. Ich schaffe es, den ersten Tritt mit dem Unterarmabzuwehren, aber schon der zweite erwischt mich an der Seite, sodass ich gegen die Wand fliege.
Er kämpft mit vollem emotionalem Einsatz. Bei jedem Angriff schleudert er mir eine geballte Ladung Wut und Hass entgegen.
Ich halte nichts von dieser Taktik. Beim Nahkampf sind Gefühle eher hinderlich. Ich habe gegen disziplinierte Männer gekämpft, bei denen jeder Schlag genau kalkuliert war und tödlich sein konnte. Und ich habe gegen emotionale Gegner gekämpft, die sich in blinder Wut auf mich stürzten.
Ich kann mit beidem umgehen.
Aber das hier ist etwas anderes.
Ich muss ihn in ein Gespräch verwickeln, ihn lang genug ablenken, bis ich die Situation in den Griff bekomme.
»Du hast Sam in Israel angeworben, nachdem ihre Mutter umgekommen war«, sage ich.
»Das war nicht weiter schwierig. Schließlich hatte sie ihre Mutter durch einen Bombenanschlag verloren. Und sie ist sehr impulsiv. Dass ihr Vater Bürgermeister von New York ist, passte perfekt in unser Konzept.«
Ohne Vorwarnung geht er wieder auf mich los. Er rennt direkt auf mich zu, schlägt im letzten Moment einen Haken, läuft ein Stück die Wand hoch und nutzt den Schwung, um mich mit einem Sprungkick quer durch den Raum zu befördern. Ich schlage auf dem Tisch auf, der krachend unter mir zusammenbricht.
»Sie glaubt, dass du sie liebst«, ächze ich.
»Tu ich auch.«
Als ich mich umdrehe, sehe ich gerade noch rechtzeitig, wie er mit einem Tischbein ausholt, um mir den Schädel zu zertrümmern.
Wumm
. Der Schlag geht haarscharf an meinem Kopf vorbei.
»Du hast sie benutzt«, sage ich.
Wumm
. Ich reiße den Kopf zur Seite und er verfehlt mich wieder.
»Und was hast
du
mit ihr gemacht?«, fragt er.
Wumm
. Ein drittes Mal.
Jetzt reicht’s. Ich werfe mich herum, stütze mich mit den Händen vom Boden ab und trete ihm mit beiden Beinen gegen die Brust. Er kracht gegen einen Metallspind.
»Du kannst ja doch kämpfen«, stößt er hervor.
Wir stürmen aufeinander zu, treffen uns in der Mitte des Raums. Ich greife ihn mit hohen und tiefen Schlägen an, suche nach Lücken in seiner Deckung. Egal wie erfahren man ist, es gibt immer einen Bereich, den man in der Abwehr vernachlässigt. Und den muss ich finden …
Plötzlich schießt sein Arm nach vorn und seine Hand packt meinen Hals.
»Du denkst, statt zu kämpfen. Das ist dein Problem«, sagt er.
»Spar dir deine Belehrungen.«
Ich spanne die Halsmuskeln an, versuche, mich gegen seinen Zangengriff zu wehren.
»Die nützen dir sowieso nichts mehr.«
Sein Griff wird fester, schnürt die Blutzufuhr zu meinem Gehirn ab.
In wenigen Augenblicken werde ich das Bewusstsein verlieren …
»Gideon!«, höre ich Sams Stimme.
Für den Bruchteil einer Sekunde lockert sich sein Griff. Mehr brauche ich nicht. Ich hole aus und schlage ihm von unten mit der Handfläche gegen das Kinn, dann mit dem Ellbogen gegen die Nase. Ein hässliches Knirschen ist zu hören. Gideon fliegt in hohem Bogen durchs Zimmer, stößt beinah gegen Sam.
Sam.
Sie steht im Türrahmen und beobachtet uns.
»Samara, verschwinde lieber«, sagt Gideon.
Er spricht ihren Namen mit einem hebräischen Akzent.
»Was hast du vor?«, fragt sie ihn.
Als er auf mich zugehen will, legt sie ihm die Hand auf die Brust.
»Sag schon.«
Sein Körper entspannt sich ein wenig. Die Intimität ihrer Geste ist nicht zu übersehen.
»Weiß sie eigentlich, dass du ihren Vater umbringen willst?«, frage ich ihn.
»Was?« Sam
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